FC-Bayern-Fan Boris Becker über Liverpool: "Eine denkbar schwierige Aufgabe"

München - Tennis-Legende Boris Becker ist Edelfan des FC Bayern und saß bis 2009 sogar im Verwaltungsrat seines Herzensklubs. Die AZ hat sich vor dem Achtelfinal-Kracher der Münchner beim FC Liverpool am Dienstag (21 Uhr/Sky und im AZ-Liveticker) mit ihm unterhalten.
AZ: Herr Becker, Ihre Bayern treffen heute Abend auf Liverpool. Den englischen Fußball kennen Sie als Anhänger des FC Chelsea mit Wohnort London auch sehr gut. Wie stehen die Chancen?
BORIS BECKER: In Liverpool herrscht die vielleicht beste Fußball-Atmosphäre überhaupt. Da wird man beeindruckt. Die Hoffnung ist, dass Bayern im ersten Spiel nicht schon alles verliert. Das muss das Ziel sein, damit man in München im Rückspiel mit einem entsprechenden Resultat weiterkommen kann. Aber es ist eine denkbar schwierige Aufgabe. Liverpool steht auf Platz eins der Premier League und spielt die beste Saison bislang unter Jürgen Klopp. Wenn der Sturm in Bewegung ist, dann kann man nichts tun als zuzusehen und zu klatschen. Ich hoffe nur, dass Manuel Neuer einen guten Tag erwischt und die Verteidiger gut zu Fuß sind.
Welchen Eindruck machen die Bayern in dieser Saison bislang auf Sie?
Einen durchwachsenen. Nicht ganz so stark wie in den vergangenen Jahren, das hat viele Gründe. Vor allem, dass Führungsspieler wie Arjen Robben und Franck Ribéry einfach älter geworden sind. Spieler, die nachkommen sollen, wie Kingsley Coman, sind häufiger verletzt. Da wurde vielleicht zu spät realisiert, dass irgendwann junge Spieler nachkommen müssen. Aber es ist erst Februar, in der Meisterschaft hat Dortmund Punkte gelassen. Das wird noch lang bis Mai. Auch das Spiel gegen Liverpool muss erst gespielt werden, dort hat man großen Respekt vor dem FC Bayern. Es ist noch alles möglich.
Becker: Klopp bei Bayern? "Schließe es nicht aus"
Was halten Sie von Trainer Niko Kovac?
Ein neuer Trainer hat es immer schwer, auch bei Pep Guardiola war es im ersten Jahr bei Bayern schwierig. Aber wenn man die Verantwortlichen fragen würde, ob sie vielleicht ein Jahr zu spät auf das Alter und die Verletzungsanfälligkeit von Spielern wie Robben und Ribéry reagiert haben, müssten sie ehrlicherweise sagen: ja.
Wäre Liverpool-Trainer Jürgen Klopp irgendwann ein Kandidat für den FC Bayern?
Ich schließe es nicht aus. Ich kenne seine privaten Pläne nicht, aber er scheint in Liverpool sehr zuhause und hat mit dem Klub noch einiges vor. Er kann sich unsterblich machen, vor allem, wenn er die englische Meisterschaft gewinnen würde. Das ist für den Verein fast noch wichtiger als die Champions League. Aber Klopp kann sich den Klub oder die Nationalmannschaft sowieso aussuchen.
Sie sind Tennis-Experte bei Eurosport, kürzlich hat einer Ihrer Fußball-Kollegen – Didi Hamann bei Sky – mit seiner Lewandowski-Kritik für eine ausführliche Debatte gesorgt.
Da muss man unterscheiden, wie das Niveau der Kritik ist und wer sie äußert. Didi Hamann war Nationalspieler, sehr erfolgreich bei Bayern und Liverpool. Wenn einer Fußballverstand hat, dann er. Und wenn das aus seinem Munde kommt, ist das fundiert und sachlich. Ich habe aber auch die Antwort von Brazzo (Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic, d.Red) gehört. Er ist bei Bayern angestellt und muss seinen Verein vertreten. Deshalb macht auch er das richtig.