FC Bayern Audi Summer Tour China: Willkommen bei den Super-Fans!
München - Der 33-Jährige Li Zhang arbeitet als Sportreporter für die Zeitung „Titan Sports“ und kommentiert Bundesligaspiele im chinesischen TV. Fünf Jahre lebte er als Korrespondent in Deutschland. Die AZ hat ihn zum Interview getroffen.
AZ: Herr Li Zhang, Sie arbeiten seit 2002 für die Sportzeitung „Titan Sports“, die drei Mal pro Woche erscheint und bis zu drei Millionen Stück Auflage hat. Wie traurig sind die chinesischen Fans, dass Bastian Schweinsteiger ab Freitag nicht bei der China-Reise des FC Bayern mit dabei sein wird?
LI ZHANG: Schon sehr, sicher genauso wie in Deutschland. Ich weiß, dass viele Fans bereits Geschenke für Bastian Schweinsteiger vorbereitet und sich viel Mühe gegeben hatten.
Was denn für Geschenke?
Liebenswerte Kleinigkeiten. Viele malen ihre Lieblingsspieler und wollen diese Zeichnungen dann ihren Idolen überreichen. Die Fans sind ganz begierig nach Fotos, Selfies und Autogrammen. Ich kann schon versprechen, dass es einen riesigen Empfang für die Bayern am Flughafen von Peking geben wird. Die chinesischen Fans schwärmen aber nicht nur für Schweinsteiger, auch für Manuel Neuer, Philipp Lahm und Thomas Müller – auf die können sie sich ja freuen.
Bayern eine Mannschaft - nicht ein einzelner Star
Sind das die Lieblingsspieler aus dem Bayern-Kader?
Ja, aber auch Arjen Robben und Franck Ribéry gehören dazu. Der Unterschied zwischen dem FC Bayern und Vereinen wie Real Madrid oder dem FC Barcelona jedoch ist: Bei Bayern gibt es viele Stars, nicht den einen Superstar, der alles überstrahlt. Siehe Messi bei Barça und Cristiano Ronaldo bei Real.
Wie wichtig wird die Reise für die Popularität und den Marktwert des FC Bayern in China? Es ist schon der vierte Besuch seit dem Jahr 2000.
Aber diesmal ist es der längste. 2000 war man für ein Spiel in Shanghai, 2007 in Hongkong. 2012 spielte man in Peking und Guangzhou, diesmal kommt Shanghai dazu. Drei Spiele, drei Städte – das ist ein Signal, wie ernst man es meint. In diesen drei Metropolen leben die meisten Fans des deutschen Fußballs, in Peking gibt es einen Bayern-Fanklub.
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Auf einer Stufe mit Barça und Real
Wie nah kommen die Fans ihren Idolen auf dieser Marketing-Tour?
Es wird mindestens ein öffentliches Training geben. Bei manchen Sponsoren-Terminen können ausgewählte Fans dabei sein. Bei „Total Soccer“, der populärsten Fußball-Sendung des chinesischen Staats-Fernsehens „CCTV-Sports“ wird es in der üblicherweise zweistündigen Sendung diesmal eine Stunde nur um den FC Bayern gehen. Manuel Neuer und Thomas Müller werden zu Gast im Studio sein, dazu wird eine Dokumentation gezeigt. Für „Total Soccer“ produziert der FC Bayern übrigens wöchentlich exklusive Interviews und Filmmaterial.
Wie populär sind die Bayern aktuell in China?
Immens – vor allem durch den Gewinn der Champions League 2013 und durch den WM-Triumph der Nationalelf von 2014. Bayern ist beliebter als Borussia Dortmund und steht mittlerweile auf einer Stufe mit Barça und Real. Das war vor zehn Jahren noch ganz anders. Bayern hat enorm aufgeholt in China.
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Millionenpublikum bei Bayernspielen in China
Wie viele Zuschauer haben die Live-Übertragungen der Bundesliga?
Natürlich viel mehr, wenn Bayern gezeigt wird, dann sind es rund vier bis fünf Millionen bei CCTV. Drei Spiele werden pro Spieltag übertragen, normalerweise ist immer Bayern dabei. Ich kommentiere seit 2013 Matches für diesen Sender.
Durch die Zeitverschiebung von aktuell während der deutschen Sommerzeit sechs Stunden beginnen die Partien in China sehr spät.
Daran haben sich die Fans gewöhnt. 15.30 Uhr ist kein Problem, dann sind die Spiele vor Mitternacht vorbei. Schwierig wird es bei den Top-Spielen ab 18.30 Uhr oder denen vom Freitagabend.
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Deutsche Trainer in Chinas - da geht mehr!
Wohin geht der Weg des chinesischen Fußballs? Die Nationalelf konnte sich erst einmal für eine WM qualifizieren, schied 2002 in Japan und Südkorea nach drei Pleiten in der Vorrunde mit insgesamt 0:9 Toren kläglich aus.
Ich glaube, wir stehen erst am Anfang unserer Entwicklung. Die Regierung hat nun einen Plan aufgestellt, um Talente effektiver zu sichten und auszubilden. Viel Know-how ist gefragt. Das Motto ist: Nicht kopieren, sondern lernen! Etwa von ausländischen Coaches. Unser Nationaltrainer ist Franzose, Alain Perrin übernahm im Februar 2014. Beim Asien-Cup 2015 scheiterten wir erst im Viertelfinale an Australien – ein Fortschritt. Nun wollen wir uns für die WM 2018 in Russland qualifizieren.
Wie sieht es mit deutschen Trainern in Chinas „Super League“ aus? Der Brasilianer Luiz Felipe Scolari trainiert Guangzhou Evergrande, der Schwede Sven-Göran Eriksson Shanghai SIPG und der Rumäne Dan Petrescu Jiangsu Sainty – alle fürstlich honoriert.
Marco Pezzaiuoli, zwischen Januar und Mai 2011 in Hoffenheim tätig, ist Nachwuchskoordinator bei Meister Guangzhou Evergrande. Da wäre also noch Nachholbedarf.
Neuer und Müller sind sehr neugierig
Fünf Jahre haben Sie als Korrespondent für „Titan Sports“ in Deutschland gelebt und gearbeitet.
Es war eine tolle Zeit. Im Sommer 2014 habe ich die Nationalelf vom ersten Tag des Trainingslagers vor der WM in Südtirol bis zur Siegerparty am Brandenburger Tor begleitet und nun ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „Dieser Weg“. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach war so freundlich, das Vorwort zu schreiben – was mich sehr gefreut hat und stolz macht.
Mit welchen Spielern haben Sie die besten Erfahrungen bei Interviews gemacht?
Mit Neuer und Müller habe ich oft gesprochen. Sie sind sehr neugierig und wollen von mir viel über den chinesischen Fußball erfahren. Da quatscht man dann halt ein bisschen.