FC Bayern gegen Wolfsburg: Das hat sich seit Kovac verändert

München - Das Gesicht der Wolfsburger seit diesem Sommer heißt Niko Kovac. Der 50-jährige Kroate, gebürtig in Berlin, kehrt am Sonntag (17.30 Uhr, live bei DAZN und im AZ-Liveticker) nach 1.015 Tagen mit den Wölfen aus der Autostadt in Niedersachsen erstmals an seine frühere Arbeitsstätte in München zurück – sicher mit gemischten Gefühlen.
"Es ist immer wieder schön, dorthin zurückzukommen, wo man selbst gespielt oder auch als Trainer gearbeitet hat. Ich werde dort viele Weggefährten treffen", sagte Kovac, der im Sommer 2018 bei Bayern Nachfolger von Interimstrainer Jupp Heynckes wurde. Engagiert allerdings nur als 1B-Lösung, weil die Bosse es versäumt hatten, mit Thomas Tuchel rechtzeitig zu verhandeln.

Tuchel nahm stattdessen die Herausforderung Paris St.-Germain an. "Ich habe noch sehr viele Freunde in München, mit denen ich noch regelmäßig telefoniere", meinte Kovac.
"Der 'Notnagel' sitzt bei Müller noch irgendwo im Hinterkopf"
Thomas Müller ist damit nicht gemeint. Weil der Coach ihn immer wieder auf die Bank verbannte, hätte der Ur-Bayer in der Kovac-Ära seinen Herzensverein beinahe im Streit verlassen. Als Müller einmal sehr spät eingewechselt wurde, postete dessen Ehefrau Lisa bei Instagram: "Mehr als 70 Minuten bis der mal 'nen Geistesblitz hat."
Dazu hat Stefan Effenberg eine klare Meinung: "Thomas Müller spielte unter Kovac damals bei Bayern nur eine Nebenrolle und wurde von ihm als 'Notnagel' bezeichnet. Das sitzt bei Müller noch irgendwo im Hinterkopf", schrieb der frühere Bayern-Kapitän in seiner Kolumne bei" t-online.de".
Es knistert beim Wiedersehen. Im Herbst 2019 stolperte Kovac, weil das Verhältnis zur Mannschaft – und insbesondere den Führungsspielern um Müller – zerrüttet war. Die zu vorsichtige, defensive, oft an die Stärken des Gegners angepasste Spielweise passte den Stars nicht, die Offensivfußball à la Jupp liebten. Kurz vor seiner Entlassung hatte Kovac im Oktober 2019 gesagt: "Man kann nicht versuchen, 200 Kilometer pro Stunde auf der Autobahn zu fahren, wenn man nur 100 schafft. Man muss das anpassen, was man hat. Wir haben andere Spielertypen."
Nach einem verheerenden 1:5 am 3. November in Frankfurt war seine Zeit nach 65 Spielen zu Ende – Co-Trainer Hansi Flick übernahm. Und es begann: eine neue Ära. Zurück zum Offensiv-Fußball. Vergleicht man den Stil von Kovac und den aktuellen Pressing-Fußball von Trainer Julian Nagelsmann, scheinen Lichtjahre dazwischen zu liegen.
Einst träge, nun Tempo, Tempo. Er könne seinen VfL-Kollegen "nicht einschätzen", sagte Nagelsmann. Dafür kenne er ihn zu wenig, man habe "keinen privaten Kontakt". Er glaube aber, so der Bayern-Coach, "dass er ein emotionaler Trainer ist. Er lässt gerne Fußball arbeiten." Eine kleine Spitze?
Nagelsmann sieht "keinen Grund, zu wechseln"
Die größere folgte, nachdem sich Kovac laut "Sport Bild" gegenüber Bekannten geäußert hatte, mit Top-Transfers wie Sadio Mané, Matthijs de Ligt & Co. (Kostenpunkt: 137,5 Millionen Euro Ablöse ohne etwaige Boni) hätte er länger als 16 Monate in München arbeiten können/dürfen: "Rein physisch waren wir auch letztes Jahr in der Lage, Angriffe mit 200 km/h zu fahren."
Also: Volle Fahrt voraus – und das mit derselben Startelf wie zuletzt. Nagelsmann sieht "keinen Grund, zu wechseln".
Klar, nach dem furiosen 6:1 in Frankfurt. Mit einem dicken Schmunzeln fügte Nagelsmann an: "Er hat mehr Titel geholt in seiner ersten Saison als ich." Immerhin das Double. Nagelsmann wurde in seinem Debütjahr nur Meister. Der Landsberger ergänzte: "Seine Amtszeit ging trotzdem nicht perfekt aus. Ich wünsche ihm viel Erfolg mit Wolfsburg, nicht zwingend am Sonntag, aber in den darauffolgenden Spielen."
Kovac wiederum betonte, man dürfe gegen Bayern "nicht auseinanderfallen, sonst wird es eklig. Es wäre ganz gut, wenn wir fußballerisch mithalten können. Bei einem Gegner, der übermächtig ist, das muss man schon sagen."
Klingt sehr defensiv.