FC Bayern beim HSV: Die hohe Fußball-Kunst
Der Barca-Vergleich. Er drängte sich ja auf, aber es brauchte doch den Mut eines Paul Breitner, ihn auszusprechen. Nach dem zauberhaften 3:0 beim HSV stellte Breitner im „Sport1-Doppelpass“ fest: „Wir haben zwei, drei Gänge hochgeschaltet, sind endlich auf dem Weg, Hochgeschwindigkeitsfußball à la FC Barcelona zu spielen.“ Ah! Barca, Messi: Welcher Kicker mag sich nicht mit diesen Ikonen vergleichen? Aber Breitner hat ja recht. Sein alter Spezl Uli Hoeneß hatte mit dem Schwärmen schon angefangen: „Das ist fast Fußballkunst. Es macht Spaß, dieser Mannschaft zuzuschauen, wenn sie losgelassen wird.“
Das sah auch der unterlegene Gastgeber so. Das sah auch der unterlegene Gastgeber so. Von der „besten Mannschaft der Liga“ sprach Rafael van der Vaart. Torhüter René Adler bemerkte, dass Bayern „eine Liga besser, in allen Belangen überlegen, eine Nummer zu groß für uns war“.
Fünfter Sieg im fünften Auswärtsspiel, 15:0 Tore, sieben Punkte vor Schalke, elf vor Dortmund – besser hätte der Ausflug zum Ex-Angstgegner nicht gelingen können. Sechs Jahre und fünf Ligaspiele lang hatte Bayern nicht mehr im Norden gewonnen. Nun gab’s eine Lehrstunde. „Allererste Sahne“ lobte Jupp Heynckes diese Demonstration der Stärke. „Wir haben nicht nur eine Klasse-Mannschaft, sondern auch einen sehr guten Teamgeist.“ Er schwärmte vom Umschaltspiel („erstklassig, ausgezeichnet“) und „wunderbaren Ballpassagen“. Selbst Matthias Sammer sprach von einer „sehr geschlossenen Leistung auf ziemlich hohem Niveau, von allen“.
Das torgefährlichste Mittelfeld der Liga hatte herrliche Ballstafetten auf den Rasen gezaubert. Vorneweg: Franck Ribéry, der am Ende fast noch überheblich geworden wäre, so unwiderstehlich hatte er seine Gegner zuvor immer wieder ausgetanzt. Besonders gut verstand er sich diesmal mit Toni Kroos und Thomas Müller. Beim 1:0 sah Kroos nur scheinbar wie gescheitert aus, als er nicht an Adler vorbei kam, Sekunden später aber cool, geduldig und punktgenau auf Bastian Schweinsteiger flankte, der zum 1:0 per Flugkopfball traf. Nach der Pause war es Müller, der fast von der Grundlinie aus per Kunstschuss zum 2:0 traf und bescheiden meinte: „Der Giovane Elber hat mal einen noch schwierigeren Treffer gemacht. Ich kann’s auch nur mit rechts, er konnte es auch mit links. Aber es zählt ja eh nur einmal.“ Adler staunte: „Es gibt nicht viele in der Liga, die den so machen.“ Nach Müller war wieder Kroos dran, der die Kugel nach doppeltem Doppelpass mit Ribéry hoch ins kurze Eck jagte und seinen neuen Torjäger-Status lapidar kommentierte: „Den hab’ ich einfach reingehauen.“
Einfach so. Federleicht und unbeschwert wirkte das Spiel der Bayern. Nach 20 Minuten hatten sie den Zugriff aufs Spiel – und gaben ihn nicht wieder her. Paul Breitner sah „ein Pressing, das es so in der Bundesliga noch nie gegeben hat. Diese Art zu spielen bringt auch die Spieler eine Stufe nach oben.“ Doch das Leichte findet erst seinen Weg, wenn das Schwere getan ist. O-Ton Heynckes: „Heute hat Ribéry ein überragendes Spiel gemacht, aber genauso wichtig war Mandzukic, der gearbeitet, gepresst, nach hinten Wege gemacht hat. Das zeichnet meine Mannschaft derzeit aus: Dass einer für den anderen da ist. Dass wir gemeinsam den Erfolg suchen.“ Man darf sich freuen – auf weitere Kunststücke.