FC Bayern – Tuchel reagiert gereizt auf erneuten Führungswechsel: "Unmittelbar vor Bundesliga-Spiel"

München - Thomas Tuchel könnte es als positives Omen sehen, dass Max Eberl seinen Dienstantritt an der Säbener Straße um einen Tag auf Donnerstag vorzog. Ist ja auch ein Schaltjahr, da kann man schon mal einen Frühstart hinlegen. Und so fuhr der am Montag vom Aufsichtsrat berufene Sportvorstand um kurz vor 9.30 Uhr in die Tiefgarage des Bayern-Hauptquartiers, seiner neuen, täglichen Anlaufstelle.
Die ersten Aufgaben: Die Laufwege erkunden, sein Büro beziehen. Dabei soll es sich um das Zimmer von Marco Neppe handeln, des scheidenden Technischen Direktors. Das Büro des früheren Sportvorstands Hasan Salihamidzic ist längst wieder besetzt. Von Christoph Freund (46), dem Sportdirektor. Der behält sein Zimmer und auch seinen Platz auf der Bayern-Bank, wie der Verein am Donnerstag bestätigte.
Anders als "Brazzo" früher wird Eberl auf der Tribüne Platz nehmen. Und das erstmals diesen Freitag beim Auswärtsspiel in Freiburg (20.30 Uhr, DAZN) - an seinem ersten offiziellen Arbeitstag, zugleich Beginn des Vertrages mit Gültigkeit bis Mitte 2027.
Am Nachmittag stellte sich der 50-Jährige auf der Geschäftsstelle den Mitarbeitern sowie im Kabinentrakt der Mannschaft und dem Trainerstab vor. Servus, Max! Und damit zurück zu Tuchel, der am Saisonende vorzeitig servus sagt (korrekt: sagen muss).
Für ihn ist es bereits der dritte verschiedene Vorgesetzte innerhalb nicht mal eines Jahres. Ein Umstand, den der 50-Jährige offenbar eher kritisch sieht, wie er am Donnerstag durchblicken ließ.
Tuchel über Wechsel in der Führungsetage beim FC Bayern: "Das ist nicht ohne"
"Es ist jetzt innerhalb von zehn Monaten das dritte Mal, dass wir das Organigramm umschreiben. Wir haben in der vergangenen Saison einen riesigen Wechsel vorgenommen (Entlassung von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic, d. Red.). Dann kam am 1.9. mit Christoph Freund ein neuer Sportdirektor. Jetzt ist der 1.3. und wir bekommen einen neuen Fußball-Vorstand", so Tuchel.
Der Bayern-Coach weiter: "Wir schreiben also zum dritten Mal das Organigramm um und das auch zum dritten Mal unmittelbar vor einem Bundesliga-Spiel. Das ist nicht ohne." Dennoch versuche man "den kompletten Fokus auf dem Sport behalten", meinte Tuchel. Mit Betonung auf "versuchen". Was Tuchel nervt. Daher spricht er es aufgrund seines zeitnahen Abschieds ("Das Leben ist anders, ein bisschen freier, weil es klar ist und die Entscheidung getroffen ist") ohne Hemmungen an.
Tuchel: "Wir werden sehen, welchen Effekt Max Eberl hat"
Während der Jobantritt von Sportdirektor Freund zum 1. September 2023 am Tag vor dem Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach (2:1) zwar ein wenig ablenkte, aber unterm Strich harmonisch ablief, gerieten die letzten 24 Stunden vor dem 34. Spieltag der vergangenen Saison zum Chaos. Vorstandsboss Oliver Kahn, der damit nicht so ganz einverstanden war, und Salihamidzic wurden entlassen. Während Kahn nicht mit nach Köln reiste bzw. reisen durfte (Ansichtssache der Beteiligten), feierte Salihamidzic mit der Mannschaft trotz des Bosse-Bebens tags zuvor den völlig unverhofften Titel. Meistertrainer Tuchel wirkte dennoch völlig konsterniert.
Und diesmal? Bleibt Tuchel nur das Prinzip Hoffnung. Erstens, dass auf die dritte Umstrukturierung während seiner elfmonatigen Amtszeit der dritte Auswärtssieg folgt und zweitens, dass ihm und Eberl in den verbleibenden drei Monaten das Zweckbündnis auf Zeit gelingt. Er hoffe, so Tuchel, "auf seine Unterstützung", sagte zur Inthronisierung des neuen Sportbosses recht kühl: "Wir werden sehen, welchen Effekt Max hat." Ist ja nicht mehr sein Bier, zumindest ab Juni.
Tuchel über Zusammenarbeit mit Eberl beim FC Bayern: "Es hat mir noch nie jemand reingeredet"
Mit Blick auf die Aufgabenverteilung sieht der 50-Jährige unter Eberl keine Probleme. Bei seiner Vorstellung hatte der neue Sportchef den Wunsch geäußert, dass junge Spieler Einsatzzeit bekommen und dabei gleich mehrfach Mathys Tel erwähnt, der unter Tuchel bislang nur als Joker zum Einsatz kommt.
Bayerns Chefcoach will sich davon aber nicht beirren lassen, schließlich falle die Aufstellung klar ein seinen Aufgabenbereich. "Ich bin, war und bleibe für die Aufstellung verantwortlich. Es hat noch nie jemand reingeredet. Ich gehe davon aus, dass das so bliebt", sagte Tuchel.
Und mit Blick auf das angesprochene Toptalent sagte er: "Bei Mathys sehe ich den Konfliktstoff nicht. Meiner Meinung nach hat er noch nie so viel und regelmäßig gespielt wie bei uns."
Das 2:1 gegen Leipzig bewertete der Coach als "kleine Trendwende" und forderte: "Jetzt müssen wir nachlegen." Die Partie in Freiburg werde man mit "großer Lust und unverminderter Leidenschaft bestreiten". Und das ohne den gesperrten Matthijs de Ligt. Für ihn spielt Min-jae Kim in der Innenverteidigung und nicht Dayot Upamecano, weil der vier Tage später im Champions-League-Rückspiel gegen Lazio Rom gesperrt ist. "Das macht keinen Sinn", sagte Tuchel. Fehlen wird wohl Flügelstürmer Leroy Sané, der wegen anhaltender Schmerzen an der Patellasehne und in der Leiste höchstens als Joker infrage kommt.