Fanclub-Boss Simmerl: "An Thomas Müller führt kein Weg vorbei"
München - An den Tagen rund um Weihnachten sieht es im Zuhause von Werner Simmerl in Puchheim noch mehr nach FC-Bayern-Museum aus als ohnehin schon. Und das will was heißen.
Frau Karin schmückt den Christbaum dann mit roten Kugeln im Bayern-Design, die weißen Golfbälle wären für die kleinen Zweige ja auch einfach zu schwer. Wobei: Werner Simmerl, der passionierte Golfer, hätte welche da, manche sogar mit Bayern-Logo, andere mit der Beschriftung des Oldie-Fanclubs, bei dem er Gründer und Vorsitzender ist. Aber die verschenkt der 77-Jährige lieber. Oder er versenkt sie eben auf dem nahe liegenden Golfplatz in den Löchern der Spielbahnen.
Simmerl hat die Mitgliedsnummer 493
Simmerls Leben bewegt sich stets zwischen den kleinen und großen Bällen, schon seit Jahrzehnten. Mehrmals die Woche spielt er mit Freunden Golf im Club in Puchheim, zur Anlage kann er zu Fuß laufen. Bis auf Handicap 20 hat sich Simmerl inzwischen heruntergespielt, was mehr als respektabel ist.
Doch nicht allein deshalb kennt ihn jeder in der Puchheimer "Golf-City": Simmerl ist der größte Bayern-Fan (Mitgliedsnummer: 493), den es hier gibt. Und das sieht man ihm an, auch an diesem kalten Wintervormittag.

Auf Simmerls Golftasche sind vorne zwei Bayern-Logos aufgenäht, ein großes und ein kleines. Dazu ein Spruchband mit "Mia san mia". Simmerl trägt eine dunkelblaue Jacke mit Bayern-Wappen, einen dünnen rot-weißen Schal, auf dem Kopf eine rote Kappe. Und wenn die Sonne nicht so herrlich scheinen würde, hätte Simmerl auch seinen Bayern-Regenschirm dabei. Aber den holt er später fürs Foto noch heraus.
"Den hat mir mal der Andi Jung (FC-Bayern-Vorstand für Marketing, Sponsoring und Events, d. Red.) geschenkt", erzählt Simmerl. "Spezialanfertigung". Auf der Innenseite des Schirms sind die Zuschauerränge der Allianz Arena zu sehen - auch Simmerls Platz auf der Gegengeraden ist leicht zu erkennen: Im Mittelrang hat er bei allen Heimspielen das Banner vom Oldie-Fanclub angebracht.
Diesen gründete Simmerl im Jahr 2000, heute gehört er auch noch anderen Fanclubs wie den 13 Höslwangern oder seinen Freunden aus Nabburg/Oberpfalz an. Teilweise spielen die Fans zusammen Golf, doch meistens treffen sie sich bei Heimspielen in der Münchner Arena oder auf Auswärtsreisen.
Dauerkartenbesitzer seit Saison 1979/80
Da ist Simmerl, der seit der Saison 1979/80 eine Dauerkarte besitzt, immer gern dabei, besonders bei den großen Partien.
Die verlorenen Champions-League-Finals 1999 (in Barcelona gegen Manchester United), 2010 (in Madrid gegen Inter Mailand), 2012 (in München gegen Chelsea) erlebte Simmerl live im Stadion. Erst 2013 wurde er mit dem Triumph in Wembley gegen Borussia Dortmund erlöst. "Das war der schönste Sieg", erinnert sich Simmerl: "Dieses Spiel hätten wir auch wirklich nicht verlieren dürfen."

Einer seiner Lieblingsspieler stand damals schon auf dem Platz: Thomas Müller. "An ihm führt kein Weg vorbei", sagt Simmerl: "Er ist zu hundert Prozent FC Bayern, eine Identifikationsfigur. Ich würde gern mal mit ihm Golf spielen - oder auch mit Philipp Lahm."

Beide Ex-Bayern-Stars können bekanntlich sehr gut mit dem Schläger umgehen, Müller gilt im aktuellen Team der Münchner als bester Golfer. In Trainingslagern mit Bayern oder der deutschen Nationalmannschaft nutzt Müller die freie Zeit fast immer, um auf den Golfplatz zu gehen. Auch Niklas Süle ist oft dabei. Simmerl hat neben Müller weitere Favoriten in Julian Nagelsmanns Bayern-Team: "Phonzy Davies und Jamal Musiala finde ich toll - und was der Kingsley Coman da auf der Außenbahn macht, ist ja sensationell."

Noch mehr gerät Simmerl ins Schwärmen, wenn er über die alten Zeiten spricht, über die Grünwalder Straße und seinen ersten Stadionbesuch. "Meine Tante Hilde war Bayern-Fan, sie hat mich 1957 mal mitgenommen, da war ich 13. Der neue Torhüter Árpád Fazekas hat gespielt, das weiß ich noch. Und es hat mir so gut gefallen, dass ich anschließend immer wieder mit dem Radl von Solln ins Grünwalder gefahren bin - obwohl bei mir in der Klasse sonst alle Sechzig-Fans waren."
"Uli Hoeneß schuldet mir von damals noch einen Gefallen"
Simmerl war immer ein Roter, er hielt dem FC Bayern die Treue. Und so konnte er die folgenden, sehr erfolgreichen Jahre besonders genießen. "Gerd Müller ist sicher der beste und wichtigste Spieler, den wir je hatten. Franz Beckenbauer hätte so schön spielen können, wie er wollte, aber dann hätte vorne trotzdem keiner die Tore geschossen. Das konnte keiner so gut wie der Gerd."

Über die Bayern-Montagskicker lernte Simmerl auch die früheren Legenden Werner Olk und Willi Hoffmann kennen, mit Olk und Franz "Bulle" Roth spielte Simmerl schon Golf. In der Bayern-Familie ist er also kein Unbekannter, zumal Simmerl auch im Arbeitskreis Fandialog mitwirkt, der von Ex-Torhüter Raimond Aumann geleitet wird. "Ich werde da immer ,Stammesältester' genannt", erzählt Simmerl. Aber für 77 ist er freilich noch gut in Schuss, als Fanclub-Vorsitzender und als golfender Bayern-Botschafter.
In Puchheim rollen seine Putts verlässlich ins Loch, da jubelt Simmerl manchmal wie bei einem Müller-Tor - mit geballter Faust.
Auf den Mund gefallen ist Werner Simmerl nicht, war er nie. Sonst hätte er kaum von 1994 bis 2003 Sprecher im Teufelsrad auf der Wiesn sein können. Und sonst hätte er einst auf der Bayern-Jahreshauptversammlung auch kein Plädoyer für Dieter Hoeneß gehalten, der damals als Gerd-Müller-Nachfolger in der Kritik stand. "Uli Hoeneß schuldet mir von damals noch einen Gefallen", sagt Simmerl schmunzelnd. Dann zückt er seinen Schläger und schwingt einmal kräftig durch.