FC Bayern: Kein Ribéry, kein Esprit

MÜNCHEN Franck Ribéry ist eigentlich kein Spieler, der groß jammert. Sicher, Spaß machen muss ihm sein Beruf schon, sonst bockt er – nachzufragen beim Sportskamerad Louis van Gaal. Über ausufernde Härte seiner Gegenspieler hat sich der Franzose jedoch selten beschwert, Monsieur ist keine Memme. Der 29-Jährige beklagt sich da schon lieber über den eigenen Körper, der ihm immer wieder im Weg zu stehen scheint, wenn Ribéry leistungstechnisch voll durchstarten will. Muskelbeschwerden hier, eine hartnäckige Rippenprellung da – Ribéry hat mittlerweile eine fast so beeindruckende Krankenakte zusammengesammelt wie Arjen Robben. „Das ist richtig Mist”, meinte der Franzose am Mittwoch, auf seine Rippenverletzung angesprochen.
Wie wichtig ein fitter Ribéry jedoch für das Spiel der Bayern ist, lässt sich an den nackten Ergebnissen ablesen. Bei der 1:2-Heimniederlage gegen Leverkusen fehlte der Franzose ebenso wie beim 1:1 in Nürnberg vergangenen Samstag. Beim 1:1 nun in Valencia stand Ribéry zwar auf dem Feld, verriet hinterher aber, dass er ab Mitte der ersten Hälfte kaum Luft mehr bekommen habe – prompt stockte das Spiel nach vorne. Sein Einsatz am Samstag gegen Hannover ist höchst ungewiss. Tendenz: nein, auch wenn er am eigentlich trainingsfreien Donnerstag an der Säbener Straße trainierte.
„Das ist die Gefahr, wenn ein Spieler über Wochen Top-Leistungen bringt und sich alle auf ihn verlassen. Wenn er dann plötzlich verletzt ausfällt, fehlt etwas”, hat auch Ex-Bayern-Spieler und Ribéry-Landsmann Valérien Ismaël erkannt. Kurzum: „Bayern ist momentan extrem von seinen Leistungen abhängig”, sagt Ismaël, der von 2005 bis 2007 in München kickte, der AZ. Der zweifache Meisterspieler stimmt also Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge zu, der schon vor Valencia sagte: „Ob Messi bei Barcelona, Ronaldo bei Real oder Rooney bei Manchester – alle großen Mannschaften haben Schlüsselspieler, von denen sie auch abhängig sind.”
Die Ribéry-Statistik: Traf der Franzose in der Bundesliga (was in 40 von 136 Spielen der Fall war), ging man 38-mal als Sieger vom Platz, zweimal spielte man Unentschieden. Seit Sommer 2011 hat Ribéry in seinen Pflichtspielen für Bayern und Frankreich imposante 62 Torbeteiligungen (22 Tore, 40 Assists) vorzuweisen – in 71 Spielen. Seine 30 Vorlagen in 2012 toppen nicht mal Mesut Özil (29) und Lionel Messi (28).
Solange der Franzose malad ist, müssen bei Bayern andere in die Bresche springen. „Man hat gesehen, dass Valencia Spieler hat, die sich steigern können, die bis ans Limit gehen. Ich finde, dass meine Mannschaft in diesem Punkt noch Spielraum hat”, so Trainer Jupp Heynckes nach dem Champions-League-Spiel.
Ismaël sieht’s ähnlich: „Es müsste nicht sein, dass man von Ribéry allein abhängig ist. Die Mannschaft hat genügend Qualität.” Ismaël nennt zum Beispiel Kraftwürfel Xherdan Shaqiri: „Er bringt alles mit, ist schnell, gut im Eins-gegen-Eins. Die Frage ist nur, wie konstant er Leistungen abrufen kann.” Welches Geheimnis dahinter steckt, kann Shaqiri ja bei Ribéry erfragen.