FC Bayern: Faulheit schießt Tore

4:0 gegen Nürnberg, da schwärmt Uli Hoeneß: „Fußball zur Kunst erhoben.“ Die Erklärung von Mario Gomez klingt einfacher.
München - 4:0 im Derby gegen den 1. FC Nürnberg. Die Bayern-Fans feierten ihre Helden mit stehenden Ovationen, sangen „Oh wie ist das schön!“ und „Deutscher Meister wird nur der FCB!“ Und Mario Gomez, der Doppeltorschütze, entschuldigte sich hinterher: „Dass wir in der zweiten Halbzeit nicht mehr aggressiv nach vorne gespielt haben, müssen die Fans uns verzeihen. Wir müssen schon auf nächste Woche schauen.“
Sorry, nur 4:0. Besser kann man die Bayern-Dominanz in dieser Bundesliga-Saison nicht ausdrücken. Gomez, mit zwölf Toren in elf Ligaspielen ganz klar auf Gerd-Müller-Rekordkurs, sagte zu „Liga total!“: „Wenn wir so spielen, sind wir nicht zu stoppen. Mit dieser Aggressivität, wie wir heute die Tore gemacht haben, müssen wir es eigentlich jede Woche machen.“ Klingt brachial, ist aber ein Gesamtkunstwerk. Mehr Heimpower geht nicht, die Bayern haben seit der letzten Pleite, dem 0:1 Anfang August gegen Gladbach, einen Homerun. Von Manuel Neuer, dem Zu-Null-Heimkeeper, bis zu Gomez, dem Homelieferservice der Treffer. Eingestellt und aufgestellt vom, ja richtig, Hometrainer Jupp Heynckes.
„Ich freue mich jedes Mal, ins Stadion zu gehen“, sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß und sprach seinen Kumpel Jupp am frühen Samstagabend (fußball-)heilig: „So wie wir im Moment Fußball zelebrieren, das macht Spaß! Man muss Trainer Jupp Heynckes dankbar sein und ein Kompliment machen, wie er hier Fußball zur Kunst erhoben hat. Wie hier gespielt wird, die Zuschauer sind mehr als happy, denn sie bekommen jedes Wochenende fantastische Unterhaltung geliefert – Chapeau!“
Hoeneß zieht den Hut – und die Bayern davon. Die Treffer von Gomez (2./68. Minute) sowie Bastian Schweinsteiger (19.) und Franck Ribéry (39.) ließen den Vorsprung auf Verfolger Schalke schon auf vier Punkte wachsen, Meister Dortmund hinkt nun fünf Punkte hinterher. Die Dominanz und Effizienz der Bayern ist beeindruckend, die Show atemberaubend. Der Zirkus Maximus Bavariae hat alle drei, vier Tage die nächste Aufführung. Der Zirkus findet nun auf dem Platz statt – der wesentliche Unterschied zur vergangenen Saison, als Louis van Gaal noch Trainer war und sich mit den Verantwortlichen neckte und zoffte. Nun herrscht Ruhe, bestes Klima für die Künstler. „Wir haben heute wieder mal gezeigt, dass wir im Moment einen auf den Feldern der Bundesliga ungewöhnlich guten Fußball spielen“, sagte Heynckes und Sportdirektor Christian Nerlinger glaubt: „Die Mannschaft weiß, dass in dieser Saison einiges drin ist. Zumindest wird es für unsere Verfolger immer schwerer, uns einzuholen.“
Auf dem Platz müssen die Gegner überhaupt erstmal an den Ball kommen. Dabei haben die Bayern eine clevere Taktik: Überfallartige Angriffe zu Beginn des Spiels, möglichst eine schnelle Führung wie am Samstag nach 85 Sekunden durch Gomez. Sie überrennen ihre Gegner. In den ersten fünf Minuten der Partie waren die Bayern lauffreudiger als der Club – danach nicht mehr. Die Tracking-Daten ergaben, dass Nürnberg eine viel höhere Laufleistung (116,9 gegenüber 108,7 km) als Bayern abgespult hat. Klar! Die alte Regel greift: Ball und Gegner laufen lassen. Oder wie Mario Gomez scherzhaft erklärt: „Wir sind die faulste Mannschaft der Liga – aber schießen die meisten Tore.“