FC Bayern: Ode an den Neuer

Neuer steht mit seinem Stil, der an Handball und Eishockey erinnert, für die Evolution auf der Torhüterposition. Für Schriftsteller Ostermaier ist er der „Beste der Welt”
J. Galinski, Ch. Stadtler |
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Bayerns Torwart steht mit seinem Stil, der an Handball und Eishockey erinnert, für die Evolution auf der Torhüterposition. Für Schriftsteller Albert Ostermaier ist er der „Beste der Welt”

MÜNCHEN - Albert Ostermaier hat sie schon zahllose Male erlebt, „die Ur-Szene des Torhüters, in der der Widerspruch dieser Position ganz deutlich wird.” Ein Spieler läuft mit dem Ball alleine auf das Tor zu, der Torwart stellt sich ihm entgegen. Der Münchner Star-Schriftsteller, zuletzt Gewinner des Bertolt-Brecht- und des Welt-Literaturpreises, ist selbst Torwart – in der Autorennationalmannschaft.
„Das ist das Schizoide unserer Position”, sagt Ostermaier, „eigentlich willst du kein Tor kriegen, aber gleichzeitig suchst du die Situationen, in denen du dich beweisen kannst.”

Bayerns Nationaltorwart Manuel Neuer hat so eine Situation am Sonntagabend gegen den FC Augsburg perfekt gelöst. FCA-Stürmer Edmond Kapllani lief in der 83. Minute alleine auf das Münchner Tor zu und versuchte, den Ball halbhoch an Neuer vorbeizuschieben. Der ging in den Spagat, spannt die Arme so weit es ging, wehrte den Ball mit der linken Hand ab und rettete dem FC Bayern das 2:1.
„Die Technik ist fragwürdig”, moserte Ex-Nationaltorhüter Jens Lehmann bei Sky90 nach der Parade. Fragwürdig mag sie allerdings vielleicht für einen 42-jährigen Ex-Torwart der alten Schule sein – denn Neuer prägt einen gänzlich neuen Stil, die Evolution des Torwartspiels. Und dafür schaut er auch gerne von anderen Sportarten ab.

Handball-Legende Stefan Hecker, der zusammen mit Andreas Thiel, seinem kongenialen Nationalmannschafts-Partner der 80er Jahre, das Torwart-Buch „Halten wie wir” herausgebracht hat, ist es sofort aufgefallen: „Das war eine typische Handball-Bewegung. Wenn ein Handballspieler alleine Richtung Tor kommt, macht der Torwart eine solche Bewegung: Dieses extreme Großmachen. Das gerätst du als Stürmer unter Druck.”

Aufplustern, so viel Platz wie möglich einnehmen, den Angreifer einschüchtern – das machen auch die Eishockey-Torhüter. Von ihnen hat sich Neuer auch eine ganz wichtige Tugend abgeschaut: Schmerzresistenz. „Wir setzen bei unseren jungen Torhütern auf die Tennisballmaschine”, sagt Ex-Nationaltorhüter Peppi Heiß, jetzt Assistenz- und Torwarttrainer beim EHC. „So lernen sie, dass es gar nicht schlimm ist, wenn man mal was abbekommt.” Später lassen sich die meisten modernen Torhüter dann bei einem Schuss auf die gespreizten Knie fallen und heben – so wie Neuer in Augsburg – beide Arme. „Man versucht sich, anschießen zu lassen.”

Eben wie Neuer. Der nimmt in Kauf, einen Schuss abzukriegen – wenn er ihn dafür hält. Auch beim Herauslaufen geht er keine Kompromisse ein: Gegen Augsburg räumte er Stürmer Sascha Mölders ab, als er einen Steilpass mit dem Kopf klärte. „Ein Torwart muss diese Dinge ohne Rücksicht machen”, sagt Ostermaier. Mölders krümmte sich nach dem Crash vor Schmerzen am Boden. „Mit Vernunft hat das allerdings natürlich nichts zu tun”, sagt Ostermaier, „was ist schon vernünftig daran, sich einem Gegenspieler zwischen die Schienbeine zu werfen?”

Genau wie Neuer (2009 mit der U21) ist Bayern-Fan Ostermaier Europameister – mit der Autorennationalmannschaft 2010. Im Finale hielt er zwei Elfmeter – und gehört in seinem Metier der kickenden Schriftsteller zu den besten. Fast so wie Manuel Neuer. Denn der, sagt Ostermaier, „ist der Beste der Welt.”
 

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