FC Bayern: Zehn Titel in Folge? Außergewöhnlich, aber längst nicht rekordverdächtig

München - Für Uli Hoeneß ist die Sache vollkommen eindeutig: Die deutsche Meisterschaft ist "immer das Maß aller Dinge. Ich ärgere mich, dass sie im Außenwert so runtergekommen ist", sagte der Bayern-Boss a. D. jüngst der "Süddeutschen Zeitung". Die Bayern-Mannschaft liegt neun Punkte vorn, aber "kein Mensch freut sich, und jedes nicht so gute Spiel wird kritisiert".
Am Samstag (18.30 Uhr/Sky und im AZ-Liveticker) kann gegen Borussia Dortmund der zehnte Titel in Folge gewonnen werden - "das hat noch keine Mannschaft in Europa geschafft", meinte der neue Bayern-Boss Oliver Kahn nach dem Villarreal-Spiel im Champions-League-Aus-Affekt.
Längste Titelserie: FC Bayern vom Rekord noch weit entfernt
Weit gefehlt, Titan! Selbst wenn der deutsche Rekordmeister diese schöne, runde Bestmarke nun aufstellt - woran wahrscheinlich noch nicht mal die Dortmunder zweifeln - liegt er damit vorerst mit sechs anderen Dauersiegern lediglich auf einem geteilten sechsten Platz in der Europa-Wertung.
Somit befindet sich der FC Ruhmreich auf Augenhöhe mit Größen wie Sheriff Tiraspol, Dinamo Tiflis und dem FC Pjunik Jerewan aus Armenien - aber doch noch weit hinter den Überfliegern Skonto Riga und dem Lincoln Red Imps FC aus Gibraltars Eurobet Division. Die Klubs haben nämlich jeweils 14 Male in Folge triumphiert. Global betrachtet war da bislang nur der Tafea F.C. aus Vanuata noch erfolgreicher, der die PVFA Premier League 15 Mal in Serie gewinnen konnte. Der große FC Bayern: nur einer von vielen statt einzigartig? Gewöhnungsbedürftig.

Nur ein Klub hat eine längere Serie als der FC Bayern
Allerdings dürfte es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis der FC Bayern diesen überraschenden Titel-Rückstand aufgeholt hat. Aktuell kann ihm europaweit nur der bulgarische Serien-Meister Ludogorez Rasgrad gefährlich werden, der sich gerade anschickt, den elften Titel in Folge einzufahren - und an Bayern wieder vorbeizuziehen. Von hinten hält lediglich Red Bull Salzburg, das in der österreichischen Bundesliga auch schon die neunte Meisterschaft in Folge vor Augen hat.

Aus dem Hause Red Bull dürfte in den kommenden Jahren wohl noch am ehesten Gefahr bestehen für den chronischen deutschen Meister von der Isar. Bis der alte ewige Zweite aus Dortmund den wohl kaum noch abzuwendenden Verlust von Tor-Garant Erling Haaland verdaut und halbwegs kompensiert hat, dürfte wohl noch eine ganze Weile - oder auch eine gefühlte Ewigkeit - vergehen. Dagegen wirkt das konsequente Tun der Leipziger wesentlich vielversprechender - und nachhaltiger.
Die Bundesliga hinkt im internationalen Vergleich hinterher
Dass Oliver Kahn, am Sky-Mikro noch ganz frisch unter dem Villarreal-Schock stehend, all die Kleinst-Ligen des Kontinents zuletzt nicht direkt parat hatte, sei ihm verziehen. Natürlich orientiert sich ein FC Bayern an den großen Ligen aus England und Spanien, die in der Uefa-Fünfjahreswertung allerdings weit enteilt sind: Die Premier League steht aktuell bei 105 Punkten, La Liga bei 95, und selbst die italienische Serie A liegt mit 76 Punkten noch knapp vor der Bundesliga (74), die sich ja immer so gern das Prädikatssiegel "stärkste Liga der Welt" verleiht.
Ob Bayern auch künftig mit den ganz Großen am Königsklassen-Tisch sitzen wird, entscheidet sich wohl in der bevorstehenden Transferperiode. Mit dem Abgang von Niklas Süle und den Wackelkandidaten Robert Lewandowski und Serge Gnabry, die sich offenbar durchaus auch vorstellen können, in einer womöglich noch attraktiveren Liga als der Bundesliga ihre Spektakeltreffer zu erzielen, würden sich ein paar scheunentorgroße Lücken im Bayern-Kader auftun.
Ob die der für die Kaderplanung zuständige Sportvorstand Hasan Salihamidzic adäquat gestopft bekommt, darauf möchte man wohl lieber nicht allzu viel Geld verwetten.
Bis dahin fließt aber noch viel Bier durch die Kehlen der Bayern-Fans, wenn nicht fürchterlich viel schief geht, wird Kapitän Manuel Neuer am späten Nachmittag des 14. Mai in Wolfsburg die Meisterschale in Empfang nehmen und tags darauf nach guter, alter Tradition dem Volk vom Rathausbalkon präsentieren. Ob die in Tiraspol, Tiflis und Gibraltar auch immer so schick gefeiert haben? Bestimmt nicht.
Die meisten nationalen Titel in Serie
Anzahl Titel in Serie | Klubname | Zeitraum |
14 | Skonto Riga | 1991 - 2004 |
14 | Lincoln Red Imps FC | 2003 - 2016 |
13 | Rosenborg Trondheim | 1992 - 2004 |
13 | BATE Baryssau | 2006 - 2018 |
11 | Dinamo Zagreb | 2006 - 2016 |
10 | MTK Budapest FC | 1914 (Pause wegen des Weltkrieges), 1917 - 1925 |
10 | BFC Dynamo | 1979 - 1988 |
10 | FC Dinamo Tiflis | 1990 - 1999 |
10 | FC Pjunik Jerewan | 2001 - 2010 |
10 | Sheriff Tiraspol | 2001 - 2010 |
10 | Ludogorez Rasgrad | 2012 - lfd. |
9 | ZSKA Sofia | 1954 - 1962 |
9 | Celtic Glasgow | 1966 - 1974 |
9 | Glasgow Rangers | 1989 - 1997 |
9 | Dynamo Kiew | 1993 - 2001 |
9 | Celtic Glasgow | 2012 - 2020 |
9 | Juventus Turin | 2012 - 2020 |
9 | FC Bayern | 2013 - lfd. |