Ex-Liga-Präsident will gegen Bayern-Dominanz vorgehen

Etliche Fans und Fußball-Funktionäre beschweren sich über den langweiligen Bundesliga-Alltag und die Dominanz des FC Bayern. Jetzt diskutierten Experten über Möglichkeiten, die Liga wieder spannender zu gestalten.
von  az
Mit Ansätzen aus dem US-Profisport möchte der ehemalige Liga-Präsident Wolfgang Holzhäuser gegen die Dominanz des FC Bayern in der Bundesliga vorgehen.
Mit Ansätzen aus dem US-Profisport möchte der ehemalige Liga-Präsident Wolfgang Holzhäuser gegen die Dominanz des FC Bayern in der Bundesliga vorgehen. © dpa/AZ

München - In den letzten vier Jahren konnte am Ende der Saison jedes Mal der FC Bayern die Meisterschale in die Luft recken und auch dieses Jahr deutet vieles auf den nächsten Meistertitel hin. Spannung? Fehlanzeige! Schon seit etlichen Spielzeiten lassen sich Fußball-Fans und einige Funktionäre über die langweilige Bundesliga und die gleichzeitige Dominanz des deutschen Rekordmeisters aus.

Doch was kann dagegen getan werden? Darüber haben am Montag vier Experten bei "kicker.tv - Der Talk" miteinander diskutiert. Zu Gast waren neben dem Ex-Liga-Präsidenten Wolfgang Holzhäuser, der ehemalige TSV 1860-Manager Oliver Kreuzer, Sky Moderator Uli Köhler und "kicker"-Redakteur Thomas Hiete.

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Einer der sich klar für Reformen in der Bundesliga ausspricht, ist Wolfgang Holzhäuser. Dass der FC Bayern zuletzt viermal in Folge Deutscher Meister wurde "sollte uns zu denken geben", so der ehemalige Liga-Präsident. "Entscheidend ist, dass die Bundesliga ausgeglichener wird". Holzhäuser möchte vor allem die Vereine im Tabellenmittelfeld und dem unteren Drittel unterstützen. Vorschläge, wie das funktionieren könnte, hat er einige: So bringt er neben einer neuen Verteilung der Fernsehgelder auch Ansätze aus dem US-Sport ins Spiel. Genauer gesagt, könnte er sich ein Salary Cap, Play-Off-Spiele und ein europäisches Draft-System vorstellen. "Man muss sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen", so Holzhäuser.

Salary Cap und Draft-System

Grundsätzlich läuft das Salaray Cap-System folgendermaßen ab: Jede Mannschaft in der Liga hat eine bestimmte Gehaltsobergrenze, die bei jedem Team gleich ist. Diese Obergrenze verändert sich von Jahr zu Jahr und hängt immer von den Gesamteinnahmen der Liga aus dem Vorjahr ab. Ziel dieses Systems ist es natürlich, die Liga ausgeglichener zu gestalten, wenn jede Mannschaft nur den gleichen Betrag für Spielergehälter zahlen darf.

Eng damit verbunden, ist das Draft-System: Bei diesem Verfahren können die Mannschaften die vielversprechendsten Nachwuchsspieler für ihr Team rekrutieren. Die Reihenfolge geht aus der Vorjahres-Platzierung hervor – die "schlechteste" Mannschaft darf im nächsten Jahr also zuerst einen Spieler wählen. Das Draft-System kommt hauptsächlich in den nordamerikanischen Profiligen zum tragen, bei denen speziell auf Spieler aus dem College geachtet wird. Für Holzhäuser sind Salary Cap- und Draft-System durchaus Ansätze, die man auch im europäischen Fußball in Betracht ziehen könnte. Er meint, man solle den "Mut haben, das durchzudenken".

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Contra gibt es dabei von Oliver Kreuzer und "kicker"-Redakteur Thomas Hiete. Probleme beim Draft würde es mit dem derzeitigen europäischen Arbeitsrecht geben, da die Spieler nicht einfach ihren neuen Verein wählen können. Oliver Kreuzer dazu: "Das ist unrealistisch. Das würde Jahre dauern, bis man das juristisch hinbekommt." Unterstützung bekommt Holzhäuser stattdessen von Sky-Moderator Uli Köhler, der sich die Ansätze "schon vorstellen" kann.

Allerdings müssten diese Systeme dann auf den Spielbetrieb in ganz Europa angewendet werden – ansonsten würde die Bundesliga nicht mehr wettbewerbsfähig bleiben. Ein Beispiel: Durch das Salary Cap dürfte der FC Bayern nur noch einen gewissen Betrag für Spielergehälter ausgeben, der mit Sicherheit geringer wäre, als aktuell. Gleichzeitig zahlen andere europäische Topklubs wie Real Madrid, der FC Barcelona oder Manchester City aber weiter Gehälter, die sich in astronomischen Sphären bewegen. Klingt nicht nur ungerecht – ist es auch.

Play-Off-Spiele

Holzhäuser bringt noch einen anderen Vorschlag aus dem US-Sport ins Spiel, nämlich die Play-Off-Spiele. Damit würde der Deutsche Meister nicht nach 34 absolvierten Spieltagen feststehen, sondern stattdessen in Halbfinals und einem Finale ermittelt werden, an denen die vier bestplatzierten Mannschaften teilnehmen dürfen. "Zwei Wochen Halbfinale und Finale wären sehr interessant, dann würde Fußball-Deutschland beben", so Holzhäuser.

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Kreuzer sieht in den Play-Off-Spielen nur einen Versuch, "eine künstliche Spannung zu erzeugen". Und auch "kicker"-Redakteur Hiete zeigt sich von dem Vorschlag wenig begeistert: "Es kann nicht sein, dass eine kurzfristige Verletzungsproblematik oder eine ungünstige Schiedsrichterentscheidung über eine Saison entscheidet."

Köhler: Einstellung der Gegner stimmt nicht

Für Uli Köhler ist vor allem eines ausschlaggebend für die Dominanz des FC Bayern: Die mentale Einstellung der gegnerischen Mannschaften: "Die Dominanz wird von den anderen unterwürfig angenommen. Das hat man in der vergangenen Saison gesehen, als Trainer nicht ihre besten Spieler in München haben auflaufen lassen." Ähnlich sieht das auch Kreuzer: "Es geht darum, dass die Ehrfurcht vor dem FC Bayern abgelegt wird. Zu meiner Zeit war das so. Da war es für die anderen Mannschaften das Spiel des Jahres - und alle wollten uns ein Bein stellen."

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Die Vorschläge des ehemaligen Liga-Präsidenten Holzhäuser sind frisch und mit Sicherheit spannend, allerdings ist es dennoch sehr unwahrscheinlich, dass Systeme wie im US-Profisport auf den deutschen und europäischen Fußball angewendet werden. Vorerst marschieren die Bayern also weiter zielstrebig auf den fünften Meistertitel in Folge zu – die Gegner müssen sich in Zukunft wohl etwas anderes einfallen lassen.
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