FC Bayern zittert sich ins Achtelfinale: Auf Vincent Kompany werden ernste Fragen zukommen

Was für ein irres Zitterspiel! Ein 1:1 im Rückspiel der Playoffs gegen Celtic reicht: Die Bayern ziehen dank des Last-Minute-Lucky-Punch von Alphonso Davies ins Achtelfinale der Champions League ein.
von  Patrick Strasser
Trainer des FC Bayern: Vincent Kompany.
Trainer des FC Bayern: Vincent Kompany. © IMAGO / kolbert-press

München - Was für ein Dusel, was für eine Erleichterung! Die Ausgangsposition schien "nice and easy" wie man in England sagen würde und dann – vielleicht auch deshalb – erwischte es die Bayern beinahe eiskalt.

Mit Mühe und Not konnten sie die Verlängerung und ein mögliches Elfmeterschießen verhindern, durch den erlösenden Treffer von Alphonso Davies in der Nachspielzeit. Gegen Celtic Glasgow! Gegen eine schottische Mannschaft! "Das ist die Champions League. Wir haben gegen ein starkes Celtic gespielt. Sie spielen mit hoher Intensität. Wir sind glücklich, dass wir weitergekommen sind. Es ist nicht einfach. Wir spielen so viele Spiele", sagte der umjubelte Torschütze bei Prime Video und ergänzte mit Blick auf sein goldenes Tor: "Es war instinktiv. Ich bin froh über ein weiteres Tor in der Champions League."

Durch das 1:1 im Rückspiel der Playoffs zur Teilnahme am Achtelfinale können sie ihre Träume vom zweiten "Finale dahoam" aufrechterhalten. Die Leistung allerdings war sehr dürftig. Und das wenige Tage vor dem 125. Geburtstag des Vereins. Auf Trainer Vincent Kompany werden ernste Fragen zukommen.

Bayerische Gefühlsexplosion in der Nachspielzeit! Alphonso Davies ist nach seinem Dusel-Tor für Kumpel Leon Goretzka kaum zu halten.
Bayerische Gefühlsexplosion in der Nachspielzeit! Alphonso Davies ist nach seinem Dusel-Tor für Kumpel Leon Goretzka kaum zu halten. © IMAGO/DeFodi Images

Gnabry und Stanisic überraschend in der Startelf

Bei Minusgraden in einer arktisch kalten Allianz Arena erwischten die Bayern einen miserablen Tag. In den vergangenen 13 K.o.-Runden der Champions League sind die Münchner stets weitergekommen, wenn sie das Hinspiel wie letzte Woche beim 2:1 in Glasgow gewonnen haben. Schief ging's zuletzt unter Trainer Louis van Gaal im Achtelfinale der Saison 2010/11 gegen Inter Mailand. Andersherum sind die Schotten nach einer Heimniederlage im Hinspiel bei sieben Versuchen noch nie weitergekommen. Beide Statistiken machen die Nähe zum Super-Gau noch deutlicher.

Überraschend in der Startelf: Serge Gnabry als Linksaußen (und nicht Leroy Sané oder Kingsley Coman) sowie Josip Stanisic als Rechtsverteidiger. Hier war zuletzt Konrad Laimer erste Wahl. Ebenfalls neu dabei im Vergleich zum 0:0 in Leverkusen waren Leon Goretzka (für Aleksandar Pavlovic) und Raphael Guerreiro (für Hiroki Ito). Spielpraxis in einem Rückspiel einer K.o.-Runde der Champions-League? Kompany: "Wir hatten drei Spiele in sechs Tagen. Wir haben den Kader, wir sind voll ready für das Spiel."

Dicke Chancen für Celtic in der Anfangsphase gegen Bayern

Auch Harry Kane. Der Mittelstürmer hatte in Leverkusen einen Schlag ins Gesicht bekommen, setzte am Montag vorsichtshalber mit dem Training aus. "Harry kennt seinen Körper, hat viel Erfahrung. Er hat den Daumen hoch gemacht", berichtete Kompany. Na dann.

Die Münchner gingen mit dem sicheren Gefühl, dass da doch wohl nichts mehr anbrennen werde in dieses Rückspiel. Selbstsicher, da spielerisch überlegen und eben der haushohe Favorit.

Und was machten die frechen Schotten? Hatten sich die Leverkusen-Taktik zurechtgelegt, attackierten und pressten tief in Bayerns Hälfte. Das mögen sie nicht, das behagt ihnen nicht, da sind sie Fehler-anfällig. Es plätscherte so dahin bis Celtic zu zwei, drei dicken Chancen kam: Guerreiro musste gegen Ex-Bayer Kühn für seinen geschlagenen Torhüter auf der Linie klären (16.), kurz darauf rutschte Maeda im Laufduell mit Upamecano parallel zur Torlinie haarscharf am Ball vorbei. Ein Raunen ging durch die Arena, alle schockgefroren. Spieler und Fans.

Ex-Bayer Kühn trifft zur Führung für Celtic

Immerhin, da lange nicht gesehen: Eine eigene Torchance, ein satter Abschluss von Kane, den Celtic-Keeper Schmeichel parierte (22.). Danach übernahmen die Gastgeber die Kontrolle, waren jedoch nicht zwingend, nicht konsequent, nicht gefährlich genug Richtung Tor. Nochmal Kane, diesmal Latte (45.) – mehr war nicht.

Pause, die Bayern seit eineinhalb Spielen null zu null. Und teils behäbig, lasch. So machten sie im Grunde harmlose Schotten stark.

Zur Halbzeit musste dann auch noch der Torjäger draußen bleiben, Kane hatte wohl doch zu starke Schmerzen, Kingsley Coman kam rein. Goretzka brach durch, scheiterte links an Schmeichel. Die Abschlüsse, ob von Musiala oder Olise, waren harmlos. Sie verloren Bälle, Zweikämpfe, immer einen Schritt zu spät – bis es passierte: Nach einer Fehlerkette und Grätschen ins Leere traf Kühn zum 1:0 für Celtic (63.). Danach regierten Angst und Hektik. Goretzka, längst in Mittelstürmer-Position, köpfte vorbei (74.). Es ging nichts, es glückte nichts. Auch die Wechsel, die Impulse von der Bank griffen nicht. Schwach.

Bis der eingewechselte Davies, erstmals im Kader nach seinem Muskelfaserriss, in der Nachspielzeit den Ball nach dem Kopfball von Goretzka (Flanke von Olise) glücklich, weil angeschossen über die Linie stocherte. Was eine Gefühlsexplosion. Was eine Erleichterung.

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