FC Bayern München: Die Gründe für den Rausschmiss von Carlo Ancelotti

Bayern feuert Ancelotti nur einen Tag nach dem 0:3-Debakel in Paris. "Wir mussten eine Entscheidung im Sinne des Vereins treffen", begründet Rummenigge den Rausschmiss.
von  Patrick Strasser
Das war's. Carlo Ancelotti verlässt die Tiefgarage des FC Bayern. Der Italiener ist nicht mehr länger Trainer des FC Bayern München.
Das war's. Carlo Ancelotti verlässt die Tiefgarage des FC Bayern. Der Italiener ist nicht mehr länger Trainer des FC Bayern München. © Andreas Gebert/dpa

Bayern feuert Ancelotti nur einen Tag nach dem 0:3-Debakel in Paris. "Wir mussten eine Entscheidung im Sinne des Vereins treffen", begründet Rummenigge den Rausschmiss.

München - Das war’s dann. Ciao, Carlo! Der Italiener Carlo Ancelotti (58) ist beim FC Bayern Geschichte. Am Donnerstag um 15.45 Uhr gab der Verein nach einer Krisensitzung, die unmittelbar auf den Rückflug von Paris folgte, die Trennung bekannt. Nie verlor ein Bayern-Trainer früher in der Saison seinen Job. Und nie während der Wiesn.

"Die Leistungen unserer Mannschaft seit Saisonbeginn entsprachen nicht den Erwartungen, die wir an sie stellen. Das Spiel in Paris hat deutlich gezeigt, dass wir Konsequenzen ziehen mussten“, erklärte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge als Reaktion auf das demaskierende 0:3 bei Paris St. Germain in der Champions League am Vorabend. Schon auf dem Mitternachtsbankett hatte Rummenigge geschimpft: "Das, was wir gesehen haben, war nicht Bayern München.“ Nach einer Vorführung, einer Blamage. Einem 0:3, bei dem Bayern noch gut bedient war.

"Carlo ist mein Freund und wird es bleiben, aber wir mussten hier eine professionelle Entscheidung im Sinne des FC Bayern treffen.“ Auch Ancelottis Betreuerteam wurde freigestellt. Es übernimmt Willy Sagnol, seit Saisonbeginn als Co-Trainer Ancelotti an die Seite gestellt. Der Franzose, von 2000 bis 2009 bei Bayern aktiv, vom Verein ausdrücklich als "Interimstrainer“ bezeichnet, ist für die Partie am Sonntag bei Hertha BSC verantwortlich.

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Das Prestigespiel besiegelt das Aus

Das "Prestigespiel“ bei PSG, das "Duell neureich gegen altreich“, beides Rummenigge-Wortschöpfungen, wurde zu Bayerns Armutszeugnis und besiegelte das Aus von Ancelotti.

Woran ist der Italiener, der seit 2016 im Amt war und in seiner ersten Saison zwar die Meisterschaft gewann, aber in der Champions League bereits im Viertelfinale gegen Real Madrid ausschied, gescheitert?

Seine Wurstigkeit: Bei seiner Verpflichtung Ende 2016 priesen die Bayern-Bosse Ancelottis Bärenruhe, seine Kunst, mit Superstars zu können. Er sollte ein Moderator sein, den Verein nach drei für alle Beteiligten anstrengenden Jahren mit dem Detail-besessenen Pep Guardiola beruhigen. Das gelang anfangs. Danach schläferte er das Team mit seiner Art ein.

Seine Philosophie: Nur mit Verzögerung reagierte Ancelotti auf die Empfehlung der Bosse, die Spieler im Training mehr ranzunehmen – das war rund um die Winterpause der Saison 2016/17. Sein bevorzugtes System mit drei Stürmern ohne hohes Gegenpressing zog er durch, bis die Stars rebellierten. "Wenn meine Spieler lieber 4-2-3-1 spielen als 4-3-3, sollen sie das tun“, sagte er. Ein System sei für ihn nicht so wichtig, sondern die Anwendung. Die aber passte nicht.

Kein System, Krach mit Führungsspielern

Sein erloschenes Feuer: Selbst Ancelottis Mentor, der ehemalige italienische Star-Trainer Arrigo Sacchi, hatte erkannt: "Ich habe den Eindruck, dass der Enthusiasmus der Mannschaft verloren gegangen ist.“ Was Sacchi darauf zurückführte: "Man wird älter und verliert Leidenschaft und absoluten Willen, das ist das Leben.“

Die Aufstellung in Paris: Ohne Mats Hummels in der Innenverteidigung, ohne die Flügelstürmer Arjen Robben und Franck Ribéry. Ancelotti wollte gegen PSG ein Zeichen setzen, zeigen, dass er die Macht über die Aufstellung hat. Er rotiert um des Rotierens Willen – beides ging nach hinten los. "Ich bedaure nichts, habe in jedem Spiel gute Spieler auf der Bank.“

Das fehlende System: In kürzester Zeit hat Ancelotti das Erbe von Guardiola eingerissen. Nichts ist übrig vom Ballbesitz-Dominanzfußball. "Ich kann keinen Plan erkennen“, meinte Ex-Bayern-Kapitän und ZDF-Experte Oliver Kahn, "beim 1:0 und 3:0 siehst du deutlich, dass keine Idee vorhanden ist.“

Der große Zoff mit Ribéry: Auf den Franzosen bei seinem wohl letzten großen Spiel in der Heimat ganz zu verzichten, ist sportlich nachvollziehbar, aber atmosphärisch und zwischenmenschlich gesehen fragwürdig. Ribéry, der sich schon letzte Saison über zu viele Auswechslungen beklagte, schmollte, wollte am Donnerstag nichts sagen, außer: "Darüber muss ich erst nachdenken.“

Der Krach mit den Führungsspielern: Ancelotti hat es sich nun auch mit Robben und Hummels verscherzt. Auch das Verhältnis mit Jérôme Boateng, angeblich wegen seines Reha-Plans auf der Tribüne, soll schwer belastet sein. Der Trainer hat seine Führungsspieler verloren. Auch Thomas Müller, seit Neuers Verletzung Kapitän, saß oft auf der Bank, beklagte sich. Das konnte nicht gut gehen. Carlo hat fertig.

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