FC Bayern München: Gegen Hertha BSC Berlin muss Willy Sagnol liefern

Zumindest am Sonntag im Auswärtsspiel bei Hertha BSC sitzt Willy Sagnol auf der Bayern-Bank. Und dann? Sportdirektor Hasan Salihamidzic: "Wir brauchen einen Trainer, der alle Probleme, die wir haben, anpackt und gute Lösungen findet."
München - Um 16 Uhr betrat Willy Sagnol am Freitagnachmittag den Trainingsplatz an der Säbener Straße. Erstmals als Cheftrainer – allerdings nur auf Zeit. Spätestens Mitte Oktober wollen die Bayern-Bosse nach der Entlassung von Carlo Ancelotti den neuen Häuptling der Profi-Abteilung präsentieren.
Sagnol, die Interimslösung, seit Sommer Co-Trainer in München, hat als ehemaliger Profi Stallgeruch. Nun muss der Franzose sich bei seiner Ein-Spiel-Aufgabe am Sonntag bei Hertha BSC (15:30 Uhr, Sky und im AZ-Liveticker) beweisen. Währenddessen läuft die Suche im Sinne einer großen Lösung mit dem derzeit vereinslosen Thomas Tuchel als Favoriten.
"Wir brauchen einen Trainer, der alle Probleme, die wir haben, anpackt und gute Lösungen für den FC Bayern findet", sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic am Nachmittag vor dem Training, ohne konkret zu werden. Auf mehrmaliges Nachfragen betonte er im Namen seiner Bosse Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge trotzig: "Wir sind keine Amateure, wir sind Vollprofis. Wir werden versuchen, den besten Trainer für den FC Bayern in diesem Moment finden."
Sportliche Lösungen muss nun Sagnol finden, der für das Spiel am Sonntag in Berlin keine neuen Assistenten an die Seite gestellt bekommt. Lediglich zwei Physiotherapeuten beziehungsweise Reha-Trainer (Holger Broich und Thomas Wilhelmi) sowie Torwart-Trainer Toni Tapalovic, der einzige nicht entlassene Coach aus dem Ancelotti-Stab, sitzen mit auf der Bank.
Sagnol als Spieler? "Er war manchmal auch furchtbar stur"
Nach AZ-Informationen soll Sagnol auch nicht am Samstag auf der sonst üblichen Pressekonferenz vor dem Spieltag sprechen und sich lieber auf seine – wohl einmalige – Aufgabenstellung konzentrieren. Willy will’s wissen. Ob ihn die Fans wie zu seiner aktiven Zeit als stürmender Rechtsverteidiger in München, neun Jahre ab 2000, nun wieder mit den langgezogenen "Willyyy"-Rufen feiern werden?
Der ehemalige Coach von Girondins Bordeaux (2014-2016), seiner ersten Profistation nachdem er beim französischen Verband als Sportdirektor sowie U20- und U21-Trainer gearbeitet hatte, beachtet bei seiner Arbeit als Trainer drei Leitsätze, die er in diesem Jahr in Interviews formulierte.
Erstens, sehr pragmatisch, aber dem Geist der aktuellen Fußballwelt entsprechend: "Trainer denken in Projekten." Zweitens, und damit trifft er bei Nostalgiker Uli Hoeneß, der das Aufleben des "Mia san mia" im Verein nach seiner Rückkehr ins Präsidentenamt betont hatte: "Für mich ist Fußball immer eine Frage der Identifikation."
Als er im Juli bei seiner Rückkehr an die Säbener Straße vorgestellt wurde, betonte er, "wieder zu Hause" zu sein. Gemeinsam mit seiner Frau Gwendoline, einer ehemaligen Sekretärin von Uli Hoeneß und den vier Kindern, zwei sind aus einer früheren Beziehung. Bei der Hochzeit von Willy und Gwen im Frühjahr 2009 in St. Tropez war auch Kumpel Bastian Schweinsteiger zugegen.
Sagnols dritter Leitsatz: Die Erfahrung macht's. "Auch Guardiola, Mourinho, Capello, Ancelotti oder Blanc lernen jeden Tag." Von seinen früheren Bayern-Trainern habe er versucht, deren beste Eigenschaften zu übernehmen, "von Ottmar Hitzfeld das Management einer Mannschaft, von Felix Magath die Disziplin".
Und doch will Sagnol seinen eigenen Weg gehen. Der 40-Jährige war schon als Spieler mit einer ordentlichen Prise Eigensinn ausgestattet, "manchmal auch furchtbar stur", wie ihn Hoeneß charakterisierte. Was Hoeneß an Sagnol schätzt: "Einer, der querdenkt, mit ihm konnte man auch mal darüber philosophieren, was das Leben sonst noch bringt."
Als Trainer, so sagen Spieler wie Diego Contento, den er 2104 von Bayern nach Bordeaux geholt hatte, sei Sagnol "klar in der Ansprache, fair, direkt und prinzipientreu".
Am Sonntag muss er liefern. "Ich erwarte eine ganz klare Reaktion von der Mannschaft", sagte Salihamidzic. Klarer Hinweis an Kumpel Willy, mit dem er 2001 die Champions League gewann.
Sagnols Karrierestationen
Spieler: AS Saint-Etienne (1995-1997), AS Monaco (1997-2000), FC Bayern (2000-2009), 59 Länderspiele für Frankreich
Erfolge: Vize-Weltmeister 2006, Confed-Cup-Sieger 2003 und 2001, Weltpokalsieger und Champions-League-Sieger 2001, 5x deutscher Meister, 4x DFB-Pokal-Sieger, französischer Meister 2000
Trainer: Frankreich U20 (2013), Frankreich U21 (2013-2014), Girondins Bordeaux (2104-2016), Co-Trainer FC Bayern (seit Juni 2017)