FC Bayern: Was fehlt?

MÜNCHEN - Selten stand Bayern im Winter schlechter als jetzt. Sogar die Quali für die Champions League ist in Gefahr. Die Gründe? Hausgemacht. Eine Spurensuche
Es ist die 46. Saison seit dem Aufstieg in die Bundesliga 1965 für den FC Bayern. Und schlechter als derzeit nach dem 15. Spieltag standen sie nur drei Mal da. 1991/92, 1977/78 und 1974/75. Der Blick in die Geschichtsbücher offenbart bittere Wahrheiten: Am Ende dieser Spielzeiten kamen die Bayern nie auf einen einstelligen Tabellenplatz: 10. – 12. – 10. Und diesmal?
10000 Euro wettete Sportdirektor Christian Nerlinger, dass der FC Bayern die Champions-League-Plätze (Rang drei berechtigt zu Qualifikationsspielen) noch erreichen werde. Schadensbegrenzung bedeutet gleich Minimalziel. Ein Muss. Alles andere wäre unvorstellbar.
Unisono beschwören alle Beteiligten die anscheinend magische Kraft der Rückrunde, in der alles wieder Bayern-like werden soll. Im Frühjahr schwebte der Verein, ein Rauschzustand. Und nun? Das „Mia san Mia“ muss im Urlaub sein. Die AZ auf der Suche: Was fehlt?
Die Gier: Ist die Mannschaft zu satt? Vom aktuellen Kader waren alle (!) Spieler schon mindestens einmal Meister, selbst die Rückkehrer Kroos und Breno (beide 2008). Hat man sich nach dem Double 2010 zu sehr konzentriert, die Wunde Inter Mailand zu kitten? Der Champions-League-Titel als einzig wahre Motivation? „Das wäre sehr gefährlich“, sagte Sky-Experte Stefan Effenberg am Montag, „man sieht ja, wie das enden kann.“
Die Parallele: 1999 hatten die Bayern mit Effenberg das Königsklassen-Finale gegen Manchester United verloren. „Wir waren damals hungrig und gierig, haben uns gesagt: Jetzt erst Recht – dabei haben wir nie die Schale aus den Augen verloren. Als es darauf ankam, waren wir da.“ Stimmt. Als Meister 2000 und Champions-League-Sieger ’01.
Die Erfahrung: Eine Chance für die Jugend – das Motto von Trainer Louis van Gaal in allen Ehren, Effenberg allerdings findet: „Nur mit der Jugend kannst du Europa nicht aufmischen“, die aktuelle Mannschaft sei ihm „zu lieb und zu ruhig, bei uns damals hätte es das so nicht gegeben“. Erinnert sei an Kahn.
Die Hierarchie: Kapitän Mark van Bommel fehlte seit Mitte Oktober verletzt. Effenberg: „Mark ist ein Leader, ich würde mir für ihn mehr Unterstützung wünschen. Ich erwarte in so einer Situation, dass ein Schweinsteiger oder ein Lahm aufstehen und Farbe bekennen. Wenn es gut läuft, kann jeder Interviews geben. Jetzt muss man Verantwortung übernehmen und Zeichen setzen.“ Tatsächlich ist Philipp Lahm ein Leitwölfchen und Bastian Schweinsteiger damit beschäftigt, seine Positionswechsel im Mittelfeld bestmöglich zu bewältigen.
Neuzugänge: „Wir überlegen, den ein oder anderen Impuls zu setzen“, sagte Nerlinger. Differenzen über die Schlagrichtung der Transferpolitik mit den Trainer seien ausgeräumt: „Er ist einverstanden. Nur geht es ihm darum, sich punktuell zu verstärken.“ Für Effenberg in der Innenverteidigung und auf der linken Außenverteidigerposition, „da werden sie was ändern müssen“. Zeit wird’s.
Richtige Trainerkniffe: Für Effenberg ist van Gaal „der absolut richtige Mann, er hat es ja bewiesen.“ Dennoch rät er, der ab April den Trainerschein machen will: „Thomas Müller ist verschenkt auf der rechten Außenbahn, das tut mir weh. Er ist stark im Zentrum, er hat den Instinkt, ist sehr torgefährlich.“ Und: Schweinsteiger solle zurück auf die 6er-Position, um van Bommel zu unterstützen.
Arjen Robben: Auf Wiedersehen 2011.
Gilt das dann auch für den echten FC Bayern?
Patrick Strasser