FC Bayern: Die Ungeliebten

MÜNCHEN - Die Wut der Fans richtet sich gegen den Trainer - Jürgen Klinsmann ist nicht erst seit Dienstagabend, seit den Protesten beim 1:1 gegen den FC Barcelona in der Champions League, im Zentrum der Kritik der Kurve. Wer das früher noch war.
Die Rufe dürften Trainer Jürgen Klinsmann wie ein Echo verfolgen. „Klinsmann raus!“, skandierten einige Fans während des 1:1 in der Champions-League gegen den FC Barcelona, gegen Ende immer lauter. Ein klares Votum der Fans – und Manager Uli Hoeneß hatte ja immer wieder betont, wie ernst er die Kurvenstimmung als Seismograph für aktuelle Entwicklungen nimmt. Denn à la long lasse sich gegen die Kurve keine Politik machen. Hoeneß weiß das.
Es konzentriert sich alles auf Klinsmann – weshalb der Coach trotz eines Vertrages bis 2011 kaum zu halten sein wird. Pfiffe zum Trainingsauftakt an der Säbener Straße? Anti-Klinsmann-Transparente zum Audi-Cup Ende Juli wenn der AC Mailand, Manchester United und die Boca Juniors aus Buenos Aires in die Allianz Arena kommen? Das wäre doch sehr peinlich. Das Problem sei, dass man keinen Sündenbock mehr in der Mannschaft habe wie einst Michael Ballack, soll Hoeneß neulich gesagt haben. Auch beim heutigen DFB-Kapitän hatte es in seinem letzten Jahr Pfiffe und Protest-Plakate gegeben. Klinsmann und Ballack – bei weitem keine Einzelfälle.
Der Spieler Klinsmann
Schon in den Jahren 1995 bis ’97 wurde dem Stürmer eher Skepsis und Argwohn entgegengebracht denn uneingeschränkte Zuneigung. Und das trotz seiner Erfolge. Dank Klinsmanns Toren (15 – bis heute Rekord) gewannen die Bayern 1996 den Uefa-Cup, holten ein Jahr später die Meisterschaft. Nach Indiskretionen gegen seine Person verkündet Klinsmann im März seinen Abschied aus München zum Saisonende. Er sagte: „Es gab viele Dinge, die in den letzten Monaten passiert sind. Vielleicht passt auch meine Person nicht zu diesem Verein.“ Im Mai legte er nach: „Bei mir ist im Laufe der Zeit das Vertrauen zum Klub leider verloren gegangen. Es wird höchste Zeit, dass die Tortur aufhört.“
Michael Ballack
Nach der WM 2002 kam Ballack von Bayer Leverkusen zum FC Bayern. Im Sommer hatte er in Asien die Nationalelf – neben Oliver Kahn – bis ins Finale geführt. Ballack war hoch angesehen, der kommende Superstar Deutschlands. Die Mannschaft holte sofort das Double, wie auch 2005 und 2006. Doch in der letzten Saison kam es zum Bruch – zunächst mit der Vereinsführung. Ballack war ablösefrei zum Saisonende, liebäugelte mit anderen Vereinen. Auf der Jahreshauptversammlung zog Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge das Angebot der Bayern unter großem Jubel der Fans zurück. In den letzten Saisonspielen mehrten sich die Proteste gegen Ballack – bei seiner Verabschiedung im Mai gab es Pfiffe und Transparente wie „Der größte Söldner im Land – doch bald ist Michael Geldsack verbannt“. Ballack wechselte zum FC Chelsea.
Ciriaco Sforza
Der Schweizer war 1995 von Otto Rehhagel verpflichtet worden, der Coach wollte ihn als seinen „Quarterback“ vor der Abwehr installieren. Sforzas Spielweise, das oftmals zu legère und lässige Auftreten erinnerte die Fans an die Zeiten von Thomas Berthold über den der damalige Schatzmeister Kurt Hegerich gesagt hatte: „Der teuerste Golf-Profi seit Bernhard Langer“. Sforza fiel in Ungnade, weil er nach nur einer Saison aus finanziellen Gründen zu Inter Mailand wechselte. Reumütig kehrte er nach drei Jahren bei Lautern im Sommer 2000 zurück, konnte er aber nicht überzeugen. Als Mittelfeldspieler erzielte er in 35 Spielen einen Treffer. Aus der Kurve gab es nur Hohn und Spott.
Der Trainer Klinsmann
Die Vorbehalte waren schon bei seiner Verpflichtung groß. Die Fans verübelten Klinsmann, dass er zwei ihrer Lieblinge, zwei Torwart-Legenden des FC Bayern um den Job gebracht hatte. Als Bundestrainer wurde erst Sepp Maier durch Andreas Köpke ersetzt, vor der WM löste Jens Lehmann Oliver Kahn als Nummer eins ab. Und nun der Fall Rensing. Ein Kurvenliebling, der seinen Posten an Jörg Butt verloren hat. Das löste Sprechchöre aus, die es früher nur einmal gegen Manager Robert Schwan gegeben hatte, der Franz Beckenbauer 1977 zu Cosmos New York wechseln ließ – freilich auf den Wunsch Beckenbauers.
Otto Rehhagel
Giovanni Trapattoni war in seinem ersten Bayern-Jahr gescheitert, im Sommer 1995 sollte mit dem Bremer Erfolgstrainer Otto Rehhagel alles neu, alles besser werden. Doch Rehhagel legte sich nach und nach mit den Leitwölfen des Teams an, mit Thomas Helmer, Jürgen Klinsmann und dem jungen Mehmet Scholl. Bei den Fans war Rehhagel immer der Bremer Erzfeind geblieben, die Stimmung der Kurve wandte sich spätestens im Frühjahr 1996 gegen ihn. Nach einem 0:1 gegen Rostock wurde Rehhagel trotz des zwischenzeitlichen Finaleinzugs im Uefa-Cup gefeuert. Franz Beckenbauer übernahm, der Populärste.
Patrick Strasser