FC Bayern: Aufrüstung 2012
Jupp Heynckes hat bei den Bossen durchgesetzt, dass der Bayern-Kader vergrößert wird. Vorbild ist Real Madrid, wo Kaká, Sahin und Altintop auf der Bank sitzen. „Wir werden dadurch noch besser.“
Das 0:2 der Bayern bei Manchester City letzte Woche war teuer. Nicht wegen der 800.000 Euro Prämie, die es im Erfolgsfall von der Uefa gegeben hätte. Die Erkenntnis, welche die Verantwortlichen aus der Niederlage der B-Elf gezogen haben, wird eine hübsche Summe kosten.
Im Grunde hat Trainer Jupp Heynckes mit der üppigen Personalrochade von acht neuen Spielern in der Startformation zwei Anliegen mit einer Klappe geschlagen: erstens die Schonung des Stammpersonals – was ja durch das 2:1 am Wochenende in Stuttgart perfekt aufging – und zweitens haben die Bosse vor Augen geführt bekommen, dass Handlungsbedarf besteht. Die Bank des FC Bayern ist eben nicht die des FC Barcelona oder von Real Madrid. Zu gering besetzt und zu wenig Qualität, um im Ernstfall auch in der Champions League mithalten zu können.
Die kontinuierliche Aufrüstung des Kaders ist Heynckes ein ernstes Anliegen. Eine Stardichte soll die Leistungsdichte erhöhen. Der knapp bemessene aktuelle Kader (24 Profis, darunter vier Torhüter) soll aufgestockt werden – auch im Sinne von Heynckes’ liebstem Stilmittel: der Rotation. „Der FC Bayern muss versuchen, jedes Jahr zwei Top-Spieler zu verpflichten, um den Kader insgesamt breiter aufzustellen und qualitativ noch besser zu machen“, findet Heynckes.
Mehr Qualität und noch mehr Talente, die bevorzugt aus München und der Region kommen sollen. Den Markt in Südamerika will man nicht mehr durchscouten, eher in der Heimat sichten. Talente wie den Münchner Moritz Leitner, den Allgäuer Mario Götze sowie die Rosenheimer-Zwillinge Brüder Sven und Lars Bender (bis auf den Leverkusener Lars alle bei Borussia Dortmund) sollen ihnen nicht mehr durchrutschen. Auf der Jahreshauptversammlung wurde viel vom Zwei-Säulen-Modell gesprochen: Talente plus Transfers von Stars.
„Wenn wir einkaufen, dann tun wir es nicht, weil wir ein Spiel verloren haben, sondern weil der Kader zu klein ist“, sagte Präsident Uli Hoeneß dem „kicker“. Der Kader wird noch kleiner. Zwar hat Heynckes sein Veto gegen einen Januar-Wechsel von Ivica Olic eingelegt, dafür wird dessen Landsmann Danijel Pranjic gestattet, sich in der Rückrunde woanders Spielpaxis für die EM 2012 zu holen. Der Hamburger SV ist interessiert. Beide Kroaten haben auslaufende Verträge, eine Weiterbeschäftigung über Juni 2012 hinaus scheint ausgeschlossen. Auch Breno und Usami (nur ausgeliehen) stehen zur Disposition. Einzig Tymoshchuk und van Buyten bleiben wohl.
Also wird eingekauft. Bei 129 Millionen Euro freier Liquidität wohl kein Thema, letzten Sommer gab man rund 44 Millionen Euro aus. Neben dem Gladbacher Flügelspieler Marco Reus, der eine Ausstiegsklausel aus seinem Vertrag für 17,5 Millionen Euro hat, und dem Freiburger Stürmer Papiss Demba Cissé , für den man gute zehn Millionen Euro berappen müsste, haben die Bayern noch andere Kandiaten im Visier:
Etwa Kevin Strootman (21), als defensiver Mittelfeldspieler vom PSV Eindhoven die Entdeckung der Saison in Holland. Dazu Ricardo Rodríguez (19), den Linksverteidiger vom FC Zürich, der in den Duellen in der Champions-League-Qualifikation aufgefallen war. Der ghanaische Nationalspieler André Ayew (21), Sohn von Ex-Löwenprofi Abedi Pele, müsste von Olympique Marseille weggekauft werden. Dort bemüht man sich um eine Vertragsverlängerung mit Ayew, der als kleiner Bub von 1996 bis 1998 Balljunge im Münchner Olympiastadion war.
Ein großer Kader birgt Gefahren. Mehr Konkurrenz bedeutet mehr Druck, eine größere Anzahl an Unzufriedenen. Für Heynckes kein Problem. „Wir werden dadurch noch besser.“ Er verweist auf Real Madrid, wo ein Kaká, ein Sahin und ein Altintop meist auf der Bank sitzen. Barcas C-Elf, im Durchschnitt 21 Jahre jung, besiegte Champions-League-Teilnehmer Borisov 4:0, was Heynckes sehr imponierte – „das wird auch beim FC Bayern passieren.“
Auf Christian Nerlinger, den Sportdirektor, kommt viel Arbeit zu.