FC Bayern: Oranje-Spaß in rot

Bayerns Holländer in bester Laune: Kunstschütze Robben, der beim Jubeln verletzungsanfällige Trainer van Gaal und der immer souveränere Kapitän van Bommel sorgen für das Dauerhoch. Das 3:0 gegen Mainz war der siebte Liga-Sieg in Serie
MÜNCHEN Früher rissen sich die Spieler das Trikot vom Leib, zeigten Mukkis, Tattoos oder Unterhemdgrüße an die Liebste. Das war einmal. Seit die Fußballtechnokraten der Verbände den Jubelstrip mit einer Gelben Karte sanktionieren lassen, halten sich die Profis zurück. Auch sonstige arg extrovertierte Feierarien sind nicht mehr in Mode, alles schon mal dagewesen.
Nun sollten sich Uefa und Fifa jedoch Gedanken machen, die Trainer besser zu schützen. Denn das Bespringen des eigenen Übungsleiters mit Anlauf, bei dem eine Verletzung dieser zumeist älteren Herren billigend in Kauf genommen wird, steht noch nicht unter Strafe. Und welcher Trainer kann dazu schon nein sagen? Solch ein Partykiller, solch ein Spaßverderber, würde nicht gut ankommen bei Fans und Medien.
Also machte Louis van Gaal gute Miene zum neuen Spiel. Tor Robben – und auf ihn mit Gebrüll. Ein Raunen ging durch die Arena. Es stand 3:0, Mainz war längst erledigt. Der Schnee fiel, und es beschäftigte die Zuschauer in jenen Sekunden nach dem Freistoß-Tor von Arjen Robben nur die Frage, ob der Coach stehen bleiben würde. Es ist der running Gag der Bayern 2010: Robben schießt, trifft, zeigt Richtung Bank und sprintet. Erfolg kann weh tun. „Ich habe eine Verletzung an meinem Oberschenkel, und ich muss sehr ruhig machen, auch bei einem Tor“, sagte van Gaal und meinte: „Da kommt der Robben wieder zu mir, so hatte ich ein bisschen Angst – und ich habe mich ein bisschen zurückgezogen.“
Er humpelte zurück zur Bank. Den Muskelfaserriss hatte er sich vor einer Woche zugezogen, als er im Spaß flüchtete und ins Straucheln kam. Dabei hatte der 58-Jährige am Samstag noch Glück im (Tor-)Glück. Denn es war Robben, nur 75 kg leicht, der zum Jubelsprung in des Trainers Arme, nicht Daniel van Buyten (96 kg) oder Mario Gomez (86 kg), die Schützen der anderen Tore. „Ich sollte das besser nicht tun, dann bekommt der Trainer Probleme bei meinem Gewicht“, meinte der Abwehrchef. „Andersherum wäre es besser.“ Die haben Sorgen!
Begründung: Die haben Spaß! Vor allem die Holländer. Oranje ist die Spaßfraktion der Bayern. Van Gaal, van Bommel und Unterhosen-Künstler Robben. Der Kapitän spielt seine stärkste Saison, schon fordert Ehrenpräsident Franz Beckenbauer eine Vertragsverlängerung. Und Robben steht für die große Show – nicht mehr Franck Ribéry (siehe nächste Seite). Es war der dritte Sieg in der Rückrunde, der siebte Liga-Erfolg in Serie, der neunte im neunten Pflichtspiel. „Wir haben unser bestes Heimspiel gezeigt“, betonte van Gaal.
Da kann man es schon mal lockerer angehen lassen. Schon vor Anpfiff stand fest, dass am Montag und Dienstag trainingsfrei ist – für die Vorbereitung auf die Partie bei Meister VfL Wolfsburg am Samstag werden schon drei Tage reichen. Das ist mia san mia. „Ich denke, dass wir selbst für uns die größte Gefahr sind und nicht der Gegner“, sagte van Gaal. Die Lässigkeit beim Elfer von Keeper Butt, der zunehmende Frust von Ersatzspieler Ribéry und dem Rest der Bankdrücker – und nicht zu vergessen die neue Jubellust. Bayern ist sich selbst der größte Feind auf dem Weg zum 22. Titel.
„Ich verstehe nicht, warum der Trainer aufsteht beim Jubeln. Er sollte besser sitzen bleiben“, meinte van Bommel und grinste. Ob er schon an den 8. Mai denkt, an den Tag der möglichen Meisterfeier? Viel Spaß bei der Weißbierdusche, Herr van Gaal. Flüchten ist zwecklos.
Patrick Strasser