FC Bayern: Rückendeckung für Hoeneß

Die Anklage gegen Uli Hoeneß wird zugelassen. Doch obwohl der Präsident vor Gericht muss, sprechen ihm die Bayern das Vertrauen aus – und bauen sogar schon vor.
Patrick Strasser |
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Pilsen - Von Bundeskanzlerin Angela Merkel gab es gestern: keinen Kommentar. Außer diesen: „Der Rechtsstaat nimmt seinen Lauf“, ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel über ihren Sprecher Steffen Seibert ausrichten. Zum Fall Uli Hoeneß.

Seit Montag ist klar: Die Anklage gegen den Bayern-Präsidenten wegen Steuerhinterziehung ist von der Wirtschaftsstrafkammer des Münchner Oberlandesgerichts vollumfänglich zugelassen. Prozessbeginn ist am 10. März 2014. Vier Verhandlungstage, vier Zeugen werde vernommen.

Hier geht´s zur Sportumfrage: Darf Uli Hoeneß Aufsichtsratschef bleiben?

Manchmal liegen nur wenige Stunden zwischen Banalem und Essentiellem. Hoeneß (61) erlebte das am Montag, am Abreisetag seines Vereins zum Champions-League-Spiel am Dienstag in Pilsen.

Flughafen München, 9.45 Uhr: Der Präsident ist entspannt, locker. Die Reporter umringen ihn. Es geht um Pilsen, Pep und Dortmund – nicht um ihn und seinen Steuer-Prozess. „Pep ist ein Perfektionist. Wenn es nicht ganz so läuft, wie er es sich vorstellt, dann stellt er gewisse Dinge infrage“, sagt er und lächelt. Hinter ihm verteilt Bayern-Maskottchen Bernie im Bärenkostüm Schals für Mitreisende. Was für ein Konzept brauche man für das Spiel am 23. November in Dortmund? Hoeneß antwortet, da müsse man nur eines „auf die Tafel schreiben: BVB!“ Er freut sich über den kleinen Gag und marschiert seine Lederreisetasche in der Hand zum Security-Check.

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Dreieinhalb Stunden später, 13.25 Uhr: Pilsen, das Mannschaftshotel „Golden Fish“. Die Nachricht des Tages ist raus. Kaum jemand interessiert sich für Pep und die Spieler. Die Reporter umringen Hoeneß, bedrängen ihn. Er sieht mitgenommen aus, die Lockerheit ist verflogen. Aber er stellt sich, sagt: „Ich bin überrascht, dass die Selbstanzeige nicht als wirksam erachtet wurde. Wir werden bis zum Prozess im März alles dafür tun, um das Gericht von unseren Argumenten zu überzeugen.“ Zuvor hatte er gesagt, er sei „sehr überrascht“.

Hoeneß hatte beim Finanzamt Anfang des Jahres Selbstanzeige wegen eines nicht ordnungsgemäß deklarierten Kontos in der Schweiz erstattet – rechtzeitig? Nun kommt's zum Prozess. Zum möglichen Strafmaß sagte der zuständige Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich der AZ: „Geld- oder Freiheitsstrafe, der gesetzliche Strafrahmen reicht da von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Die Höchststrafen werden aber nur in seltenen Ausnahmefällen verhängt.“

Der FC Bayern hatte eine Stellungnahme verschickt. Tenor: Hoeneß darf seinen Aufsichtsratsvorsitz zunächst behalten. Das Gremium sei „einvernehmlich der Meinung, dass Hoeneß das Amt trotz der nun erfolgten Eröffnung des Hauptverfahrens weiter ausüben soll“. Man habe ein Rechtsgutachten über die Pflichtenlage des Aufsichtsrats in diesem Fall eingeholt.

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Somit hat man Hoeneß das Vertrauen ausgesprochen und bereits für den Fall einer Verurteilung vorgebaut. Grund: Die Verfehlung sei privat. Das Gesetz kenne „für Mitglieder des Aufsichtsrats kein Amtsverbot wegen einer strafrechtlichen Verurteilung. Vielmehr gebe es hinreichend Beispiele für Fälle, in denen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder selbst börsennotierter Gesellschaften ihr Mandant behalten haben, obwohl ihnen der Vorwurf gemacht wurde, in anderen Lebensbereichen strafrechtliche Pflichten verletzt zu haben.“

Auch eine „zero-tolerance“-Politik der im Bayern-Aufsichtsrat vertretenen Vorstandsmitglieder von Groß-Unternehmen (Audi, VW, Adidas, etc.) gäbe es nicht. Ein Prozess gegen Hoeneß? Bayern sagt: Na und! Hoeneß sagte in Pilsen: „Aufsichtsrat, Verwaltungsbeirat und Fans haben mir von Anfang an den Rücken gestärkt, das hat mir und meiner Familie in den letzten schweren Monaten sehr geholfen.“

Die Mannschaft, so Bastian Schweinsteiger, will ihm „den größten Gefallen tun, wenn wir unsere Spiele gewinnen.“ Franz Beckenbauer meinte: „Wir sollten niemanden verurteilen, der mal einen Fehler gemacht hat. Selbst die katholische Kirche gewährt eine zweite Chance.“

 

 

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