FC Bayern: Frohes Fest in der Champions League
Die Partie gegen Neapel ist quasi ein vorgezogenes Hinrunden-Finale: Gewinnen die Bayern auch gegen die Italiener, ist ihnen Platz eins auch in der Champions League wohl nicht mehr zu nehmen
MÜNCHEN Zweikampfstark sind sie, die Neapolitaner. Ihre Fans sowieso. Als die Kartenvorverkaufstelle in der Stadt am Vesuv letzte Woche das Kontingent von 3300 Tickets verkaufte, herrschten chaotische Zustände und das Recht des Stärkeren. Zusätzlich haben sich viele in Deutschland lebende Italiener mit Karten eingedeckt, man rechnet mit bis zu 8000 Tifosi am Mittwoch in der Allianz Arena (20.45 Uhr, Sat.1 und Sky live).
Der SSC Neapel – eine Stadt, ein Verein – kurz: eine Einheit. „Das ist eine atypische italienische Mannschaft”, sagte Bayern-Trainer Jupp Heynckes am Dienstag, „sie sind sehr laufstark, sehr aggressiv. Das macht den Gegner für uns sehr gefährlich. Mir imponiert Napoli als Team und wie leidenschaftlich sie spielen."
Und sich doch einreihen werden in die Gegner, die diese Saison eine Lehrstunde in Fröttmaning erhalten? Viel Lob verteilte Heynckes an Napoli – nicht mehr als nette Worte. Denn eines ist klar für die Bayern im Herbst 2011: „Wir richten uns nicht nach dem Gegner. Der FC Bayern ist so dominant, dass sich der Gegner nach uns richten muss.” Sprach Heynckes, der die wieder genesenen Bastian Schweinsteiger und Daniel van Buyten einsetzen kann, und fügte hinzu: „Wir haben dieses Jahr eine Mannschaft, die einen ungewöhnlichen Fußball spielt. Wir können den Spielrhythmus variieren, das ist etwas, was nur große Mannschaften beherrschen.”
Sie legen die Bescheidenheit nach und nach ab beim FC Bayern dieser Tage. Dürfen sie auch. Denn: Gewinnt man die Partie gegen Napoli, damit auch den direkten Vergleich nach dem 1:1 vor zwei Wochen, hat man fünf Punkte Vorsprung vor dem SSC und mindestens drei vor Manchester City. Mehr als die halbe Miete – vor allem, weil am 22. November der FC Villarreal zu Besuch kommt. Und womöglich erspart man sich ein nervenaufreibendes Spiel zum Gruppenabschluss bei Manchester City (8. Dezember). „Wenn wir beide Heimspiele gewinnen, sind wir Gruppenerster”, sagte Präsident Uli Hoeneß, „und das muss unser Ziel sein.” Wegen des Vorteils in der ersten K.o.-Runde 2012, dem Achtelfinale: das Heimrecht im Rückspiel gegen einen Gruppenzweiten.
Die Losung für Mittwoch heißt: Frohes Fest! Eine bella partita gegen Napoli und schon ist die Hinrunde gelaufen. Platz eins in der Bundesliga – mal abgesehen vom Adrenalin-Kick gegen den Titelverteidiger Borussia Dortmund als letzten echten Gegner – und der Champions League nahezu sicher, im Pokal-Achtelfinale wartet kurz vor Weihnachten nur der wenig Angst einflößende VfL Bochum aus Liga zwo. Kapitän Philipp Lahm meinte zur Partie gegen Neapel: „Wir haben alles in der eigenen Hand und wollen unseren Vorsprung ausbauen.” Da kann man sich schon mal träumerische Gedanken machen – für den wirklich wichtigen Teil der Saison, das Frühjahr.
„Dass das Endspiel in München stattfindet, ist natürlich eine zusätzliche Motivation”, erklärte Heynckes, „Manchester United, der FC Barcelona und Real Madrid gehören zum Favoritenkreis. Aber warum soll das nicht möglich sein, dass wir ins Finale einziehen können?”
Think big - am besten nach einem Sieg gegen Napoli, beim vorgezogenen Hinrunden-Finale. Die Absolution hatte Präsident Uli Hoeneß bereits nach dem 4:0 gegen Nürnberg erteilt, „Heynckes habe Fußball zur Kunst erhoben”. Dazu meinte der Coach nun: „Wenn ich solche Worte höre, fühle ich mich zurückversetzt als Spieler, weil wir früher mit Gladbach großen Fußball zelebriert haben.” In den 70ern mit Stürmer Heynckes. Na also! Die Bayern haben einen neuen Spitznamen: Die Fohlen des 21. Jahrhunderts.