FC Bayern redet CL-Aus schön: Wo ist denn das Mia san mia hin?

Der FC Bayern gab in dieser Saison nicht nur auf dem Platz nicht immer das beste Bild ab. Die Verantwortlichen verwundern nach dem Aus in der Champions League mit ihren Aussagen. Ein Ex-Spieler übt deutliche Kritik an der Klubführung.
von  Bernhard Lackner
Bosse des FC Bayern: Oliver Kahn (l.) und Hasan Salihamidzic
Bosse des FC Bayern: Oliver Kahn (l.) und Hasan Salihamidzic © IMAGO / Sven Simon

München - Dem FC Bayern droht ein Führungsproblem. Nach der ersten kompletten Saison ohne die beiden Gallionsfiguren Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, die den Klub über Jahrzehnte hinweg entscheidend geprägt haben, stehen die Münchner lediglich mit der Meisterschaft da. An sich keine Schande, wäre da nicht die Art und Weise des Ausscheidens in DFB-Pokal und Champions League.

Nicht nur die Mannschaft, sondern auch die Klubführung um Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic sorgt teilweise für Verwunderung. Während sich letzterer im Rahmen des Viertelfinals in der Königsklasse einmal mehr überhaupt nicht öffentlich äußerte und derzeit (wie so oft) auf Tauchstation ist, versuchte Kahn das völlig enttäuschende Aus schönzureden. 

FC Villarreal zu unbequem: Oliver Kahn redet CL-Aus schön

Man könne der Mannschaft keinen Vorwurf machen, schließlich habe sie alles gegeben, meinte der einstige Weltklasse-Keeper nach dem Remis gegen die Spanier. "Es gibt nicht viele unangenehmere Mannschaften als Villarreal, gegen die man spielen kann", so Kahn. Im Gegensatz zu Uli Hoeneß, der nach einer solchen Enttäuschung wohl mit hochrotem Kopf losgepoltert hätte, wirkte der Vorstandsboss einmal mehr seltsam unterkühlt.

Tatsächlich hat sich die Truppe von Trainer Unai Emery in beiden Partien äußerst achtbar geschlagen, ein bisserl mehr Selbstkritik hätte es nach dem Aus gegen den Tabellensiebten (!) aus Spanien aber dann schon sein dürfen. Von der berüchtigten "Mia san mia"-Mentalität war am Dienstagabend jedenfalls nicht viel zu hören und auch nicht zu sehen.

Etwas kritischer war dagegen Trainer Julian Nagelsmann, der "nach einer der drei bittersten Niederlagen meiner Trainerkarriere" sichtlich angefasst wirkte. Doch auch er sorgte mit seiner Einschätzung der Partie teilweise für Stirnrunzeln. "Heute haben wir es sehr gut gemacht, es war eines der besten Spiele der vergangenen Monate", meinte der 34-Jährige. Das sagt wohl mehr über die vergangenen Monate aus als über die Leistung am Dienstag.

Bayern hat gegen Villarreal viele Abschlüsse, bleibt aber ungefährlich

Wobei im Vergleich zu den biederen Vorstellungen im Hinspiel (0:1) und gegen den FC Augsburg (1:0) durchaus eine Steigerung erkennbar war. Die Bayern gaben von Beginn an den Ton an und setzten auf volle Offensive, während Villarreal enorm defensiv stand und mit seinem Zeitspiel immer wieder den Rhythmus aus dem Spiel nahm.

Am Ende hatten die Bayern zwar deutlich mehr Abschlüsse zu verzeichnen, wirklich gefährlich wurde davon aber kaum einer. Die 23 abgegebenen Schüsse reichten gerade einmal einen Expectet-Goals-Wert von 1,4. Statistisch wäre ein zweiter Treffer also durchaus glücklich gewesen. Zu wenig für das bis dato wichtigste Spiel der Saison.

Nagelsmann die Schuld für die insgesamt eher enttäuschende Saison der Bayern zu geben, wäre allerdings nicht fair. Der Trainer hatte in seiner ersten Spielzeit mit extrem schwierigen Bedingungen zu kämpfen und musste Brandherde wie die Impf-Debatte um Joshua Kimmich, den Zoff mit den Fans wegen des Katar-Sponsorings und die immer wiederkehrenden Vertragsfragen in der Öffentlichkeit fast ausschließlich alleine moderieren. Kahn und Salihamidzic, die als Bosse eigentlich zu derlei Themen Stellung beziehen müssten, verloren sich bei kritischen Fragen regelmäßig in Floskeln – sofern sie sich denn überhaupt öffentlich dazu äußerten.

Hamann kritisiert Bayern-Führung: "Alles schwimmt nur so vor sich hin"

Vom ehemaligen Bayern-Spieler Dietmar Hamann gibt es daher deutliche Kritik an der Führungsriege der Münchner, denen die fehlende Erfahrung beim Management eines Fußball-Giganten wie dem FC Bayern im Vergleich zu Hoeneß und Rummenigge deutlich anzumerken ist. "Das größte Problem ist die Führungsschwäche. Das begann mit der Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr. Keiner übernimmt Verantwortung, und genauso spielen sie auch Fußball", monierte der ehemalige Mittelfeldspieler in seiner Kolumne bei "Sky".

Er nimmt dabei vor allem seinen ehemaligen Teamkollegen Kahn in die Pflicht. "Die Selbstfindungsphase muss endlich abgeschlossen sein. Oliver Kahn muss sich zu gewissen Themen zu Wort melden und verbal Akzente setzen", so Hamann. Seine fehlende Führungsstärke färbe zudem auf die Mannschaft ab: "Man muss wieder klare Kante zeigen und diese auch nach außen kommunizieren. Aber das passiert nicht und alles schwimmt nur so vor sich hin."

Klar ist: Nach einer Saison mit nur einem Titel müssen sich die Verantwortlichen auch selbst äußerst kritisch hinterfragen. Sonst droht ausgerechnet dem FC Bayern ein Führungsproblem.

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