FC Bayern: Kleine Krise, große Krise

Nach dem 0:1 in Hannover gerät Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann unter Druck, weil er ohne Not auf vier Mann verzichtet. Das Ergebnis: 0:1 und laut Kapitän Mark van Bommel eine Krise. Doch trotz des schlechtesten Starts seit 31 Jahren sagt der Coach: „Ich würde es wieder so machen“.
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Da war Uli Hoeneß bedient:  Huszti schlenzte einen Freistoß mit links über die Mauer der Bayern ins Netz - das 0:1 bedeutete die zweite Niederlage unter Trainer Jürgen Klinsmann in der Bundesliga.
sampics / Augenklick Da war Uli Hoeneß bedient: Huszti schlenzte einen Freistoß mit links über die Mauer der Bayern ins Netz - das 0:1 bedeutete die zweite Niederlage unter Trainer Jürgen Klinsmann in der Bundesliga.

Nach dem 0:1 in Hannover gerät Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann unter Druck, weil er ohne Not auf vier Mann verzichtet. Das Ergebnis: 0:1 und laut Kapitän Mark van Bommel eine Krise. Doch trotz des schlechtesten Starts seit 31 Jahren sagt der Coach: „Ich würde es wieder so machen“.

HANNOVER Sie hatten es gut gemeint in Hannover. Zwei breite Sessel waren für Jürgen Klinsmann und einen Co-Trainer seiner Wahl bereitgestellt worden in der Coaching Zone am Spielfeldrand. Hannovers Trainer Dieter Hecking nutzte das Angebot, vor Bayerns Bank aber blieben die exponierten, in weiß erstrahlenden Ledersessel leer. Klinsmann stand lieber – auch wegen lästiger Rückenschmerzen, die ihn weiterhin plagen.

Die Hände in die Hüften gestemmt, stand er da. Ohnmächtig, die Hilflosigkeit in Person. Ungläubig betrachtete er, was er da sah. Eine Bayern-Elf, die so spielte, als hätte sie an jenem sonnigen Herbstnachmittag von Hannover bereits ein komplettes Spiel in den Beinen. Fahrig, zu lässig. Überheblich und nach dem 0:1 durch Huszti völlig hilflos. Der Coach hat Fakten geschaffen: Acht Punkte in sechs Spielen (und nur Platz 9) bedeutet den schlechtesten Saisonstart seit 31 Jahren.

Wie oft Klinsmann mit seinen Gedanken wohl abschweifte und bei Zé Roberto und Lucio war? Die beiden Brasilianer hatte er ohne Not in München gelassen - zur Schonung. Schweinsteiger saß auf der Bank, Oddo bis zum Muskelfaserriss von Lell auch. Vier Spieler hatte Klinsmann nach dem 2:0 im Pokal gegen Nürnberg rausrotiert. Vier Mann? Mit Zé und Schweinsteiger zwei der besten der letzten Wochen – und das nach dem 2:5-Debakel gegen Werder Bremen in der Vorwoche. Klinsmann ging Risiko, er verzockte sich. Das Experiment Extrem-Rotation mit den Bankdrückern Breno und Sosa ging schief.

„Man kann sich nicht einspielen, wenn wild rotiert wird. Es ist ein Vabanque-Spiel“, sagte Ex-Kapitän Stefan Effenberg bei „Premiere“ und forderte: „Man muss ein Gebilde finden, ein Gerüst für die Mannschaft, da drum herum bauen. Dann kann man auf den Außenbahnen rotieren. Aber nicht auf den zentralen Positionen. Da braucht man die Leute, die den Rhythmus vorgeben."

Klinsmanns Rhythmus ist die Unberechenbarkeit – fürs eigene Team. So will er die Profis ständig unter Anspannung halten. Der Vorteil einer Rotation: Spieler aus der zweiten Reihe bekommen Spielpraxis und das Gefühl, dass sie wichtig sind, gebraucht werden. Der Nachteil: Wenn so extrem rotiert wird, erhält die Mannschaft das Signal, dass die nächste Partie (Lyon am Dienstag in der Champions League) wichtiger sei und dass hier (in Hannover) auch mal eben so gewonnen werde. Ein Eigentor. Klinsmann handelt im Übermut, fällt überdrehte Entscheidungen. „Hinterher ist man immer schlauer“, sagt er und fügt trotzig an: „Ich würde es aber genau so wieder tun.“

Klinsmann ist angekommen – in der Krise. „Es sind eine Menge Mannschaften vor uns. Die Anblick der Tabelle nervt mich“, schimpfte Manager Uli Hoeneß, der sich nach Spielende im Kabinengang intensiv mit Vorstandsberater Paul Breitner ausgetauscht hatte. Ein Krisengespräch? Hoeneß nannte es eine „Beratung“, mahnte aber: „So kann es für uns nicht weitergehen. Sonst wird der Abstand nach oben zu groß.“ Und die Sorgen erst recht. „Beim FC Bayern ist eine kleine Krise schon eine große Krise“, sagte Mark van Bommel. Heißt übersetzt: Dann kann’s schnell auch um den Trainer gehen. Klinsmann hat Wirbel gemacht. Die Mannschaft ist schon mal durcheinander.

Patrick Strasser

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