FC Bayern: Ein Hormonschub macht sie so stark
Der Last-Minute-Sieg in Stuttgart löste bei den Bayern-Stars ungeahnte Emotionen aus: „Wie die kleinen Kinder“. Trotz neuer Rekorde versichert Dante: „Wir haben noch Hunger“
München - Bayern-Dusel? Wer was das eigentlich gleich nochmal? Ein Relikt aus grauer Vorzeit, dieser 12. Mann, der oftmals eine taumelnde, uninspirierte Mannschaft in den letzten Minuten zu einem glücklichen Sieg verhalf. Denn sie wussten nicht, wie ihnen geschah. Manchmal war’s fast peinlich, und so wurde der „Bayern-Dusel“ eine landesweites übliches Schimpfwort.
Die Nummer vom Mittwochabend in Stuttgart, aus 0:1 mach 2:1, mal wieder in letzter Minute, die hatte nun wirklich nichts mit Glück zu tun. Wer ko, der ko. Und der Gegner ist platt. Schön platt gemacht: per Seitfallzieher von Thiago, Kategorie Meisterschuss und Tor des Monats. Mindestens. Daher löste der Thiago-Treffer bei Spielern, Trainern und Fans Emotionen aus, die man in dieser Rückrunde nur noch bei wichtigen Toren in der Champions League erwartet hätte.
Denn ob die Bayern mit elf oder wie nun mit 13 Punkten vorne liegen (neuer Rekord, logo) ist auch schon egal. So sind es nach 18 Spielen satte 50 Punkte (Rekord? Aber sicher!) und noch mehr Neider. „Jeder Gegner will der erste sein, der uns schlägt“, sagt Kapitän Philipp Lahm. Die Bayern können ihre Motivation in der Liga nur noch im Ausbauen ihrer Serien (43 Spiele ungeschlagen) suchen.
„Immer gewinnen, gewinnen, gewinnen – ich weiß, wie schwierig das ist“, sagt Trainer Pep Guardiola und fügt hinzu, es sei normal, dass die Konzentration nicht „immer so hoch ist, wenn du so viel Lob bekommst“. Seine Erkenntnis: „Manchmal brauchen wir eine Warnung oder ein Problem wie in Salzburg (0:3 im Testspiel, d. Red.) oder diesmal in der ersten Halbzeit, um zu reagieren.“ Und ein enges, intensives Spiel. Einen Gegner, der dagegen hält. Das Spiel wurde zum Kick, ein echter Hormonschub. Dante, der am rechten Auge ein dickes Veilchen davontrug, legte sich mit Harnik an, Boateng als Rächer mit der halben Stuttgarter Elf. Toni Kroos pfefferte, erbost über den Spielstand, die eigene Leistung und die Auswechslung seine Handschuhe vor der Bank weg.
„So einen Sieg kann man einfach nicht mit einem lockeren 4:0 vergleichen“, sagt Thomas Müller, „das ist von den Hormonen her schon ein anderes Erlebnis. Man hat ja gesehen, wie wir uns Freude haben – wie die kleinen Kinder.“ Die Jubeltraube vor der Kurve hatte jedenfalls triplehafte Züge. „Wir mussten uns in Stuttgart alles hart erarbeiten, glauben aber auch nach einem Rückstand immer an uns“, sagt Torhüter Manuel Neuer feixend, „wenn du ein Spiel gedreht hast, ist das was ganz Besonderes – auch für uns. Das ist ja nicht so häufig der Fall.“
In der Liga war’s erst der vierte Rückstand: Mainz, Hertha, Hoffenheim und nun Stuttgart – alle Spiele wurden gewonnen. „Das ist Bayern München“, freut sich Thiago und Dante versichert: „Wir haben immer noch Hunger.“ Da kommt was auf die Liga zu. Nachlassen wegen des Mega-Vorsprungs? Aber nein!
Doch wen trifft die nächste Hormonwelle? Sonntag-Gegner Eintracht Frankfurt (17.30 Uhr, Sky live)? Wohl genau so wenig wie die Hierzulande-Gegner Nürnberg (8.2.), HSV (12.2./Pokal), Freiburg (15.2.), Hannover (23.2.). Zu einfach. Es sei denn, es wird hitzig, etwa im bayerischen Derby. Mehr Spaß werden den Bayern die Duelle im Achtelfinale der Champions League gegen den FC Arsenal (19.2./11.3.) machen, ein echter Gegner.
„Ich bin glücklich, dass wir den Geist im Team haben, der uns letztes Jahr so stark gemacht hat“, sagt Müller. Der Geist, der sich aus Hormonen speist.