Ex-Bayern-Torwart Kahn: „Jetzt kann den Michael nichts mehr erschüttern“

Ist Rensing wirklich die richtige Nr.1 für Bayern? Oliver Kahn, die Legende im Bayern-Tor, erklärt hier die Torwart-Entscheidung, der Ex-Keeper findet, dass sich die Klubführung in dieser Debatte früher hätte einmischen sollen
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Zu spät: Michael Rensing patzt beim 3:1 im DFB-Pokal, lässt den Ball vor dem zwischenzeitlichen 1:2 aus Bayern-Sicht gegen den Neckarelzer Throm prallen.
GES/Augenklick Zu spät: Michael Rensing patzt beim 3:1 im DFB-Pokal, lässt den Ball vor dem zwischenzeitlichen 1:2 aus Bayern-Sicht gegen den Neckarelzer Throm prallen.

Ist Rensing wirklich die richtige Nr.1 für Bayern? Oliver Kahn, die Legende im Bayern-Tor, erklärt hier die Torwart-Entscheidung, der Ex-Keeper findet, dass sich die Klubführung in dieser Debatte früher hätte einmischen sollen

AZ: Herr Kahn, die meisten Experten lagen offenbar falsch: Michael Rensing – und nicht Jörg Butt – ist die Nummer eins beim FC Bayern. Hätten Sie das gedacht?

OLIVER KAHN: Das überrascht mich nicht. Van Gaal ist ein Trainer, der perspektivisch denkt. Wenn die Leistung auf einem ähnlichen Niveau ist, entscheidet eben oft die Perspektive, also das Alter.

Zehn Jahre jünger ist gleich Job im Bayern-Tor?

Nein, das ist sicher nicht der einzige Grund. Aber ich habe das Gefühl, dass van Gaal jungen Spielern immer eine Chance gibt – so wie damals, als er bei Ajax Amsterdam mit Kluivert, Seedorf und all den anderen gearbeitet hat. So ist das ja jetzt auch bei Müller und Badstuber.

Hat sich van Gaal durch den positiven Eindruck des Elfmeterschießens beim Audi-Cup, als Rensing zwei Strafstöße parierte, in letzter Minute eine neue Meinung gebildet?

Das weiß ich nicht. Aber es hat Michael einen enormen Schub gegeben, eine ganz andere Ausstrahlung – das war ja unschwer zu erkennen nach den zwei abgewehrten Elfern gegen ManU.

Und was war im Pokal bei der SpVgg Neckarelz los? Die Hereingabe vor dem 1:2 hätte er festhalten müssen.

Man darf sich jetzt nicht auf jede Kleinigkeit stürzen und alles auseinander nehmen. Natürlich muss er sich stabilisieren und vor allem bei hohen Bällen verbessern.

Kann es Rensing im zweiten Anlauf packen?

Michael hat nie klein beigegeben. Er hat sich nie hängen lassen, extra früher wieder trainiert. Es ist stark von ihm, dass er das durchgestanden hat. Man muss sich das mal überlegen: Er wurde am Tag vor dem vielleicht größten Spiel seiner Karriere rausgenommen, vor einem Spiel im Nou Camp gegen den FC Barcelona. Jetzt kann den Michael nichts mehr erschüttern.

Die Bayern hatten Neuer zu ihrem Wunsch-Torwart erklärt, doch die Schalker ließen den U21-Europameister nicht gehen.

Das hat sicher auch nicht zu einem Stimmungshoch bei Michael beigetragen. Er hat eine zweite Chance bekommen, nun hat er es selbst in der Hand, alle Diskussionen für die Zukunft zu beenden. Wenn Rensing eine Top-Saison spielt, spricht beim FC Bayern niemand mehr von Neuer.

Und von Butt?

Es ist schade für Jörg. Ich kann das ja ganz gut nachvollziehen, wenn man felsenfest davon ausgeht, dass man alle Voraussetzungen erfüllt, man die Nummer eins ist – und dann so etwas (lacht). Die Dinge sind für Jörg letztes Jahr ganz gut gelaufen, aber er hat eben auch schon ein gewisses Alter erreicht.

Man hat den Eindruck, Sie freuen sich für Rensing, mit dem Sie vom Jahr 2000 an acht Jahre gemeinsam trainiert haben?

Nichts gegen Butt, aber Michael verkörpert als Torwart eher meine Philosophie. Er wurde über Jahre als mein Nachfolger aufgebaut, da war es klar, dass der Druck groß war und die erste Saison schwierig werden würde. Ich hätte mir gewünscht, dass er von Beginn an permanent unterstützt wird, man hätte ihm zwei bis drei Jahre geben müssen, um sich zu bewähren. Als Torwart brauchst du die Rückendeckung, nur so entwickelst du Selbstvertrauen.

Rensing sollte schon im Oktober 2008 seinen Stammplatz verlieren.

Dass man schon im Herbst alles wieder in Frage gestellt hat und dann im April endgültig den Stab über ihn gebrochen hat, war Aktionismus.

Vom damaligen Trainer. Von Jürgen Klinsmann.

Das Problem ist: Greifst du in den Hoheitsbereich des Trainers ein? Der Verein hätte sagen können: Halt! Stopp! Wir stehen zu 100 Prozent zu Michael Rensing – und fertig. Als ich als junger Kerl ins Tor des Karlsruher SC kam, hat mein damaliger Trainer Winnie Schäfer zu mir gesagt: Du darfst Fehler machen, meine Nummer eins darf Fehler machen. Da muss dann der gesamte Verein dahinter stehen.

Interview: Patrick Strasser

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