FC Bayern: Der lange Weg von München nach Barcelona

Nach dem Champions-League-Finale, das der FC Barcelona souverän mit 2:0 gegen Titelverteidiger Manchester United gewann:: Was fehlt den Bayern zum besten Team Europas? Die AZ vergleicht Mannschaft, Trainer, FInanzen, Sponsoren und Fans. Fazit: Viel Luft nach oben
ROM Ganz nebenbei wurde Josep, genannt Pep, Guardiola kurz nach dem Schlusspfiff des Champions-League-Finals noch zum Ritter geschlagen. Sinnbildlich. Der spanische König Juan Carlos hatte eine Hand auf Guardiolas Schulter gelegt, um dem Trainer-Novizen zum 2:0 des FC Barcelona gegen Manchester United zu gratulieren. Zuvor hatten seine Spieler den Coach auf Händen getragen, ihn hoch leben lassen. Man stelle sich vor, die Bayern-Profis hätten in Rom ihren Trainer Jürgen Klinsmann und Horst Köhler hätte – lassen wir das.
Die Bayern sind derzeit zwischen Kaufbeuren und Eichstätt. Es folgen Magdeburg und Sittard – die Orte der postsaisonalen Tingeltour. Und Barcelona, nun das Sinnbild für den Gipfel des europäischen Fußballs, ist ganz weit weg. Noch mehr als es das 0:4/1:1 im direkten Duell des Viertelfinals im April ausdrückte. Damals wurden die Bayern in 45 Minuten von Messi, Henry und Eto’o auseinandergenommen.
Ab Sommer wollen sich die Bayern mal wieder renovieren, reanimiert fühlen sie sich bereits durch die Verpflichtung von Timoschtschuk, Olic und 30-Millionen-Mann Gomez. Auch Louis van Gaal steht für den Neubeginn. Der Holländer betreute den FC Barcelona von 1997 bis 2000 und in der Saison 2002/03. Mehr Barca-Power kann keiner aus dem Kader vorweisen, abgesehen von Mark van Bommel, der ein Jahr (2005/06) bei den Katalanen spielte.
Doch was trennt die beiden Klubs wirklich, wie groß ist die Kluft. Die AZ macht den Vergleich:
DIE MANNSCHAFT
Aus den Reihen des FC Bayern hätten höchstens die drei erwähnten Neuzugänge plus Franck Ribéry, Lucio und Philipp Lahm die Qualität, sich in der Weltklasse-Truppe von Barca einen Stammplatz sicher zu können. Deren Mittelfeld um die genialen Spielmacher Iniesta und Xavi bildete auch das Herz und den Motor der spanischen Nationalelf, die 2008 Europameister wurde.
DER TRAINER
Guardiola machte es wie Klinsmann. Er ging Risiko, übernahm im Sommer 2008 eine Profi-Vereinsmannschaft ohne jegliche Erfahrung auf diesem Gebiet. Der Spanier räumte drei Titel (neben der Champions League die spanische Meisterschaft und den Königspokal) ab, Klinsmann nach zehn Monaten seinen Spind. „Guardiola hat den Vorteil, dass er 15 Jahre lang in diesem Verein selbst gespielt hat und von daher das System kennt, das gespielt wird“, lobte ihn Ex-Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld und fügte hinzu: „Er hat akribisch daran gearbeitet, dieses System zu verfeinern.“
DIE FINANZEN
In der jährlich herausgegebenen Liste „Football Money League“ des Wirtschaftsprüfungsunternehmens „Deloitte“ liegt der FC Barcelona mit einem Jahresumsatz von 308,8 Millionen Euro im europäischen Ranking der Saison 2007/08 zwar hinter Manchester United und Real Madrid, aber auch nur einen Rang vor dem FC Bayern (295,3 Mio. ). Bemerkenswert: 2003 lag der Umsatz noch bei noch 123 Millionen Euro und wurde somit in fünf Jahren fast verdreifacht. Bei den TV-Geldern ist Barca gegenüber Bayern weit im Vorteil, was an der dezentralen Vermarktung in Verbindung mit der weltweiten Nachfrage an TV-Übertragungen liegt. Barcelona nahm in der Heimat 116,2 Mio. ein, der FC Bayern über die Bundesliga-Rechte nur lächerliche 28,11 Millionen Euro.
DIE SPONSOREN
Wegen der hohen TV-Einnahmen kann sich der FC Barcelona leisten, auf einen Trikotsponsor (der FC Bayern bekommt von der Deutschen Telekom rund 20 Mio. pro Jahr) zu verzichten. Stattdessen überweist man für den Schriftzug von UNICEF, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, jährlich rund 1,5 Millionen Euro.
DIE FANS
Der FC Barcelona hat nach Benfica Lissabon die zweithöchste Anzahl an eingetragenen Vereinsmitgliedern weltweit, der Verein besitzt 162979 Mitglieder (Bayern: Über 140000), und wird von rund 1888 Fanclubs (Bayern: Mehr als 2400). Barca hat europaweit etwa 44,2 Millionen Fans – keiner hat mehr.
Es ist also noch viel Luft nach oben.
Patrick Strasser