FC Bayern München gegen Real Madrid: Bayern braucht einen Gala-Abend von Lewandowski
München - AZ-Interview mit Christoph Metzelder. Der 37-Jährige verteidigte von 2007 bis 2010 für Real Madrid. Mittlerweile arbeitet der Ex-Nationalspieler als Experte für Sky.
AZ: Herr Metzelder, nach dem 1:2 des FC Bayern im Hinspiel gegen Real Madrid sprach Franz Beckenbauer von einem „Real-Komplex“. Jetzt spielt man im Bernabéu, wo 90 Minuten bekanntlich sehr lang sein können. Können Sie Bayern noch Hoffnung machen?
CHRISTOPH METZELDER: Hoffnung macht die Situation des vergangenen Jahres. Da gab es ähnliche Nackenschläge in beiden Partien, ein verschossener Elfmeter für Bayern im Hinspiel (von Arturo Vidal, d.Red.), Gelb-Rote Karten für Javi Martínez und Vidal, Robert Lewandowski war im Hinspiel gar nicht dabei, im Rückspiel nicht richtig fit. Manuel Neuer hat einen Mittelfußbruch erlitten. Und trotzdem haben sie es geschafft, in den 90 Minuten der regulären Zeit im Rückspiel den 1:2-Rückstand (Endstand: 4:2 n.V. für Real, d. Red.) aus dem Hinspiel aufzuholen. Das traue ich den Bayern auch diesmal zu. Sie sind nicht chancenlos.
Sie haben selbst bei Real gespielt. Welche Atmosphäre wird die Bayern am Dienstagabend erwarten?
Kein Verein definiert sich so über die Champions League wie Real Madrid. Das ist tief in der DNA dieses Klubs verankert, dieser Titel überstrahlt alles. Deshalb ist das Publikum, das in der Liga eher reaktiv die Spiele ansieht, am Dienstag ein anderes. Es wird eine Choreo geben, die Fans werden die Mannschaft 90 Minuten nach vorne peitschen. Für diese Spiele leben die Mannschaft, der Verein, die Fans.
Metzelder: Real Madrid hat eine besondere Mentalität in der CL
Beim Hinspiel in München hat Real spielerisch nicht überzeugt. Wird das im Bernabéu anders sein?
Es ist ungewöhnlich für Real, dass sie so im Kollektiv verteidigen. Spieler wie Modric oder Kroos waren den Großteil des Spiels damit beschäftigt, Defensivarbeit zu verrichten. Das mag diese Mannschaft nicht gerne, da leiden sie. Aber es haben sich alle in den Dienst der Mannschaft gestellt, trotzdem musste sie viele Chancen zulassen. Eigentlich ist die Haltung von Real Madrid, im Heimspiel auf Sieg zu spielen und auf die eigene Offensivstärke zu setzen.
Was in München nicht der Fall war, Bayern hatte deutlich mehr Torchancen. Trotzdem ging der Sieg an Real. Ist das der Unterschied, dass Madrid in diesen Situationen einfach cleverer ist?
Real Madrid hat in den vergangenen Jahren – und nur so kann man zweimal hintereinander die Champions League gewinnen – in diesem Wettbewerb eine besondere Mentalität.
Bei Bayern wird Jérôme Boateng fehlen und von Niklas Süle ersetzt. Ist er dem Druck auswärts gewachsen?
Da mache ich mir relativ wenig Sorgen, auf dieser Position wird Bayern einigermaßen in der Lage sein, den Ausfall eins zu eins zu ersetzen. Rafinha war bisher auch ein Muster an Beständigkeit, bis auf diesen kapitalen Fehlpass im Hinspiel. Erneut auf Alaba verzichten zu müssen, wäre ein schwerer Schlag. Ebenso ist es beim Ausfall von Arjen Robben. Im Hinspiel war Franck Ribéry der Protagonist, Robert Lewandowski war in der Mitte sehr, sehr gut markiert. Es wäre gut gewesen, mit Robben auf der anderen Seite ein Pendant zu Ribéry zu haben. Thomas Müller ist ein anderer Spielertyp, der in Szene gesetzt werden muss. Robben und Ribéry kreieren dagegen Spielsituationen.
Auf beide Stürmer wird es wieder ankommen
Wer kann – und muss – bei Bayern in solch einem Spiel den Unterschied ausmachen?
Ganz klar liegt der Fokus auf Robert Lewandowski. Das Hinspiel war ja zum Duell der beiden Toptorjäger, Lewandowski und Cristiano Ronaldo, hochstilisiert worden. Beide waren völlig abgemeldet. Um ein 1:2 im Bernabéu in einem Champions-League-Halbfinale zu drehen, braucht Bayern Lewandowski mit einem Gala-Abend.
Ronaldo hatte in München kaum Ballkontakte und Chancen. Gelingt es Bayern noch einmal, ihn so auszuschalten?
Er spielt mittlerweile in einer zentraleren Position, ist dort weitgehend von Defensivaufgaben befreit und hat Raum, Luft und Kraft, die wenigen Situationen auszuspielen. Nur ein Millimeter Raum reicht ihm schon. Es ist fast davon auszugehen, dass in einem Spiel, in dem die Bayern auch das Risiko erhöhen werden, sich diese Räume ergeben werden. Und da hat er eine unfassbare Effizienz und Qualität.
Abschließend: Ihr Tipp?
Ich bin ja nicht objektiv, bin Mitglied von Real Madrid. In Gänze, das habe ich schon vor dem Hinspiel gesagt, wird Real sich durchsetzen.
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