FC Bayern: Wer san mia?

Die Gladbach-Pleite hat das Selbstbewusstsein des FC Bayern hinweggefegt. Zu Hause gegen Wolfsburg soll nun alles wieder anders werden.  
von  Thomas Becker

Die Gladbach-Pleite hat das Selbstbewusstsein des FC Bayern hinweggefegt. Zu Hause gegen Wolfsburg soll nun alles wieder anders werden. Trainer Jupp Heynckes fordert „ein anderes Gewand“.

München - Jupp Heynckes’ Sätze vom besten Trainingslager aller Zeiten („Hier stimmt alles“) sind noch gar nicht so lange her, doch dann reichten eineinhalb Stunden am Niederrhein, um aus den Münchner Harmonikern eine Truppe zu zaubern, die vor der Pflichtsieg-Partie am Samstag gegen den VfL Wolfsburg (15.30 Uhr, Allianz Arena) vor der bangen Frage steht: Wie gut sind wir eigentlich? „Wer san mia?“ statt „Mia san mia“.

Man habe so einiges aufgearbeitet in dieser Woche, erzählte der Bayern-Coach, und die Truppe habe im Training „eine Schippe draufgelegt – das ist auch nötig“, sagte Heynckes und forderte: „Wir müssen Grundlegendes ändern: Fehler minimieren, aufmerksamer sein. Wer große Ziele anstrebt, muss anders agieren. Die Mannschaft insgesamt muss reagieren, sich präsentieren wie in weiten Teilen der Hinrunde.“ Und dann erhob Heynckes die Stimme auf Kabinenpredigtlautstärke und präzisierte: „Ich habe der Mannschaft gesagt: Bis Ende Mai möchte ich sie in einem anderen Gewand sehen. Von der ersten bis zur letzten Minute. Rauf und runter. Kämpfen, rennen, aber auch Fußball spielen. Daran muss sich die Mannschaft messen lassen, sonst an nichts.“

Zuletzt hatte Heynckes eher dünnhäutig auf so manches Störfeuer reagiert. Keeper Manuel Neuer bekam für den Patzer zum 0:1 sein Fett weg („Da muss er auch mal Tempo rausnehmen“), Breno und Anatoliy Tymoshchuk wurden wegen fehlerhaften Umgangs mit den sozialen Netzwerken gerüffelt („Kinkerlitzchen, das ist unprofessionell"), und Mario Gomez’ Systemkritik („Wir haben zu systematisch in unserem Schema gespielt. Unser Spiel ist brutal auf Ballbesitz ausgerichtet.“) wischte Heynckes weg mit dem knappen Hinweis auf bisher Erreichtes, mit eben diesem System.

Doch gerade aus Gomez’ Worten, der nach einem Rückstand oft nicht das Gefühl habe, „dass wir noch viele Chancen haben“, spricht vor allem eins: Unsicherheit. Die Wechsel auf der Spielmacherposition (Toni Kroos/Thomas Müller) tun ihr Übriges. Lieber nicht dran denken, was passiert, wenn am Samstag der Dreier gegen Wolfsburg ausbleibt und die Konkurrenz aus Dortmund, Schalke und Gladbach weiterhin fröhlich siegend durch die Liga segelt.

Wie gut der FC Bayern wirklich ist – wahrscheinlich hat man das noch gar nicht gesehen. Zu problemlos stürmten sie durchs erste Saisondrittel, zu verständlich die Hänger gegen Dortmund und Mainz, zu wenig gefordert in der Königsklasse. Im goldenen Herbst mit all den Kantersiegen und Zu-Null-Serien meinte Heynckes: „Wir können noch viel besser.“ Offenbar aber auch viel schlechter. So wie in Gladbach.

Dass es nach dem 1:3 kernige Worte aus der Führungsetage geben würde, war Heynckes klar: „Wenn man so verliert, wie wir in Gladbach, muss man sich Kritik anhören.“ Viel kommuniziert habe er mit den Spielern, Manuel Neuer gesagt, „was er leicht verändern muss“, Sorgenkind Breno mitgeteilt, dass er wieder im Kader stehe. „Der Junge hat Bockmist gebaut. Das ist vergessen. Das ist jetzt seine Chance, Fuß zu fassen und den Anschluss zu finden“, sagte Heynckes.

Von Rückkehrer Ribéry erhofft er sich mehr „Angriffspotenzial“, weiß aber das nur eins zählt: „Wir müssen unsere Favoritenrolle untermauern.“

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