FC Bayern: Trainer Niko Kovac die richtige Wahl? Das sagt die AZ

Ex-Bayern-Profi Niko Kovac übernimmt ab Sommer das Traineramt beim FC Bayern als Nachfolger von Jupp Heynckes. Ist es die richtige Entscheidung? -  Ein Pro und Contra der AZ-Onlineredaktion.
von  Markus Bosch / Bernhard Lackner
Niko Kovac wird offenbar neuer Bayern-Trainer. Ein Pro und Contra der AZ-Redaktion.
Niko Kovac wird offenbar neuer Bayern-Trainer. Ein Pro und Contra der AZ-Redaktion. © dpa

München - Die Trainersuche beim FC Bayern ist beendet. Wie der Verein am Freitag bekannt gab, haben sich die Münchner mit Frankfurt-Trainer Niko Kovac auf ein Engagement zur kommenden Saison geeinigt. Als Ablöse für den ehemaligen Bayern-Profi werden wohl 2,2 Millionen Euro fällig. 

Zuvor hatten die Bayern-Verantwortlichen versucht Jupp Heynckes einen Verbleib über das Saisonende hinaus schmackhaft zu machen und als dieser klarstellte, dass für ihn tatsächlich im Sommer Schluss sein würde, wurde Thomas Tuchel kontaktiert. Der frühere BVB-Trainer stand aber schon bei einem anderen Topklub - Medienberichten zufolge handelt es sich um Paris Saint-Germain - im Wort und sagte ab.

Nun einigte man sich also auf Kovac, der vor seinem Posten bei der Eintracht die kroatische Nationalmannschaft trainierte.

Ist der Kroate die richtige Wahl um die Bayern in eine erfolgreiche Zukunft zu führen? Ein Pro und Contra der AZ-Redaktion.

Contra: Niko Kovac - Eine Entscheidung mit "Geschmäckle"

Nach ewigem Hin und Her und vielen Aussagen ist die Trainersuche beim FC Bayern beendet. Die Wahl fiel auf Niko Kovac von Eintracht Frankfurt - wieder einmal gehen die Bayern-Verantwortlichen den bequemen Weg.

Der viel propagierte "Stallgeruch" steht wieder an oberster Stelle beim Rekordmeister. Vorbei die Zeiten, als mit Pep Guardiola, Michael Sammer und Michael Reschke gleich drei Personen in verantwortlichen Position tätig waren, die zuvor keine Berührungspunkte mit dem Rekordmeister hatten. 

Mit der Installation von Hasan Salihamidzic als Sportdirektor begann die Rückbesinnung hin zur Bayern-Familie, die nun mit Kovac - zwei Jahre als Spieler im Bayern-Trikot - fortgesetzt wird.

Zweifelsohne hat Kovac bei den Frankfurtern einige Erfolge vorzuweisen. So dürfen die Hessen vom erstmaligen Einzug in die Champions League träumen und er hat eine Ansammlung von Spielern mit teilweise schwieriger Vorgeschichte (Boateng) zu einem echten Team geformt.

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Aber wird er sich mit seinem guten Freund und Vorgesetzten "Brazzo" intensiv austauschen oder ihm sogar widersprechen, wie es zwischen Sammer und Guardiola oder auch Sammer und Heynckes im Triple-Jahr geschah? Denn wie die Physik lehrt, setzt Reibung neue Energie frei. Energie, die die letzten Prozentpunkte zum absoluten Erfolg ermöglichen kann. So bleibt ein "Geschmäckle", dass wieder einmal der Weg des geringsten Widerstands gegangen wurde.

Auf der aus Münchner Sicht wichtigen internationalen Bühne hat Kovac, mit Ausnahme seiner Tätigkeit als kroatischer Nationaltrainer, keine Erfahrung vorzuweisen. "Es ist schon von Nutzen, wenn er im nächsten Jahr erst mal international mit seiner Eintracht spielt und diese Erfahrung sammelt", sagte Jupp Heynckes kürzlich über den 46-Jährigen. Nun darf sich Kovac direkt mit Bayerns Star-Kader beweisen und muss neben Taktik und Training auch seine Fähigkeiten als Moderator und Mediator beweisen.

Kovac wird von Beginn an unter dem Brennglas der zahlreichen Beobachter des Rekordmeisters stehen und sollte es zu Ausrutschern kommen, wird der Druck auf ihn schnell zunehmen. Denn das Traineramt beim FC Bayern gleicht einem Tauchgang in ein Haifischbecken, überall lauern Gefahren und Fallen.

Markus Bosch

Pro: Kovac hat Bayern-Format - er hat sich diese Chance verdient!

"Niko Kovac wird laut Sport-BILD-Infos neuer Bayerntrainer. Jupp Heynckes hat aber bereits betont, dass er frühestens ab Januar übernehmen wird", zwitscherte die Fußball-Satireseite FUMS kurz nach Bekanntwerden der Gerüchte um einen Wechsel zum FC Bayern. Wenn auch nur scherzhaft gemeint, spiegelt die Message die einhellige Meinung der Öffentlichkeit doch sehr gut wider. Der FC Bayern hat sich nun eine C-Lösung aus dem Kreuz geleiert, endlich ist das leidige Thema Trainersuche beendet.

Und tatsächlich: Niko Kovac hat international keinen großen Namen. Er hat international keine große Erfahrung. Und er ist sicher nicht der große Paukenschlag, den Fußball-Deutschland vom Trainerwechsel bei den Bayern erwartet hat. Eine C-Lösung ist er dennoch nicht.

Ein Blick zurück auf die große europäische Klub-Bühne verrät: Es muss nicht immer die ganz große Lösung sein – im Gegenteil. 2009 gewann der FC Barcelona unter dem damaligen Trainer-Novizen Pep Guardiola die Champions League. 2012 war der FC Chelsea mit Roberto Di Matteo erfolgreich, 2015 wieder Barca mit Trainer-No-Name Luis Enrique. In den verganenen beiden Jahren war Real Madrid mit Zinedine Zidane das Maß aller Dinge. Keiner davon schien bei Amtsübernahme die Kragenweite für seinen Klub zu haben, und doch holten sie sich den Henkelpott.

Nein, ein großer Name alleine reicht nicht, um bei einem internationalen Top-Klub wie dem FC Bayern erfolgreich zu sein. In der momentanen Phase des Umbruchs wäre er womöglich sogar hinderlich. Einen großen Namen hatte Carlo Ancelotti nämlich auch – nach nicht einmal eineinhalb Jahren hatte er seinen Kredit verspielt. Einen Schritt nach vorne machte weder Mannschaft noch Klub.

Und genau dafür steht Niko Kovac. Er kann dieser überalterten Mannschaft und dem Verein zusammen mit den hochtalentierten Spielern einen neuen Anstrich verpassen.

Genau das ist ihm bereits bei Eintracht Frankfurt gelungen. Im März 2016 übernahm er das Traineramt in der Bankenhauptstadt, machte aus dem Abstiegskandidaten einen nationalen Top-Klub. Im vergangenen Jahr führte er die Adler ins Pokalfinale, dieses Jahr steht Frankfurt wieder unter den letzten Vier. Es gibt wohl keinen Trainer, der gemessen an den Möglichkeiten des Vereins, in den vergangenen Spielzeiten so erfolgreiche Arbeit geleistet hat wie Kovac.

Auch taktisch hat sich Kovac während seiner Stationen als Trainer, zuvor war er bei Red Bull Salzburg und der kroatischen Nationalmannschaft auf der Kommandobrücke, enorm entwickelt. Die SGE ist unter Kovac kaum ausrechenbar, auf ein einziges System lässt sich die Mannschaft unmöglich reduzieren. Der 46-Jährige hat die Multi-Kulti-Truppe mit Spielern aus 16 verschiedenen Nationen zu einer eingeschworenen Einheit geformt, Grüppchenbildung ist ihm ein Dorn im Auge. Sowohl taktisch als auch menschlich genießt der Kroate innerhalb der Mannschaft und des Vereins höchsten Respekt.

Insofern ist auch das Argument, Kovac spreche weder Spanisch noch Französisch, nichts anderes als mediale Miesepeterei, wie sie praktisch bei jeder wichtigen Entscheidung beim FC Bayern zu Tage tritt. Eine leere These ohne Begründung, die sich bei genauerer Betrachtung leicht widerlegen lässt. War das denn nicht genau der vermeintlich große Pluspunkt bei Carlo Ancelotti? Auch er sprach fließend Spanisch, Englisch und Französisch. Was kam am Ende dabei raus? Kingsley Coman und Franck Ribéry fanden unter dem Italiener nicht statt, die spanische Fraktion hatte sich zu einem Grüppchen verschworen – in der Mannschaft stimmte es hinten und vorne nicht!

Der spanischen Sprache mächtig zu sein, ist für den neuen Bayern-Coach auch überhaupt nicht nötig. Wer sich genauer mit dem Bayern-Kader auseinandersetzt, der weiß, dass die Spanier ohnehin alle mindestens außreichend, teilweise sogar sehr gut Deutsch sprechen. Und von denjenigen, auf die das nicht zutrifft, darf man erwarten, dass sie sich die Sprache aneignen.

Es ist sicher nicht jeder mit Niko Kovac einverstanden. Dennoch: Er ist ein herausragender Trainer, einer mit Bayern-Format. Diese Chance hat er sich verdient.

Bernhard Lackner

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