FC Bayern: Einigung mit van Gaal?
Auf der Suche nach dem Trainer der Zukunft ist der FC Bayern offenbar fündig geworden.
MÜNCHEN Sie wollen den Besten, nicht unbedingt den Nettesten oder den Schönsten. „Wir müssen jetzt nicht Everybody's Darling einkaufen“, sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, „hätten wir George Clooney verpflichten müssen.“ Nur ein Scherz, natürlich. Wenn es um die Nachfolge von Trainer-Aushilfe Jupp Heynckes geht, wird Rummenigge schnell wieder ernst. Er will einen Mann mit Langzeitwirkung – ob der beliebt ist oder nicht: Der heißt offenbar Louis van Gaal (57).
Wir suchen einen Mann, der die Erfahrung und die Persönlichkeit hat, die Mannschaft zu entwickeln“, sagt Rummenigge. Kein Model, aber ein Modell-Trainer. Einer, der für alte Werte steht. Schön soll nur der Fußball sein, den er spielen lässt. Schön erfolgreich. Hiddink-Fußball etwa.
„Guus Hiddink ist für mich der beste Trainer der Welt“, sagte Präsident Franz Beckenbauer, „ich verehre ihn schon seit Jahrzehnten. Überall, wo er war, hatte er Erfolg.“ Weil das so ist, hat Bayern keine Chance. Hiddink verlässt im Sommer den FC Chelsea, um die russische Nationalelf auf die WM 2010 in Südafrika vorzubereiten.
Bliebe ein anderer Holländer: Van Gaal. „Er würde dann bei uns nicht nur ein Jahr, sondern zwei oder drei Jahre Vertrag bekommen“, zitiert die „SZ“ Manager Uli Hoeneß, der am Sonntagabend einen – laut SZ – Grundsatzbeschluss pro van Gaal und kontra Kandidat Matthias Sammer (Hoeneß: „Eher weniger wahrscheinlich“) dementieren ließ. Hoeneß in den Agenturen: „Van Gaal ist einer der Kandidaten, aber es gibt keine Unterschrift und keinen Vertrag.“
Van Gaal bewirbt sich so: „Bayern hat sich früher ein paar Mal gemeldet, da habe ich Nein gesagt. Jetzt würde ich Ja sagen.“ Van Gaal wurde gerade mit AZ Alkmaar sensationell holländischer Meister.
Rummenigge: "Die Trainergarde mit großer Erfahrung liegt im Trend"
Am Mittwoch war der Bayern-Vorstand plus Aufsichtsrat-Chef Beckenbauer eine Liste mit möglichen Kandidaten durchgegangen. Van Gaal passt perfekt ins Anforderungsprofil des Fußball-Lehrers. Das Handwerkliche ist jetzt gefragt – nicht der schöne Schein. Um so mehr jedoch das Alter. Ein 63-Jähriger wie Heynckes hat die Bosse auf den Geschmack gebracht. „Die Trainergarde mit großer Erfahrung liegt im Trend“, so Rummenigge in „WamS“. Damit wären Bernd Schuster (49), Armin Veh (48) und Matthias Sammer (41) wohl raus. Lothar Matthäus (48), der seinen Job in Netanya quittiert hat, stand nicht auf der Liste. Anders als eben van Gaal. Der müsste allerdings aus dem Vertrag in Alkmaar (bis 2010) herausgekauft werden. „Wie es aussieht, kommt er da raus“, sagte Hoeneß der „SZ“, „wir müssen keine Ablöse zahlen.“ Wenn es denn so kommt.
Van Gaal, dessen kompletter Vorname Aloysius Paulus Maria lautet, wuchs als jüngstes von neun Kindern auf, sein Vater starb, als er elf war. Er wurde streng erzogen, die Kinder mussten ihre Mutter angeblich sogar siezen.
Strenge, Disziplin, Kontrolle – van Gaals Lieblingskinder. Damit hatte er Erfolg bei Ajax Amsterdam (Champions-League-Sieg 1995) und beim FC Barcelona (spanischer Meister 1998, 99). Ein Mal versagte er: Als Bondscoach der holländischen Nationalelf verpasste er die Qualifikation zur WM 2002 und wurde von den deutschen Fans verhöhnt.
In den nächsten Wochen soll die Entscheidung fallen. „Am 31. Mai gehen die Spieler in den Urlaub, bis dahin werden wir einen Trainer präsentieren“, kündigte Hoeneß an. Wie praktisch, dass die Saison in Holland schon nächstes Wochenende vorbei ist. Das schafft Zeit für Verhandlungen.
Patrick Strasser
