FC Bayern: van Gaals Lagerkoller
Am Donnerstag beginnt das Trainingslager in Donaueschingen, mittendrin reist der Tross zu Testpartien. Dem Bayern-Trainer sind es zu viele Spiele und Spieler in der Vorbereitung. Er findet das „nicht gut“ – und kann doch nichts dafür
MÜNCHEN Bei Laune halten, das ist die Kunst. Louis van Gaal will alle bei Laune halten – insbesondere die Fans, die täglich zum Training an die Säbener Straße kommen. Wenn die Übungseinheit beendet ist, pustet der Holländer in seine Trillerpfeife, und dann heißt es: Alle Mann (er selbst freilich inklusive) ab zum Autogramme schreiben.
„Am Montag hat er uns geschimpft, dass wir nicht lange genug geschrieben haben“, erzählte Miroslav Klose. Van Gaal plant jedes Detail. „Er ist ein Perfektionist“, hat Hamit Altintop erkannt. Und daher nerven ihn Dinge, die nicht so laufen wie er sich das vorstellt, die er nicht geplant hat.
Das Trainingslager in Donaueschingen etwa, in das die Bayern am Donnerstagnachmittag per Privatflieger reisen und bis zum 24. Juli bleiben. Das Hotel „Der Öschberghof“ mit seiner feudalen Wellness- welt auf 2500 Quadratmetern und dem angrenzenden Golfplatz ist bestens, da stimmt wirklich alles. „Es gibt dort hervorragendes Essen“, sagt Manager Uli Hoeneß. Die Angestellten des Hotel-Restaurants „Hexenweiher“ werden reichlich zu tun bekommen.
„Alle Spieler werden mitreisen ins Trainingslager“, kündigte Hoeneß am Dienstag an – inklusive der Nachzügler Lucio und Luca Toni, die nach ihrem Confed-Cup-Sonderurlaub am Donnerstag ihren Dienst antreten. 27 Profis also. Sind die von der Drittliga-Mannschaft zuletzt abgestellten Contento und Sene auch dabei, wären es sogar 29 Spieler. Dabei hat van Gaal erklärt: „27 Spieler sind zu viel. Bei Ajax Amsterdam, Barcelona und Alkmaar hatte ich bisher immer einen Kader von 22 Spielern plus zwei, drei Talente.“ Seine Begründung: „Wenn kein Spieler mehr den Klub verlässt, ist es für mich viel schwieriger zu arbeiten. Weil ich dann nicht allen Spielern eine gute Perspektive bieten kann.“ Genügend Frustpotenzial fürs Trainingslager.
Doch es tut sich nichts. Angebote Fehlanzeige, nicht mal im Fall Tim Borowski, der wohl gerne zu seinem Ex-Verein zurückkehren würde. Hoeneß: „Wenn Werder Bremen an Borowski Interesse hat, sage ich zu Herrn Allofs, er soll sich ins Flugzeug setzen und zu uns kommen. Dann setzen wir uns zusammen.“ Wie auch bei den anderen Kandidaten: Sie müssen auf die Bayern-Bosse zukommen.
„Wir schicken niemanden weg“, bekräftigte Hoeneß, „ein Vertrag ist ein Vertrag. Dann bleiben die Spieler eben. Sollen wir die Spieler zum Teufel jagen?“ Ausbaden muss es van Gaal. Möglich, dass er nach Donaueschingen Kandidaten wie Lell, Görlitz, Breno, Ottl, Borowski, Altintop oder Sosa dann in Mehmet Scholls Hände gibt. Der ist zuständig für die Drittliga-Mannschaft.
Für Termine in den nächsten zehn Tagen war der Ex-Trainer zuständig. Der Ausflug in den Kreis Schwarzwald-Baar wird vom „T-Home-Cup“ in Gelsenkirchen und einem Test bei den Stuttgarter Kickers unterbrochen. „Das ist unglücklich gelaufen“, sagte Hoeneß, „das war noch die Planung von Jürgen Klinsmann. Er wollte ins Trainingslager wenn alle da sind, van Gaal aber wäre gleich gefahren. Jetzt haben wir diese Zerrissenheit, die Spiele waren leider schon langfristig geplant. Beim nächsten Mal schaut das wieder anders aus.“
Ein Lagerkoller, mit dem van Gaal nicht glücklich ist. „Es ist nicht gut, aber ich kann es nicht ändern, der Plan ist vor meiner Zeit gemacht worden“, sagt er der AZ, „ich hätte gerne weniger Spiele und mehr Training. Das ist besser, da kann ich besser eingreifen.“ Sein erster Kummer bei den Bayern.
Patrick Strasser