FC Bayern: Leon Goretzka vor Transfer zu Bayern? Das denkt Paul Breitner
München - Die AZ hat mit Paul Breitner gesprochen. Der 66-Jährige war 1972 Europameister und 1974 Weltmeister, er spielte von 1970 bis 1974 und von 1978 bis 1983 für den FC Bayern. Im Interview bewertet er die Titelchancen und spricht über Heynckes' Zukunft.
AZ: Herr Breitner, der FC Bayern startet am Freitag in Leverkusen in die Rückrunde. Ein harter Gegner?
PAUL BREITNER: Für den FC Bayern kann es keinen harten Auftaktgegner geben. Wenn die Mannschaft in Normalform spielt, dann gibt es nur einen Sieger. Und der wird wieder FC Bayern heißen. Ich erlebe das seit knapp 50 Jahren, dass die Ergebnisse des FC Bayern in der Regel nicht vom Gegner abhängen, sondern von der eigenen Leistung.
Und wie sind Ihre Eindrücke von den Bayern nach dem Trainingslager in Katar?
Die Vorbereitung hat für mich grundsätzlich nicht so eine große Bedeutung. Die ist mit dem Anpfiff des ersten Pflichtspiels Makulatur. Es zählt nur die Form, die die Mannschaft da auf den Platz bringt. Und wir dürfen alle erwarten, dass die Mannschaft des FC Bayern wieder fit ist. Dafür hat Jupp Heynckes innerhalb kürzester Zeit sorgen können. Bevor er kam, war die Mannschaft nicht fit und nicht zu einhundert Prozent leistungsfähig.
Aus fünf Punkten Rückstand auf Dortmund wurden 13 Punkte Vorsprung.
Wie alle anderen war auch ich davon überrascht. Dafür gibt es aber zwei Gründe: Die eigene Stärke, die innerhalb weniger Tage unter Jupp Heynckes wieder zurückkam. Nur daraus kannst du die Bundesligaspitze aber nicht so umdrehen, dazu bedarf es auch der Schwäche vermeintlicher Mitkonkurrenten – und die haben wir ganz deutlich gesehen.
Wer Meister wird, scheint nun schon keine Frage mehr.
Das scheint nicht nur so zu sein. Das ist keine Frage! Wer soll diesen FC Bayern jetzt noch abfangen?
Im Pokal hat Bayern Leipzig und Dortmund ausgeschaltet. Ist der Weg nach Berlin zum Titel also ebenfalls frei?
Wie sagen wir so schön in Bayern: A gmahds Wieserl!
Bleibt noch die Champions League auf dem Weg zur möglichen Wiederholung des Triples von 2013.
Ich bin seit über 50 Jahren Fan des FC Bayern und wünsche mir wie jeder andere Bayern-Fan auch, dass mein Team alles gewinnt. Die Mannschaft ist fit und spielt super Fußball. Sie hat mit Besiktas Istanbul den unangenehmsten Gegner, den man sich im Achtelfinale wünschen kann. Ich würde dort momentan nicht spielen wollen. Aber sie wird das meistern und einen Schritt Richtung Triple gehen. Das zu gewinnen, ist momentan noch ein Wunschgedanke. Die Mannschaft hat aber das Zeug dazu.
Sie sehen den FC Bayern also nach wie vor auf Augenhöhe mit Real Madrid, Paris Saint-Germain und Co.?
Aber natürlich.
Hat Bayern mit der Verpflichtung von Sandro Wagner eine Schwachstelle behoben?
Wenn Sandro Wagner diese Rolle des Back-ups spielen kann, ist es ein perfekter Transfer. Es ist unheimlich schwierig, einen international brauchbaren Stürmer zu finden, der Robert Lewandowski auch in der Champions League ersetzen kann. Wagner muss dazu bereit sein, immer wieder auf seine Chance zu warten und dann volle Leistung bringen.
Wie sehen Sie die Situation von Franck Ribéry, 34, und Arjen Robben, 33, deren Verträge im Sommer auslaufen?
Ich liebe das Spiel von Franck und Arjen und würde mir die beiden so lange wie möglich bei uns wünschen. Wenn beide Seiten überzeugt sind, dass es noch ein Jahr geht, wäre das unheimlich schön.
Bayern muss auch den Umbruch vorantreiben. Der Wechsel von Leon Goretzka steht unmittelbar bevor.
Es ist in den letzten Jahren immer moniert worden, der FC Bayern würde sich nicht um einen Generationenwechsel kümmern. Dabei sind zum Beispiel mit den Transfers von Süle, Coman, Kimmich und Tolisso schon erste große Schritte gemacht worden, in eine Evolution, keine Revolution. Was jetzt möglicherweise mit Goretzka und auch mit Gnabry passiert, ist nur die Fortsetzung dessen. Da sieht man, wie überlegt das alles schon mit großer Weitsicht passiert ist.
Goretzka wäre sogar ablösefrei. Ein Zeichen in Zeiten von Transfers für 222 Millionen Euro?
Es wird abzuwarten sein, wie lange es diese 100- bis 200-Millionen-Transfers geben wird. Wenn ein einziger von denen floppt, wird sich das Rad ganz schnell verlangsamen.
Sie sehen den FC Bayern also gut aufgestellt für die Zukunft?
Ich sehe den FC Bayern für die Zukunft perfekt aufgestellt und mache mir für die nächsten drei bis fünf Jahre überhaupt keine Sorgen.
Auch nicht, wenn Uli Hoeneß es nicht schaffen sollte, Heynckes doch noch zu einer weiteren Saison als Bayern-Coach zu überreden?
Das ändert überhaupt nichts daran, was meine positive Einstellung gegenüber der Mannschaft und dem Verein betrifft. Der einzige, der definitiv weiß, wie es weitergeht, ist Jupp selbst. Es wird schon eine richtige Entscheidung gefällt werden.