FC Bayern: Genialer Taktik-Kniff - Sané und Davies starten dank Nagelsmann richtig durch

Leroy Sané und Alphonso Davies präsentierten sich beim FC Bayern zuletzt in absoluter Top-Form. Grund dafür ist auch eine Anpassung des Systems durch Trainer Julian Nagelsmann, in dem die Stärken der pfeilschnellen Flügelspieler wesentlich besser zum Tragen kommen.
von  Bernhard Lackner
Julian Nagelsmann hat beim FC Bayern taktische Anpassungen vorgenommen, von denen vor allem zwei Spieler enorm profitieren.
Julian Nagelsmann hat beim FC Bayern taktische Anpassungen vorgenommen, von denen vor allem zwei Spieler enorm profitieren. © imago images/ActionPictures

München - Die große Taktik-Revolution werde es unter ihm nicht geben, das stellte Julian Nagelsmann gleich zu Beginn seiner Amtszeit beim FC Bayern klar. "Es ist nicht so, dass ich hierher komme und alles auf den Kopf stellen werde", meinte der 34-Jährige, als er flankiert von Sportchef Hasan Salihamidzic und Vorstandsboss Oliver Kahn als neuer Bayern-Coach vorgestellt wurde.

Er habe von Hansi Flick schließlich eine funktionierende und eingespielte Mannschaft übernommen, die im Jahr davor nicht weniger als sechs Titel gewonnen hatte, betonte Nagelsmann weiter. Ihm gehe es viel mehr darum, auf dem Platz flexibel zu sein und die Spieler auf ihrer jeweils besten Position aufzubieten, damit diese ihr Potenzial auch voll ausschöpfen können. "Der FC Bayern hat Spieler, die auf verschiedenen Positionen sehr, sehr gut spielen können", führte Nagelsmann weiter aus.

72 Tore in 18 Spielen: Bayerns Tormaschine liefert

Abgesehen vom Totalausfall im DFB-Pokal bei Borussia Mönchengladbach (0:5), den der Trainer Corona-bedingt in der heimischen Küche mit ansehen musste, gelingt das durchaus mit Erfolg. In der Liga grüßen die Bayern mit vier Punkten Vorsprung von der Tabellenspitze, auch in der Champions League liest sich die Bilanz mit vier Siegen aus vier Spielen makellos. Unter dem Strich stehen aktuell 72 Tore in 18 Pflichtspielen – eine beeindruckende Bilanz.

Auch wenn die große taktische Umstellung nicht erfolgte, so hat Nagelsmann bei den Bayern doch an einigen Stellschrauben gedreht. Vor allem zwei Spieler haben sich als große Profiteure von Nagelsmanns System-Anpassung herauskristallisiert: Leroy Sané und Alphonso Davies. Die beiden Flügelspieler zeigen sich seit Wochen in Top-Form und harmonieren auf dem linken Bayern-Flügel bestens miteinander.

Bei Sané war die veränderte Positionierung auf dem Platz der Schlüssel zum Durchbruch. Während der Nationalspieler in seinem ersten, äußerst enttäuschenden Bayern-Jahr als klassischer Flügelspieler aufgeboten wurde, agiert er unter Nagelsmann deutlich weiter im Zentrum und treibt sich in den Halbräumen des offensiven Mittelfelds herum.

Auf neuer Position: Sané hat seine Scorer-Quote verdoppelt

Der große Vorteil dabei: Durch die zentralere Position taucht Sané bei seinen pfeilschnellen Läufen hinter die gegnerische Abwehrkette wesentlich häufiger in den gefährlichen Räumen vor dem Tor auf. So kommt er vermehrt zu Abschlüssen und kann auch seine Teamkollegen besser in Szene setzen.

Die nackten Zahlen bestätigen den Eindruck. Für den 25-Jährigen, der noch zu Beginn der Saison von den eigenen Fans ausgepfiffen wurde, stehen nach 18 Saisonspielen bereits 18 Torbeteiligungen zu Buche. In der abgelaufenen Saison waren es 22 in 44 Spielen – Sané hat seine Quote also verdoppelt!

Auch in der Rückwärtsbewegung hat der 25-Jährige in den vergangenen Wochen enorme Fortschritte gemacht. Wirkte er früher nach Ballverlusten der eigenen Mannschaft teils lethargisch und teilnahmslos, sieht man Sané mittlerweile regelmäßig in vollem Tempo bis weit in die eigene Hälfte zurücksprinten, um den Ball zurückzuerobern. "Wenn er zentrumslastiger spielt, hat er mehr Aktionen und kürzere Wege im Gegenpressing", erklärte Nagelsmann zuletzt.

Mittlerweile ein gewohntes Bild: Leroy Sané engagiert sich auch gegen den Ball enorm.
Mittlerweile ein gewohntes Bild: Leroy Sané engagiert sich auch gegen den Ball enorm. © IMAGO / Sven Simon

Neue Position für Sané: Davies profitiert enorm

Auch Alphonso Davies profitiert von der veränderten Positionierung Sanés. Da sich dieser nun zentraler aufhält, hat der Kanadier auf dem linken Flügel mehr Platz, den er mit seinen Offensivläufen bespielen kann. In eigenem Ballbesitz rückt Davies daher im Vergleich zu den Vorjahren deutlich weiter nach vorne und agiert phasenweise beinahe wie ein Flügelstürmer.

Flügelflitzer Alphonso Davies (r.) kommt mittlerweile auch immer mal wieder zu gefährlichen Torabschlüssen.
Flügelflitzer Alphonso Davies (r.) kommt mittlerweile auch immer mal wieder zu gefährlichen Torabschlüssen. © imago images/Nordphoto

Eine Position, die der 21-Jährige bestens kennt. Davies ist gelernter Linksaußen und wurde erst nach seinem Wechsel zu den Bayern zum Außenverteidiger umgeschult. Seine offensiven Gene hat "Phonzy" aber freilich nicht verloren, in der kanadischen Nationalmannschaft spielt er noch immer regelmäßig als Flügelstürmer.

"Phonzy entwickelt sich gut. Er spielt jetzt ein bisschen offensiver als in den letzten zwei Jahren. Er zählt schon jetzt zu den besten Linksverteidigern der Welt, hat aber noch immer Potenzial, das wir ausschöpfen wollen", sagte Nagelsmann zuletzt über den "Roadrunner", wie Davies einst von Teamkollege Thomas Müller getauft wurde.

Der Kanadier fühlt sich in seiner neuen Rolle jedenfalls wohl. "Das neue System kommt mir schon entgegen. Ich bin einfach glücklich, dass ich auf dem Platz zeigen kann, was in mir steckt", meinte Davies zuletzt. Die ganz große Taktik-Revolution brauchte es dafür gar nicht.

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