FC-Bayern-Gegner mit ganz besonderem Trainer: Eine Seltenheit im heutigen Profifußball
München/Heidenheim - Vorhang auf und hereinspaziert für Gegner Nummer 55 des FC Bayern in der Bundesliga. Es steht Historisches an diesem Samstagnachmittag (15.30 Uhr, Sky und im AZ-Liveticker) an, wenn der FC Heidenheim seine Visitenkarte in der Allianz Arena abgibt, beim bisher einzigen Duell der beiden Vereine bezwangen die Münchner den FCH mit 5:4 (ohne Verlängerung!) im DFB-Pokal-Viertelfinale 2019.
Transfermarkt-Vergleich: Zwölf FC-Bayern-Spieler jeweils wertvoller als der gesamte FC-Heidenheim-Kader
Der Neuling von der schwäbischen Alb, der nach neun Jahren Zweite Liga aktuell die ganz große Herausforderung lebt, kommt als Tabellen-13. – er hat bereits drei (Heim-)Siege verbuchen können. Auswärts dagegen nur einen Punkt geholt – beim 2:2 in Dortmund. Ein gefundenes Fressen für Bayern-Torjäger Harry Kane oder Thomas Müller, der den verletzten Jamal Musiala ersetzt?
Hochmut kommt vor dem Fall, in jedem Fall aber ist es ein höchst ungleiches Duell. Der Gesamtwert des Heidenheimer Kaders beträgt laut "transfermarkt.de" 39,6 Millionen Euro. Der Beste, Linksaußen Jan-Niklas Beste (24), wird auf sieben Millionen taxiert. Zum Vergleich: Bayerns Kader-Marktwert beträgt 948,15 Millionen, allein zwölf Spieler liegen über der Team-Summe der Gäste.
Frank Schmidt: Seit 14 Jahren Trainer beim FC Heidenheim
Und noch ein Vergleich zeigt die krasse Ungleichheit der beiden Klubs: Auf der einen Seite Thomas Tuchel (50), seit Ende März im Amt und auf der anderen Seite Frank Schmidt (49), der treueste, sprich dienstälteste Trainer im deutschen Profifußball. Am 17. September 2007 stieg er in Heidenheim vom Co-Trainer zum Chefcoach auf.
Im heutigen Durchlauferhitzer Profibusiness eine Ewigkeit. Zur Einordnung: In der Saison 2007/08 arbeitete Tuchel nach seiner erfolgreichen DFB-Ausbildung zum Fußball-Trainer (Gesamtnote 1,4) als Coach der zweiten Mannschaft des FC Augsburg.
Zur Einordnung, Teil zwei: Tuchel ist der 14. Bayern-Trainer seit September 2007. In jener Zeit war Ottmar Hitzfeld als Rückkehrer (ab 1. Februar 2007) im Amt, als Jürgen Klinsmann im Sommer 2008 übernahm, hatte Schmidt den FCH bereits in die viertklassige Regionalliga geführt, ein Jahr später als Meister der Regionalliga Süd in die Dritte Liga.
Der gebürtige Heidenheimer, der – natürlich! – auch in Heidenheim als Aktiver kickte, beklagt sich nicht darüber, dass er den Heidenheim-only-Stempel trägt. "Ich war nie auf der Suche nach der nächst-schönsten Braut, bei mir zählt das Wort – das, was ausgemacht wurde", erklärte Schmidt, der einen Vertrag bis 2027 besitzt.
Er kann sich wohl nur selbst entlassen, soll auch bei einem direkten Wiederabstieg bleiben. Sein Credo: "Der Mensch, der Typ Frank Schmidt passt nicht zu jedem Verein – und er würde auch nicht zu jedem Verein wollen."
Nicht für eine "Milliarde Gehalt" würde Schmidt seinen Verein verlassen
Ein unmoralisch dotiertes Angebot aus Saudi-Arabien, selbst mit einer "Milliarde Gehalt", würde bei ihm nicht verfangen. Das Unikum bleibt sich, seinem Verein und seinem Stil stets treu.
Seine Frau Nadine hat für ihn den ungewöhnlichen Kosenamen "Teilchenbeschleuniger" ersonnen, aber gut – passt zum nicht versiegen wollenden Energielevel des Coaches. Schmidt, dessen schiefe Kopfhaltung aus einer Verknöcherung der Halswirbelsäule resultiert, nennt "Besessenheit, Rastlosigkeit, Ungeduld und Ehrgeiz" als seine Motivationsquellen.
"Ich habe keine Lust, die Dinge einfach nur so zu machen. Es geht darum, sie richtig zu machen", sagte er im ZDF-Sportstudio. Abschalten kann er zu Hause dank der drei Chihuahuas, einer mexikanischen Hunderasse, der kleinsten der Welt.

Der kleinste Verein der aktuellen Bundesliga-Welt will nun also die großen Bayern ärgern. "Sie sind sehr fleißig und haben sich in die Liga reingearbeitet", sagte Tuchel am Freitag über die Schmidt-Elf, "eine sehr kopfballstarke Mannschaft, sehr stark bei Standards und bei Flanken."
Die Underdogs – passt ganz gut wegen der Chihuahuas – wollen gegen das laut Schmidt "Nonplusultra einer Mannschaft" anstinken, wollen "das Unmögliche probieren, um das Mögliche zu erreichen".