FC Bayern - Trotz der unerklärlichen Pleiten: Darum gibt es für den FCB keine Alternative zu Tuchel
München – Als die Mannschaften längst in den Katakomben der Allianz Arena verschwunden waren und sich das Stadion fast komplett geleert hatte, musste Thomas Tuchel, unter den melancholischen Klängen von OneRepublic, The Verve, Coldplay & Co. erklären, was nur schwer zu erklären war: Wie der FC Bayern gerade Werder Bremen, der bislang schwächsten Auswärtsmannschaft dieser Bundesliga-Saison, ihren ersten Erfolg auf fremden Terrain ermöglichte.
"Gegen jedes Gesetz des Leistungssports!": Thomas Tuchel zählt nach Werder-Niederlage sein Team an
Auch beim Cheftrainer selbst schwankte die Stimmung zwischen Frust und Resignation: "Ich habe auch keine Lust mehr zu erzählen, wie gut wir trainieren, weil das glaubt mir ja auch keiner mehr, wenn wir so spielen", monierte Tuchel und sprach auch deutlich den "fehlenden Biss", "zu viele Ballverluste und "schlampiges Zweikampfverhalten" an. "So eine Leistung kann nie und nimmer unser Anspruch sein. Das geht gegen jedes Gesetz des Leistungssports!"

Es war nicht die erste Symphonie in Moll, die der FC Bayern diese Saison verfasste: Supercup-Debakel gegen RB Leipzig (0:3), Pokal-Blamage in Saarbrücken (1:2), dazu die deutliche Niederlage in Frankfurt (1:5). Nun steht der Rekordmeister sieben Zähler (das Nachholsspiel gegen Union Berlin steht noch aus) hinter Xabi Alonsos Bayer Leverkusen.
Im Vergleich zu Vorgänger Julian Nagelsmann genießt Tuchel eine wesentlich längere Kreditlinie. Aber könnte auch ihm die Entlassung mitten in der Saison drohen? Beim FC Bayern mit seinen chronisch hohen Ansprüchen natürlich theoretisch immer. Aber was Tuchel aktuell schützt, ist die Tatsache, das brauchbare Alternativen am Trainermarkt extrem rar gesät.
Julian Nagelsmann schon wieder vergeben, Hansi Flick will erst im Sommer einsteigen
Julian Nagelsmann ist inzwischen Bundestrainer und hat die Aufgabe, den maroden DFB-Dampfer bis Sommer wieder auf Kurs zu bekommen. Als Übergangslösung käme der 36-Jährige daher nicht infrage. Aber wie sieht es bei dessen Vorgänger aus?

Hansi Flick hat sich seit seiner Entlassung als Bundestrainer aus der Öffentlichkeit zurück – und einer Hüftoperation unterzogen, berichtet die "Bild". Bei der Gedenkfeier für den am 7. Januar verstorbenen Franz Beckenbauer vergangenen Freitag war der Triple-Trainer von 2020 jedoch anwesend. So erfolgreich Flicks Zeit in München gewesen sein mag, wirft seine Periode als Bundestrainer einen Schatten darauf.
Anstatt ruhig, entschlossen und mit einem klaren Plan, verfiel Flick beim DFB in zahllose (misslungenen) Personalexperimente und haderte immer wieder mit sich selbst und seinem Team. Dieses Risiko kann der FC Bayern in der aktuellen Situation nicht eingehen. Außerdem will sich Flick selbst auch erst ab Sommer einer neuen Herausforderung widmen. Die verbleibenden Monate will der 58-Jährige zur Genesung nach seiner Hüft-OP nutzen.
Jupp Heynckes' Martyrium, zu großes Risiko bei José Mourinho
Also, doch wieder Plan Jupp? In Fankreisen wird bei jedem Anflug einer Bayern-Krise gescherzt, Jupp Heynckes solle schon mal das Handy ausschalten und das Telefonkabel durchschneiden. Zu einer fünften Amtszeit wird es allerdings nicht kommen. Im Dezember 2022 musste sich der nun 78-Jährige einer Herz-OP unterziehen.
"Das war die schlimmste Zeit meines Lebens", klagte Heynckes. "Ich konnte nicht schlafen, die Zeit vergeht nicht, es war ein Martyrium." Zuletzt ging Bayerns erster Triple-Trainer im August an die Öffentlichkeit, als er im Rahmen der Saisoneröffnung des FC Bayern mit seinem Team zehnjähriges Jubiläum feierte
Zwar freute sich Heynckes sichtlich, die alten Freunde und Weggefährten wiederzusehen. Vor allem im Gesicht merkte man ihm die Strapazen der Herz-OP allerdings deutlich an. Dass ihm sein Herzensverein, in der aktuellen gesundheitlichen Verfassung, den Druck eines Titelrennens aufbürdet? Ausgeschlossen. Ähnliches gilt auch für eine weitere Trainer-Grande des FC Bayern: Ottmar Hitzfeld. Der 75-Jährige hing, nach dem Knockout mit der Schweiz im WM-Achtelfinale 2014 gegen Argentinien (0:1 n.V.) die Trainerjacke endgültig an den Nagel.
Einen Trainer-Granden gibt es jedoch noch auf dem Markt, der – zumindest auf dem Papier – alle Punkte erfüllt: Erfahrung im Umgang mit großen Namen, eine prall gefüllte Titelsammlung und eine Aura, wie sie nur wenige Trainer auf dieser Welt besitzen: "The Special One". José Mourinho". Vergangenen Dienstag wurde der Portugiese bei der AS Rom entlassen. Wenngleich sich Mourinho in der Vergangenheit immer wieder lobend über den FC Bayern äußerte und eine Verpflichtung durchaus seinen Charme hätte, ist auch hier das Risiko zu groß.

Der Star-Trainer lässt vornehmlich defensiv spielen. Zudem sorgt Mourinho auch medial immer wieder für Wirbel – und zwar Wirbel, der Tuchels Zoff mit den "Sky"-Experten Didi Hamann und Lothar Matthäus noch um Längen übertreffen könnte. Fans, gegnerische Trainer, Schiedsrichter. Es gibt kaum jemanden, mit dem es "The Special One" noch nicht aufgenommen hat. Außerdem dürfte Mourinho kaum als Interimslösung zur Verfügung stehen. Denn sollte Tuchel doch scheitern, verfolgt der FC Bayern ganz genau die Laufbahn eines seiner bekanntesten Schüler: Leverkusens potenzieller Meistertrainer Xabi Alonso.