FC Bayern – Thomas Tuchel stürzte über verärgerte Stars: "Hat sie links liegen lassen"

München - Neben Harry Kane und Jamal Musiala standen auch Leon Goretzka und Joshua Kimmich in der "Kicker-Elf" des vergangenen Spieltags. Jene zwei Spieler, die beim Kantersieg gegen Mainz für den 8:1-Endstand sorgten – Flanke Kimmich, Kopfball Goretzka. Tor. Für Goretzka war es Torbeteiligung Nummer vier in dieser Partie.
Schon beim 3:0-Erfolg gegen Lazio Rom überzeugte das Duo. Ein Duo, dem zuvor von Thomas Tuchel nicht das Vertrauen geschenkt wurde, wie es den Bayern-Buddies womöglich lieb gewesen wäre. Gleiches gilt für die Spieler Thomas Müller und Matthijs de Ligt, die in den vergangenen Spielen ebenfalls zu den Säulen des Münchner Aufschwungs zählten.
"Wieder ein klares System zu erkennen": Lothar Matthäus über die Tuchel-Entwicklung beim FC Bayern
"Beim FC Bayern war zuletzt wieder ein klares System und eine klare Positionierung zu erkennen. Die Spieler wissen jetzt, woran sie bei Thomas Tuchel sind", erklärt Lothar Matthäus in seiner Kolumne bei "Sky". Den Spielern hilft's, wie man den Ergebnissen der vergangenen Spielen entnehmen kann – allerdings erst seitdem das Tuchel-Aus im Sommer offiziell wurde.
Zuvor hatte er Spielern, die seiner Ansicht nach nicht in sein System passen, kaum Beachtung geschenkt. "Er hat keine Rücksicht auf Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Thomas Müller oder Matthijs de Ligt genommen, sondern er hat sie links liegen lassen", fasst Matthäus zusammen.

Verhältnis zwischen Thomas Tuchel und Joshua Kimmich stark belastet
De Ligt, der für fast 70 Millionen Euro als Bayerns künftiger Abwehrchef geholt wurde, spielte urplötzlich keine Rolle mehr. Dayot Upamecano und Min-jae Kim hatten zumeist die Nase vorne. Thomas Müller wurde zwar vor laufender Kamera immer wieder "als Top-Spieler" gelobt, die sogenannten "Müller-Spiele" gab es aber unter Tuchel viel zu selten – der Urbayer mutierte zum Edeljoker.
Und Kimmich und Goretzka zählten ohnehin nicht zu Tuchels Lieblingen. Beide waren Kritiker der Entlassung von Tuchels Vorgänger Julian Nagelsmann – beide soll Tuchel Berichten zufolge im Sommer zum Verkauf vorgeschlagen haben. Vor der Saison hatte der Bayern-Coach Kimmich und dessen Qualitäten als Abräumer vor der Abwehr öffentlich infrage gestellt. Der Zoff in den Bochumer Katakomben zwischen Kimmich und Tuchels Co-Trainer Zsolt Löw, sowie Tuchels abermals öffentliche Kritik nach dem Freiburg-Spiel, waren die negativen Höhepunkte der belasteten Beziehung zwischen Kimmich und dem Bayern-Coach.
Matthäus: Tuchel scheint seine "13, 14 Spieler gefunden zu haben, denen er vertraut"
Nun hat Tuchel eine Wandlung vollzogen. "Klarheit bringt Freiheit. Freiheit ist immer gut, sowohl zum Spielen als auch zum Trainieren", sagte der scheidende Coach des Rekordmeisters im Februar, nachdem sein Aus beschlossene Sache war. "Du brauchst bei den Entscheidungen nicht mehr abwägen, was das für eine Langzeitwirkung hat."
Und prompt hat der Noch-Coach der Münchner seine Achse, sein System bei den Bayern gefunden. "Tuchel hat für viele Entscheidungen lange gebraucht. Jetzt scheint er die 13, 14 Spieler gefunden zu haben, denen er vertraut", schreibt Matthäus in seiner Kolumne.
Lothar Matthäus: Fans wollen beim FC Bayern Spieler wie Thomas Müller spielen sehen
Darunter auch Abwehrchef de Ligt, Kimmich, der aktuell die Rolle des Rechtsverteidigers auslebt, Mittelfeldchef Goretzka und Müller, für den endlich die "Müller-Spiele" auch auf dem Platz stattfinden. "Diese Spieler zerreißen sich für den Verein, sie wollen immer ihr Bestes geben, und die Fans wollen diese Spieler sehen", so Matthäus. "Erfahrung, Charakter, Leidenschaft, Glaube, Miteinander und Professionalität sind wichtig."
"Er hat vielleicht zur Mannschaft gesagt: Ihr spielt und ihr macht. Vielleicht hat er das eingesehen", mutmaßte auch Ex-Bayern-Profi Dietmar Hamann bei "Sky 90" zuletzt: "Warum vorher nicht?" Passend ergänzte der frühere Nationalspieler Dennis Aogo: "Es zeigt, dass Tuchel sich reflektiert, und er vielleicht auch auf die Spieler gehört hat." Für Tuchel kommt diese Erkenntnis allerdings zu spät, im Sommer ist Schluss. Womöglich haben diese Personalien dem Bayern-Coach am Ende sogar den Job gekostet.