FC Bayern-Kapitänin Melanie Leupolz: Ich stamme aus einer Motorsportfamilie
AZ: Frau Leupolz, am Freitag (19.15 Uhr, FC Bayern Campus) werden Sie mit den Bayern-Frauen beim ersten Heimspiel gegen den 1. FFC Frankfurt Gas geben. Abseits des Platzes tauschen Sie gerne das Trikot gegen den Motorradanzug. Reizt Sie die Geschwindigkeit besonders?
MELANIE LEUPOLZ: Ich besitze ein Motorrad, und da ich aus einer Motorsportfamilie stamme, fahre ich sehr oft. Das Interesse hat mich nie losgelassen. Ich mache deshalb auch öfters Touren mit meinem Papa. Schnelligkeit interessiert mich an sich schon, und ich fahre auch sportlich schnell. Allerdings bin ich keine Raserin, sondern fahre immer mit Kopf.
Im ersten Spiel haben Sie die PS auf den Platz bekommen. Wie bewerten Sie den 3:1-Auftaktsieg beim SC Freiburg?
Es gab schon noch den ein oder anderen Abstimmungsfehler, aber an sich kann man von einem gelungenen Saisonstart sprechen. Es war ein sehr emotionales Spiel, da unser Trainer (Jens Scheuer, d.Red.) vergangene Saison noch in Freiburg trainiert hat und einige Spielerinnen in der Vergangenheit von Freiburg nach München gewechselt sind (zuletzt WM-Shootingstar Giulia Gwinn und einst auch Leupolz selbst, Anm. d. Red.).
Was macht Ihr neuer Coach Jens Scheuer anders als andere Trainer?
Er hat eine klare Spielphilosophie, die ich sehr schätze. Offensiv setzen wir auf Tempofußball, und defensiv versuchen wir mit Pressing die Gegnerinnen unter Druck zu setzen. Zudem strahlt er eine unheimliche Zuversicht und Souveränität aus. Er fordert gleichzeitig einen absoluten Siegeswillen von uns. Falls wir das nicht umsetzen, kann er auch schon mal unangenehm werden. Unser Trainer fordert immer hundert Prozent. Erst dann können wir uns nichts vorwerfen.
Der große Konkurrent heißt VfL Wolfsburg. Wer ist stärker?
Ich glaube, wenn man nur den Kader betrachtet, steht der VfL auf jeden Fall vor uns. Aber es heißt ja nicht, dass der stärkste Kader Meister wird.
Sind Sie knapp zwei Monate nach der 1:2-Niederlage gegen Schweden im WM-Viertelfinale mittlerweile darüber hinweg?
Ab und zu denkt man noch dran, aber eigentlich ist die Sache abgehakt. Es ist im Sport wichtig, sich schnell neue Ziele zu setzen und den alten nicht hinterher zu trauern.
Hat sich Ihrer Meinung nach die Wahrnehmung von Frauenfußball nach der WM geändert? Spürt man eine höhere Wertschätzung?
Ehrlich gesagt nicht. Natürlich sind durch die aktive Unterstützung in sozialen Medien die Follower-Zahlen gestiegen, doch generell ist der große Boom ausgeblieben. Dafür waren wir auch zu wenig erfolgreich. Vielleicht hätte ein Finale einen Hype ausgelöst.
Wie verfolgen Sie die Debatte um die unterschiedliche Bezahlung im Frauenfußball im Vergleich zu den Männern? Geht es dabei nur um den finanziellen Aspekt?
Ich spiele hauptsächlich Fußball, weil es meine Leidenschaft ist. Die finanzielle Situation ist natürlich um einiges schwieriger als bei den Männern. Bei einigen Vereinen aus der Bundesliga gibt es Spielerinnen, die täglich zur Arbeit gehen müssen, was es schwierig macht, sich immer auf den Fußball zu konzentrieren. Falls es irgendwann in der Liga ausnahmslos Profis geben würde, hätte das eine automatische Qualitätssteigerung zur Folge. Das wäre auch der Schritt in die richtige Richtung. Ich vergleiche uns weniger mit den Männern, sondern eher mit den Frauen in anderen Sportarten, denn da geht es uns im Vergleich schon gut.
Nach Gulia Gwinn haben Sie in der Nationalmannschaft die zweitmeisten Follower auf Instagram. Sie sind schon fast so was wie eine Influencerin...
(lacht) Ich bin natürlich keine typische Influencerin, aber kleine Mädels, die Fußball spielen, verfolgen das gern und fragen hin und wieder mal nach Tipps. Ich sehe hier schon eine gewisse Strahlkraft, die wir vor allem für junge Mädchen haben. Für die sind wir auch Vorbilder, und diese Rolle muss einem bewusst sein.
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