FC Bayern: Mitgliedsnummer 1

Am Samstag wird der FC Bayern 110 Jahre alt. Niemand ist länger im Verein als Otto Schwab. Hier erinnert sich der 94-Jährige an Fazekas, „den Franzi“ und den ersten Titelgewinn von 1932
von  Abendzeitung
Mit 94 Jahren noch rüstig und wie eh und je glühender Bayern-Fan: Ehrenmitglied Otto Schwab
Mit 94 Jahren noch rüstig und wie eh und je glühender Bayern-Fan: Ehrenmitglied Otto Schwab © Strasser

Am Samstag wird der FC Bayern 110 Jahre alt. Niemand ist länger im Verein als Otto Schwab. Hier erinnert sich der 94-Jährige an Fazekas, „den Franzi“ und den ersten Titelgewinn von 1932

AZ: Herr Schwab, am Samstag wird der FC Bayern 110 Jahre alt, ist damit nur die Winzigkeit von 16 Jahren älter als Sie. Der Verein hat Ihr Leben bestimmt, Sie sind Ehrenmitglied und besitzen, worauf alle anderen 153195 Mitglieder neidisch sind: den Mitgliedsausweis mit der Nummer 1! Wann sind Sie denn beigetreten?

OTTO SCHWAB: 1934 war das, mit 19 Jahren. Ich bin ja gebürtiger Regensburger, dann in Vilshofen aufgewachsen. Sie müssen sich das mal vorstellen, damals hatte der Verein rund 800 Mitglieder – was aber für damalige Verhältnisse schon sehr viel war.

Sie waren schon seit Kindheitstagen Bayern-Fan. Wie haben Sie die erste Meisterschaft 1932 erlebt, als Eintracht Frankfurt am 12. Juni 1932 mit 2:0 besiegt wurde.

Mei, das war was! Ich bin ja erst 1934 als Beamtenanwärter nach München gekommen, war noch in Vilshofen. Jeder meiner Freunde wollte nach Nürnberg und das Spiel sehen. Viele Anhänger sind dann mit dem Radl die ganze Strecke rüber. Karten gab's genügend, nur keiner hatte Geld dafür. Die Karte hätte mich fast ein Drittel meines Monatsgehalts gekostet, das konnte ich mir nicht leisten. Trotzdem habe ich mitgefiebert.

Zum größten Ereignis der jüngeren Vereinsgeschichte, dem Champions-League-Finale 2001 gegen Valencia, hat Sie der FC Bayern eingeladen.

Ja, das war auch ein tolles Erlebnis, damals in Mailand. Da saß ich direkt neben Herrn Kiesl, dem ehemaligen Oberbürgermeister. Beim Siegtor haben wir uns umarmt und angestrahlt. Ich wusste vor dem Elfmeterschießen: Der Kahn macht das schon - so a Hundling (lacht) . 1999 war ich auch dabei in Barcelona, aber das war ja furchtbar (Bayern verliert in der Nachspielzeit noch 1:2 gegen Manchester United, d.Red.). Da sprechen wir lieber nicht mehr drüber. Aber das Größte ist und bleibt die erste Meisterschaft 1932.

Sie haben Kahn erwähnt. Haben Sie die Torhüter immer ganz speziell unter die Lupe genommen – schließlich waren Sie selbst Torhüter.

Kahns Stellungsspiel war narrisch. Bei ihm hat der Gegenspieler immer Respekt gehabt. Bei seinem Blick musste man immer fürchten, dass er einem den Kopf abreißt. Wie der die Augen aufgerissen hat! Es stimmt, ich war Torwart, hätte aber auch einen guten Linksaußen abgegeben. Ich wollte aber nicht aus dem Tor raus. ,Der Maier Sepp muss sich anstrengen, dass er im Tor bleibt', haben’s damals gescherzt. Aber der Maier war scho besser als ich (lacht).

Sie haben die Goldene Spielernadel des Vereins für über 500 Spiele bei der zweiten Mannschaft bekommen.

Mein Herz hängt schon seit Kindertagen am FC Bayern. Auch der 1. FC Nürnberg war damals groß - aber die haben wir nicht so gern gehabt. Ich hab immer alle Spiele meiner Bayern verfolgt. Von 1950 an bin ich jeden zweiten Sonntag zu den Heimspielen ins Stadion gegangen. Von Allach ging's dann mit dem Zug nach München rein und von dort aus mit der 17 weiter zum Grünwalder. Ich hab so gut wie kein Spiel versäumt. „Zu meiner Trudl (die Ehefrau, d.Red.) hab’ ich gesagt: ,Ich geh heut’ zum Fußball.’ Sie hat geantwortet: ,Ja und? Du gehst doch eh jeden zweiten Sonntag zum Fußball’. Bei Auswärtsspielen musste ich manchmal bis Montag warten und das Ergebnis in der Zeitung nachlesen.

Wie intensiv war die Rivalität zu den Sechzigern?

Die Löwen hatten in den 60er Jahren ihre große Phase. Zum TSV gab's immer ein gutes Verhältnis, ich hatte nie was gegen die und ihre Anhänger. Wir sind zusammen ins Theater, Kino und in den Zirkus gegangen. Hinterher haben wir auch mal gemeinsam eine Halbe getrunken.

Wer ist Ihr Lieblingsspieler nach all den Jahren?

Der ungarische Torwart, der Fazekas (von 1956-61 beim FC Bayern, d.Red.). Und Peter Velhorn (1950-58), ein pfundiger Spieler. Natürlich der Franzi Beckenbauer, ein feiner Charakter und ein so eleganter Spieler. Da hat’s uns als Anhänger vor Stolz die Brust naus g’haun. Aber auch Giovane Elber war ein Ausnahmespieler. Von der aktuellen Mannschaft habe ich keinen Lieblingsspieler, aber der Robben ist ein echter Künstler. Seine Ballbehandlung ist phantastisch, eine Augenweide.

Was sagen Sie, wird die aktuelle Mannschaft Meister?

Die müssen Meister werden, sie spielen super – wenn’s mögen. Wenn Bayern gewinnt, gratulieren mir hier im Seniorenstift alle. Bekommen wir aber einen auf den Deckel, sagen’s: Na, da habt’s euch schön blamiert. Das macht mir nichts aus! Auch in schlechten Zeiten muss man Daumen drücken. Ich bin ein treuer Mensch, lasse meine Bayern nicht hängen.

Interview: Patrick Strasser/Vincent Alberola

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