Experiment Schweinéry gescheitert
Endlich durfte Bastian Schweinsteiger im Spitzenspiel gegen Werder Bremen mal wieder von Beginn an ran - als Ersatz für Ribéry. Doch das Experiment endete frustrierend. »Er denkt ganz einfach zu viel«, sagt Ex-Bayern-Star Andi Brehme.
MÜNCHEN Es war seine große Chance. Franck Ribérys Ausfall, der Muskelfaserriss des kleinen, genialen Franzosen verschaffte Bastian Schweinsteiger einen Platz in der Anfangself des Rekordmeisters. Erstmals seit dem 15. Dezember 2007 durfte er wieder von Beginn an ran. Sogar beim Pokalsieg in Wuppertal wurde der 23-Jährige nur eingewechselt. „Ich sehe da kein allzu großes Problem auf uns zukommen. Wir haben einige Spieler, die auf der Ribéry-Position spielen können“, hatte Manager Uli Hoeneß vor dem Gipfeltreffen mit Werder gesagt, „Schweinsteiger, Altintop, Kroos...“ Ausgewählt vom Trainer wurde Ersterer: Ottmar Hitzfeld startete das Experiment Schweinéry – und es scheiterte.
Die Partie endete nicht nur für Tabellenführer Bayern, der den Vorsprung auf sechs Punkte hatte ausbauen wollen, frustrierend, sondern auch für Schweinsteiger. In der laufenden Saison kam er bislang nicht über Kurzeinsätze hinaus – sieben Ein-, fünf Auswechslungen. Und jetzt? Der einstige Sommermärchen-Held konnte den unberechenbaren Franzosen im linken Mittelfeld nicht annähernd ersetzen.
Schweinsteiger läuft – wie bereits seit Monaten – seiner Form hinterher. Er hatte auf der linken Seite kaum Bindung zum Spiel. Tempo-Dribblings à la Ribéry? Tolle Anspiele? Viel Druck über den Flügel? Weitgehend Fehlanzeige. Und das, obwohl Schweinsteiger von seinem Potenzial her dazu in der Lage ist. In Minute 66 hatte Hitzfeld genug, brachte den neuen Jungstar Toni Kroos.
„Natürlich kann man einen Franck Ribéry nicht vollständig ersetzen. Er ist ein Weltklassemann“, hatte Uli Hoeneß vor – und später auch nach – dem Spiel gesagt. Auch um Schweinsteiger, einen der populärsten Bayern-Stars, zu schützen? Mittlerweile scheinen die Bosse schon Mitleid mit dem Oberaudorfer zu haben.
Auch Ex-Bayern-Star Andreas Brehme, der 1990er-Weltmeister, sorgt sich um die Karriere des talentierten Ausnahmekickers. Brehme sieht bei Schweinsteiger vor allem ein Kopfproblem. „Er ist noch immer ein toller Fußballer und bringt alles mit, um ein ganz Großer zu werden“, sagt Brehme, um direkt danach mit einer überraschenden Analyse zu kommen: „Schweinsteiger denkt ganz einfach zu viel. Und dadurch ist ihm diese Unbekümmertheit abhanden gekommen, die jetzt ein Toni Kroos hat. Er wirkt gehemmt und belastet sich offenbar selbst.“
Auch für Brehme ist fraglich, wie die Bayern den noch zehn Tage dauernden Ausfall Ribérys kompensieren sollen: „Ob Schweinsteiger mit einer zweiten Chance geholfen ist, weiß ich nicht. Vielleicht sollte es Hitzfeld gegen Hannover wirklich mal mit Kroos von Anfang an probieren.“
Vorher aber steht der Uefa-Cup am Donnerstag beim FC Aberdeen an. Und gänzlich durchs Bayern-Raster gefallen ist Schweinsteiger in diesem Zusammenhang doch noch nicht: Mark van Bommel meldete sich gestern mit einer Knieprellung krank, wird mit Eis und Strom behandelt – und droht auszufallen. Schweinsteiger könnte erneut in die Bresche springen müssen. Christian Paschwitz