FC Bayern: Müller-Wohlfahrt tritt zurück!

Der langjährige Bayern-Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und sein Stab legen ihre Tätigkeit für den deutschen Fußball-Rekordmeister nach eigenen Angaben mit sofortiger Wirkung nieder. Der 72-Jährige begründet seinen Schritt mit einem "beschädigten Vertrauensverhältnis".
München - Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und seine Mitarbeiter haben am Donnerstagabend völlig überraschend und mit sofortiger Wirkung ihre Ämter beim deutschen Fußball-Rekordmeister Bayern München niedergelegt. Die Mediziner um den 72-jährigen Müller-Wohlfahrt, der seit dem 1. April 1977 für die Bayern tätig war, begründeten den Schritt mit einer nachhaltigen "Beschädigung des Vertrauensverhältnisses". Müller-Wohlfahrt ist weiterhin Teamarzt der deutschen Nationalmannschaft.
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"Nach dem Champions League-Spiel des FC Bayern München gegen den FC Porto wurde aus uns unerklärlichen Gründen die medizinische Abteilung für die Niederlage hauptverantwortlich gemacht", heißt es in einer Mitteilung vom Donnerstag. Man sehe dadurch das für eine erfolgreiche medizinische Arbeit notwendige Vertrauensverhältnis nachhaltig beschädigt.
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Nähere Angaben wurden nicht gemacht. Der 72-jährige Müller-Wohlfahrt war seit fast 40 Jahren mit einer kurzen Unterbrechung Mannschaftsarzt der Münchner. Der FC Bayern hatte das Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League am Mittwochabend in Porto 1:3 verloren. Der Rekordmeister wird derzeit von einer Verletzungsmisere heimgesucht und musste auch in Porto ohne mehrere Stammspieler antreten.
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So fehlte unter anderen Weltmeister Bastian Schweinsteiger.
Die Bayern wurden vom Schritt der Mediziner völlig überrascht. "Wir haben von dieser Pressemitteilung keine Kenntnis, insofern können wir sie nicht kommentieren", sagte Mediendirektor Markus Hörwick am Donnerstagabend auf SID-Anfrage.
Zwischen Müller-Wohlfahrt, der seit 1977 für die Bayern arbeitete, und Trainer Pep Guardiola hatte es im Laufe der Saison angesichts der Verletztenmisere des Bundesliga-Spitzenreiters spürbar gekriselt. Zuletzt schien sich das Verhältnis aber normalisiert zu haben.
Nach der Pleite in Porto, wo Medhi Benatia (Muskelfaserriss), Franck Ribéry (Knöchelprobleme), Arjen Robben (Bauchmuskelriss), Javi Martinez (Kreuzbandriss) und David Alaba (Innenbandriss) verletzt gefehlt hatten, kam es nun offenbar zum Bruch. Das Ärzte-Quartett sieht "dadurch das für eine erfolgreiche medizinische Arbeit notwendige Vertrauensverhältnis nachhaltig beschädigt".
Die tägliche Arbeit mit der Mannschaft hatte seit Anfang des Jahres Kilian Müller-Wohlfahrt geleistet. Guardiola soll zuvor darüber verärgert gewesen sein, dass die Spieler bei Blessuren stets den langen Weg zu Müller-Wohlfahrt Senior in die Münchner Innenstadt zurücklegen mussten.
Schon einmal war Müller-Wohlfahrt in seiner langen Bayern-Karriere beim Rekordmeister zurückgetreten: Nach einem Streit mit Jürgen Klinsmann im Jahr 2008 kehrte er allerdings unmittelbar nach dessen Entlassung zurück.
In einem Alter, in dem für die meisten längst der Ruhestand begonnen hat, ist Müller-Wohlfahrt immer noch aktiv. Weiterhin gilt der Arzt aus München als Institution, als Guru der Prominenz. Sogar Supersprinter Bolt, der Doppel-Olympiasieger von London, bedankte sich nach seinem Sieg über 100 Meter ausdrücklich beim "Doc".
"Er ist ein großer Mann. Er hat meine Muskeln behandelt, aber er war mehr als ein Arzt für mich", sagte der Jamaikaner und fügte an: "Er hat eine sehr wichtige Rolle gespielt." Die spielt und spielte Müller-Wohlfahrt aber nicht nur bei Bolt. In der Praxis in der Münchner Innenstadt geben sich Stars aus allen Bereichen des Lebens die Klinke in die Hand. Da taucht dann schon einmal spontan ein Bruce Springsteen auf, weil seine Konzerttournee wegen akuter Rückenprobleme in Gefahr ist.
Warum so viele Menschen dem in Leerhafe in Ostfriesland geborenen Pastorensohn vertrauen, verdeutlicht Tennisspielerin Andrea Petkovic: "Er hat goldene Hände". Rekordnationalspieler Lothar Matthäus sprach einst von "Radarfingern". Boris Becker ergänzte, dass "Mull", wie er meist genannt wird, "ein seelisches Wannenbad" sei, ein "Dr. Feelgood" (Sunday Times) eben.