FC Bayern: Training fürs Gehirn

Im Trainingslager betreibt van Gaal weiter Auslese. Der Trainer hat ein Herz für die Fans, kennt aber bei seinen Profis keine Gnade. Die AZ beschreibt die Prinzipien des Holländers
von  Abendzeitung
Viel Text, wenig zeit: Louis van Gaal bei der Arbeit.
Viel Text, wenig zeit: Louis van Gaal bei der Arbeit. © dpa

Im Trainingslager betreibt van Gaal weiter Auslese. Der Trainer hat ein Herz für die Fans, kennt aber bei seinen Profis keine Gnade. Die AZ beschreibt die Prinzipien des Holländers

DONAUESCHINGEN Es gibt den einen Louis van Gaal. Den herzlichen, lächelnden. „Auch warm und familiär“, so hat er das bei seiner eigenen Vorstellung genannt. Entspannt, engels-geduldig tauchte der Bayern-Trainer ab in der Menge der Fans, die ihn vor dem Mannschaftshotel in Donaueschingen, dem „Öschberghof", umlagerten. Autogramme, Fotos, kein Problem. Wird van Gaal gebeten, mit einem Fan zu posieren, rückt er ganz nahe heran ans Gesicht, drückt den Anhänger an sich. Fannähe geht nicht näher.

Auch seine Spieler nimmt van Gaal (57) gerne mal in den Arm. Wenn er zufrieden ist, sie lobt. Dann lächelt er. In diesem Moment wirkt er wie ein Beschützer, wie ein Vater.

Doch es gibt auch den anderen van Gaal. Den „flexiblen General“. Seine Spieler müssen zwei Dinge machen: Sich an die Regeln halten und gut trainieren. Wenn nicht, wird van Gaal zu „Louis keihard", wie man in Holland sagt. Dem harten van Gaal.

Nach der Ankunft im Donaueschinger Trainingslager stand eine Schnellkraft-Einheit auf dem hotel-eigenen Platz an. Etwas über eine Stunde, ohne Ball. Die drei Torhüter Butt, Rensing und Kraft trainierten nebenan auf dem Hauptplatz – klar, diese Übung war nichts für die Keeper. Aber auch drei Feldspieler waren abseits.

Der Brasilianer Breno, Amateur Diego Contento und Neuzugang Alexander Baumjohann. Die drei kickten auf dem Hauptplatz herum wie Jungs im Englischen Garten – mal ein Bällchen hierhin, dann ein Bällchen dorthin. Etwas lustlos. Mit hängenden Köpfen schlichen sie zum Rest der Mannschaft, hockten sich auf ein Materialbänkchen.

Verletzt? Angeschlagen? Sie schüttelten nur den Kopf. Auf Nachfrage sagte Louis van Gaal zur AZ: „Die sind jung." Aha. Wie bitte? Müller und Badstuber sind auch jung, dürfen aber mitmachen. Also? Van Gaal: „Das hier war ein Training für den Körper, kraftvoll. Das da drüben war ein Training für das Gehirn, eine psychologische Sache."

Ein Denkzettel also. Wer nicht mitmacht wie gewünscht, muss zuschauen. Und lernen. Da kennt van Gaal keine Gnade. Nicht der einzige Punkt. Seine Prinzipien:

Das Ende der Stammplätze

Soll bloß keiner der Spieler auf die Idee kommen, sich zu sicher zu fühlen. Erbhöfe, Stammplätze - das war einmal. Als Luca Toni davon sprach, dass er sich gar nicht vorstellen könne auf der Bank zu sitzen, antwortete van Gaal: "Das kann er vergessen."

Die Einteilung in Gruppen

Bei jedem Trainingsspiel elf gegen elf bleibt die Mannschaft bestehen. Wer nicht dazu gehört, wie Nachzügler Luca Toni, der am Freitag Einzel-Training machte, kickt „in der dritten Gruppe" (van Gaal).

Die Formel 22 plus drei

So stellt er sich seinen idealen Kader vor, 22 Profis, drei Talente. „Wir haben momentan 27 plus 5, das ist zu viel." Die keiharde Auslese läuft bereits. Borowski, Sosa, Breno, Altintop, Lell und Görlitz gehören zu den möglichen Streich-Kandidaten.

Seine Ansprachen

Van Gaal ist laut und bestimmt. In einer Trainingsplatzansprache, auch für alle Umstehenden verständlich, sagte er: „Ich will sehen, dass wir uns jeden Tag verbessern. Jeden! Fußball ist einfach. Ihr müsst mit Hirn spielen. Hier oben im Kopf. Ich will, dass ihr alles gut macht im Training. Wirklich alles!"

Danach ist Ruhe. Und knapp 30 erwachsene Männer nicken stumm und ergeben mit dem Kopf.

Patrick Strasser

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