FC-Bayern-Boss Eberl in der Gegenoffensive: Was der Bayern-Boss mit seiner Wutrede bezweckt

Die Kompany-Bayern spielen dominant, aber mit totalem Risiko. FC-Bayern-Sportboss Max Eberl reagiert auf die Barça-Pleite mit einer Wut-Rede. Wer Schuld ist? Die Journalisten, der Schiedsrichter und der Spielplan.
von  Patrick Strasser
Sportvorstand des FC Bayern: Max Eberl. Im März diesen Jahres schwärmte er noch von Mathys Tel.
Sportvorstand des FC Bayern: Max Eberl. Im März diesen Jahres schwärmte er noch von Mathys Tel. © IMAGO / RHR-Foto

München - Die Vorrunde, ob sie in der Champions League nun Gruppenphase oder Liga-Phase wie nach der Überarbeitung des Modus zu dieser Saison heißt, war zuletzt eine Bank für den FC Bayern. Unglaubliche 41 Vorrundenpartien blieben die Münchner seit 2017 ungeschlagen, dann kam das 0:1 vor drei Wochen bei Aston Villa. Nun setzte es in Barcelona die nächste Pleite, eine 1:4-Packung. Das war den Bayern zuletzt 2009 widerfahren. Und noch eine für den Rekordmeister höchst unangenehme Statistik in diesem Zusammenhang: Zwei Niederlagen an den ersten drei Spieltagen gab es auf höchster europäischer Ebene seit den 90er Jahren nicht mehr.

"Die letzten sechs Jahre, glaube ich, sind wir relativ souverän durch die Gruppenphase marschiert", sagte ein geknickter Joshua Kimmich eine halbe Stunde vor Mitternacht im altehrwürdigen Olympiastadion von Barcelona und fügte hinzu: "Davon konnten wir uns dann auch nichts kaufen." Womit er den Königsklassen-Triumph von 2020, für den er selbst entscheidend gesorgt hatte, unterschlug. Passte zum Gesamtbild an diesem lauen Spätsommerabend in Katalonien, an dem über den Köpfen der Münchner virtuell der erste Herbststurm heraufzog. Und für Sorgenfalten allüberall sorgt, vor allem bei Trainer Vincent Kompany.

Kompany lässt beim FC Bayern weiter Harakiri spielen

Was in der Bundesliga bis auf das wilde 3:3 in Frankfurt funktioniert, dieses intensive, hohe Pressing und das Eins-gegen-Eins auf der letzten Linie in der Restverteidigung, scheint nicht kompatibel für starke, ebenso risikofreudige Gegner auf Champions-League-Niveau. Kompany aber gibt sich weiter systemtreu, trotz aller Risiken und Nebenwirkungen. Mutig, mutig. Man könnte auch sagen: Er lässt weiter Harakiri spielen. Rastlose Spieler auf dem Feld, ein kompromissloser Trainer an der Seitenlinie. Dass er seiner Linie treu bleibt und nun nicht zurückrudert, ist nachvollziehbar wie logisch. Sonst würde der 38-jährige Belgier nach den ersten Widerständen bzw. Misserfolgen (von den letzten fünf Partien gewann der FC Bayern lediglich eine) als Umfaller gelten.

Keine Anpassung. Kompany zieht sein Hochrisikospiel durch. Der FC Barcelona war als Mannschaft nicht durchgehend besser als die Bayern, die individuelle Klasse einiger Spieler (Lamine Yamal, Raphinha) offenbarte die Systemschwächen der Münchner. Noch stehen Kompanys Spieler voll und ganz hinter seiner Ausrichtung. "Der Weg, auf dem wir uns befinden, fühlt sich für uns sehr, sehr richtig an", meinte Vize-Kapitän Kimmich. Er selbst kam als Sechser wie beim 0:1 nach eigenem Patzer in die Verlegenheit, ein Laufduell gegen einen durchgebrochenen Gegner bewältigen zu müssen. Die Innenverteidiger Min-jae Kim und Dayot Upamecano kamen, durch das mannorientierte, hohe Verteidigen auf letzter Linie alleine gelassen, an ihre körperlichen und qualitativen Grenzen.

Wutrede des Bayern-Bosses: Eberl stellt sich vor die Mannschaft

Alles eine Frage der Konzentration, des Bisses oder gar der Klasse der Defensive? Als ein Reporter nach der Partie in der Mixed Zone des Estadi Olímpic auf die einzelnen Abwehr-Fehler bei den Gegentoren ansprach, blaffte ihn der Sportvorstand des FC Bayern an: "Mach` einen Trainerschein, dann kannst du es besser machen! Das hat nichts mit der Defensive zu tun! Das ist so billig, wenn wir Gegentore bekommen, es auf die Defensive zu schieben. Man möchte auseinanderdividieren. Und das lassen wir nicht zu." Man werde bei den Bayern auch nach der zweiten Saison-Niederlage "jetzt nicht an einzelnen Personen herumnörgeln", so Eberl angefressen und dünnhäutig. Sein Credo, vorgetragen als Mantra: "Wir verteidigen das, was wir tun, weil wir davon überzeugt sind."

Eberl im Attacke-Modus. Dass sich der 51-Jährige mit seiner Wutrede in Barcelona wie ein XXL-Schutzschild vor die Mannschaft stellte, dürfte Uli Hoeneß gefallen haben, war aber wohl auch ein bisschen Selbstzweck. Schließlich ist der Name Kompany ganz eng mit dem Sportvorstand verknüpft.

Eberl sucht Ausreden nach FC-Bayern-Debakel

Außerdem war es billig von Eberl, dem Schiedsrichter für das 1:2 durch Robert Lewandowski eine Mitschuld zu geben wegen des leichten Schubsers gegen den Rücken von Kim ("Der Push entscheidet diesen Zweikampf, das ist ärgerlich"). Ebenso billig, den auswärtslastigen Spielplan der Bayern zu erwähnen. In sieben von elf Partien mussten sie bisher auswärts ran, hinzu kommen die nächsten beiden Spiele am Sonntag in Bochum und kommenden Mittwoch im DFB-Pokal in Mainz. Wo ist das Mia san mia?

Während seiner nächtlichen Bankettrede meinte Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen vielsagend: "Ich bin sicher, Vincent und sein Team werden die richtigen Schlüsse ziehen." Sollten sie. Baldmöglichst.

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