FC Bayern vor Hoffenheim: Mit 18 Ribérys zum Titel
Jubel-Befehl und Mecker-Verbot. Wie Trainer Jupp Heynckes den Teamgeist vor dem Spiel am Samstag bei 1899 Hoffenheim fördert. Sein Credo:„Alle sind wichtig, nicht nur die elf, die spielen“
MÜNCHEN Für den Genuss muss Uli Hoeneß nur aufstehen in seinem Büro. Dann geht er nicht zum Kühlschrank, sondern zum Fenster. Es ist sein Fenster mit Aussicht. Und die Aussichten sind schön für den Bayern-Manager dieser Tage. „Wenn ich aus dem Fenster auf den Trainingsplatz schaue, was der Jupp Heynckes so macht“, dachte er laut, unterbrach und fügte dann hinzu: „Wir können uns sehr glücklich schätzen, dass er hier bei uns eingesprungen ist.“
In wenigen Wochen hat sich die Stimmung gedreht bei den Bayern. Jürgen Klinsmann ist weit, weit weg. Die Tabellenspitze dagegen so nah wie nie vor dem letzten Auswärtsspiel der Saison am Samstag bei 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr, liveticker auf abendzeitung.de). Alles dank Heynckes? Tatsächlich ist der Anteil des 64-Jährigen gewaltig. Geradezu therapeutisch hat er in kürzester Zeit auf die Mannschaft eingewirkt – ob gruppendynamisch oder mit Vier-Augen-Gesprächen. Und auch der Jupp-Knigge ist nicht zu übersehen. „Jupp Heynckes legt großen Wert darauf, dass wir als Mannschaft freundschaftlich miteinander umgehen“, berichtete Verteidiger Lucio, „ihm ist das Team wichtiger als der einzelne Spieler.“
Der gute Ton als Schlüssel zur Mannschaft. Heynckes setzt nicht auf Sprachkurse, literarische Zerstreuung oder Yoga-Übungen, er geht an die Basics. Und die heißen: Sprich mit deinem Kollegen und sei freundlich!
Sein Credo erläuterte er im AZ-Interview, sagte über sein Miteinander mit den Profis: „Man muss den Spielern gegenüber Respekt aufbringen, immer ehrlich und ganz offen mit ihnen umgehen.“ Das kommt an. „Man spürt die Handschrift des Trainers“, sagte Bastian Schweinsteiger, „sowohl auf dem Platz als auch außerhalb.“
Dazu gehört sogar ein Jubelbefehl. „Haben Sie das gesehen, als Luca Toni das 1:0 gegen Leverkusen erzielt hat“, fragte Heynckes am Freitag die Reporter, „da sind alle Spieler zu ihm hin, um zu gratulieren – das habe ich der Mannschaft vorher auch so gesagt.“
Jupp für alle, alle für Jupp. Da spielt man auch mal auf ungewohnten Positionen wie etwa Lucio auf dem rechten Verteidigerposten, nachdem sich nach Christian Lell auch Hamit Altintop verletzt hatte. Lucio: „Wenn es die Mannschaft verlangt, ist das kein Problem, auch wenn ich da mehr Laufen muss.“
Aber auch die Reservespieler spielen in Heynckes’ Konzept eine große Rolle. „Ich weiß aus Erfahrung, dass die Bank in der Endphase einer Saison entscheidend sein kann“, sagte er. „Alle Spieler sind wichtig, nicht nur die elf, die spielen“, lautet seine Maxime. Vor der Partie in Hoffenheim führte er zahlreiche Einzelgespräche mit den „vermeintlichen Reservisten. Es ist wichtig, dass man ihnen das Gefühl gibt, dass sie genauso wichtig sind wie ein Franck Ribéry.“ Die Botschaft lautet: Ihr seid alle Superstars, mit 18 Ribérys zum Titel.
Wenn denn alle mitwirken können am letzten Spieltag. Franck Ribéry, Luca Toni, Mark van Bommel und Zé Roberto wären bei einer weiteren Verwarnung in Hoffenheim beim Saisonfinale gegen den VfB Stuttgart (23. Mai) gesperrt. Also verhängte Heynckes nun ein Mecker-Verbot. „Ich mag es nicht, wenn man sich mit dem Schiedsrichter anlegt. Das bringt nichts“, betonte Heynckes. Luca Toni hat verstanden, er will zumindest versuchen, den Befehl des Chefs zu befolgen: „Ich werde alles Mögliche tun, um brav zu bleiben.“
Patrick Strasser