FC Bayern München: Jerome Boateng und das Tor für die Seele

Große Tat, großes Gefühl: Jérôme Boateng trifft beim 2:1 gegen Borussia Dortmund erstmals seit über zwei Jahren wieder für den FC Bayern. Dabei war der Verteidiger schon mal unabkömmlicher.
von  Thomas Becker
Luftsprung: Jérôme Boateng nach seinem Treffer zum 1:0.
Luftsprung: Jérôme Boateng nach seinem Treffer zum 1:0. © imago

München - Eigentlich hätte Jérôme Boateng nach getaner Tat schnurstracks zu Mats Hummels laufen und ihn ordentlich abklatschen müssen. Denn wenn sich der Ex-Dortmunder vor dem ewigen Prestige-Duell gegen den BVB (2:1) nicht einen Jahresendschnupfen eingefangen hätte, wäre Boateng womöglich wieder nur ein Platz auf der Ersatzbank geblieben. So aber war er von Beginn an dabei, beim atemraubenden Sturmlauf seiner Bayern in der Anfangsviertelstunde auch mit nach vorne in den BVB-Sechzehner - und war schließlich derjenige, der endlich die Bude machte.

Arturo Vidal hatte per Flugkopfball die Latte getroffen (3. Minute), Robert Lewandowski statt einfach in die lange Ecke zu schieben einen allzu eleganten Lupfer versucht (11.), doch schon in der folgenden Minute schlug Jerome Boateng zu - per Kopf. Niklas Süles Kopfball hatte BVB-Keeper Bürki gegen die Latte gelenkt, den Abpraller versenkte Boateng geschickt mit einem Kopfstoß gegen Bürkis Laufrichtung. Sein erster Bayern-Treffer seit mehr als zweieinhalb Jahren!

Am 21. April 2015 hatte Boateng das 2:0 gegen den FC Porto erzielt, ebenfalls per Kopf. Wie lange das her ist, erkennt man an seinen Mannschaftskollegen: Die hießen unter anderen Pepe Reina, Dante, Mitchell Weiser, Gianluca Gaudino, Sebastian Rode, Bastian Schweinsteiger und Claudio Pizarro. Die Vorarbeit zu seinem Treffer leistete ein gewisser Holger Badstuber. Verdammt lang her. Sein Treffer war damals Teil eines rauschenden Festes, das letztlich 6:1 endete. 3:1 hatten die Bayern das Viertelfinalhinspiel in Portugal verloren, doch dann drehte der deutsche Meister den Spieß in der Allianz Arena nochmal aufs Eindrücklichste um, auch dank Boateng.

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An dieses Niveau konnte das Pokalspiel gegen Dortmund nun nicht anknüpfen, aber wie wichtig dieser Treffer für die Seele des Bayern-Verteidigers war, wurde bei seinem Jubel an der Torauslinie deutlich: Viel Temperament und vielleicht auch eine Portion Wut war da zu erkennen. Denn Boateng war schon mal unabkömmlicher.

Nicht zum ersten Mal dachte er unlängst laut über einen Vereinswechsel nach. Sein Vertrag läuft noch bis 2021. Im Sommer hatte er ein Gespräch mit den Verantwortlichen, darüber, wie sie ihn sehen. Boateng: "Ich habe gesagt, dass ich mir Gedanken mache." Dass in dem jungen Hoffenheimer Niklas Süle ein in etwa baugleicher Innenverteidiger verpflichtet wurde, könnte er auch als Misstrauensantrag verstanden haben.

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Unter Carlo Ancelotti hatte er auch nicht gerade den leichtesten Stand. Verletzungsbedingt brachte es der Innenverteidiger in der vergangenen Saison unter dem Ex-Bayern-Coach nur auf 21 Pflichtspiele. Sein Marktwert fiel erstmals seit dem Sommer 2011 - derzeit liegt er laut transfermarkt.de bei 38 Millionen Euro, stand aber auch schon mal bei 45 Millionen.

Schuld daran ist auch die zunehmende Zahl der Verletzungen. 111 Tage hatte er zu Saisonbeginn mit Oberschenkelproblemen gefehlt, im November dann wieder zwei Wochen. Er wolle künftig "ein bisschen mehr auf meinen Körper hören und nicht aus Ehrgeiz unbedingt weitermachen, wenn etwas ist", sagte Boateng, "so viele Jahre in diesem Rhythmus: Das kann nicht komplett spurlos an einem vorbeigehen. Wir spielen ja nicht nur, wir fliegen zwischendurch mal eben nach China, sind ständig auf Tour, dann sagt der Körper halt mal: Ich bin auch noch da!"

So wie Boateng nun gegen Dortmund da war.

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