"Es ist nicht leicht, Buffon zu sein"

Der Juve-Torwart patzte zweimal gegen Bayern. Hier spricht er über sein Image, sein Alter, Manuel Neuer – und die Chancen im Rückspiel.
von  Filippo Cataldo

Der Juve-Torwart patzte zweimal gegen Bayern. Hier spricht er über sein Image, sein Alter, Manuel Neuer – und die Chancen im Rückspiel

AZ: Herr Buffon, Sie haben beim 0:2 im Champions-League-Viertelfinale in München vor beiden Gegentoren eine, gelinde gesagt, recht unglückliche Figur gemacht. Auch Andrea Pirlo und andere wirkten eher wie schlechte Doppelgänger ihrer selbst. Ist Bayern momentan zu stark für Juve oder war Juventus so schlecht?

GIGI BUFFON: Das werden wir am Mittwoch wissen. Sollten beim Rückspiel noch einmal ähnliche Dinge geschehen wie in München, dann heißt das wohl, dass wir noch nicht so weit sind für eine Mannschaft wie Bayern.

Wie haben Sie die Bayern erlebt am Dienstag?

Wie wir sie erwartet hatten: sehr stark und dominant, eine Mannschaft mit großer Qualität. Was uns vielleicht ein bisschen überrascht hat, war dieser enorme Wettkampfwille, den sie an den Tag gelegt haben. Wir hatten gedacht, dass wir sie mehr unter Druck setzen könnten, aber das ist uns nicht gelungen. Und dazu kam, dass ich wohl das schlechteste Spiel in der Champions League überhaupt gemacht habe. Das hat vielleicht ein wenig auf die anderen abgefärbt. Aber es ist noch nicht vorbei!

Wie verarbeiten Sie solche Fehler wie am Dienstag?

Ich spiele seit 18 Jahren auf diesem Niveau Fußball, ich weiß, welche Dynamik entsteht, wenn ich einen Fehler mache. Es ist nicht leicht, Buffon zu sein, das sag’ ich Ihnen. Wenn ich einen Fehler mache, ist das eine Woche lang Thema. Als ob es ein Erdbeben gegeben hätte. Aber im Grunde gefällt mir das auch, weil es nur zeigt, wie viel die Leute von mir halten. Vor dem Spiel am Dienstag hatte ich eine Riesen-Form, war in einer sehr glücklichen Phase meiner Karriere. Jetzt muss ich wieder anfangen. Dieses Spiel darf nur eine unglückliche Klammer bleiben.

Sie sind 35, spüren Sie manchmal die Last des Alters?

Überhaupt nicht! Wenn du noch was zu erreichen hast, dann fühlst du das Gewicht des Alters nicht. Wenn du einmal alles erreicht hast, dann langweilst du dich vielleicht und fühlst das Alter. Aber ich bin noch lange nicht fertig, ich habe noch immer nicht alles gewonnen.

Die Champions League fehlt Ihnen etwa. Ist dieser Titel mittlerweile eine Art Obsession für Sie?

Nein, das nicht. Aber dieses Ziel treibt mich an. Ich war 2010 und 2011 viel verletzt, aber jetzt fühle ich mich wieder auf jenem Niveau, das ich hatte, als ich als einziger Torwart regelmäßig als Mitfavorit für den Titel des Weltfußballers genannt wurde. Kein Ziel ist unmöglich und undenkbar für mich.

Aber Favorit in der Champions League ist Juve schon lange nicht mehr.

Alles läuft in Zyklen ab, das ist beim Fußball nicht anders als sonst in der Gesellschaft. Mitte der Neunziger Jahre war Juve vielleicht die stärkste Mannschaft von allen, heute sind es Barcelona, Real Madrid und Bayern. Aber nichts ist für die Ewigkeit. Auch wir sind gerade dabei, etwas aufzubauen, um wieder eine Phase zu bekommen, die Bayern gerade durchlebt. Wir sind letztes Jahr ungeschlagen Meister geworden, auch dieses Jahr sieht es gut aus. Ich denke, wir haben in den letzten ein, zwei Jahren ein wenig den italienischen Fußball verändert. Durch die Art, wie wir spielen. Aber auch in Sachen Geldausgeben. Wir haben das Sparen gelernt.

Es ist viel die Rede von der Krise des Calcio.

Die ist nicht zu leugnen. Wenn du siehst, dass Anfang des Jahrtausends bei einer Mannschaft wie Florenz, die um Rang sechs gespielt hat, Stars wie Edmundo, Rui Costa und Batistuta spielten, dann weißt du, wie stark die italienische Liga damals war.

Würde ein Ausscheiden gegen Bayern die Juve-Saison zerstören?

Absolut nicht. Unser einziger Imperativ ist die Meisterschaft.

Wie haben Sie Manuel Neuer erlebt am Dienstag?

Er musste sich ja nicht groß auszeichnen (lacht). Aber er ist ein sehr guter und starker Torwart, der alle Fähigkeiten hat, um eine Epoche zu prägen.

Wenn die Epoche Buffon bei Juve endet, spielen Sie dann nochmal für Ihren Heimatverein Carrarese (Buffon hat den Viertligisten 2010 gekauft, die Red.)?

Mein Vertrag hier läuft erstmal noch zwei Jahre. Und jetzt müssen wir uns mit Carrara erst mal retten und den Abstieg vermeiden.

Wie kam es dazu, dass Sie den Klub gekauft haben?

Auch aus einem Gefühl der Verantwortung heraus für meine Leute. Carrara ist meine Heimatstadt, ein sehr schöner Ort, es gibt wunderschöne Höhlen, die Marmor-Steinbrüche, das Meer. Eine fantastische Landschaft, aber etwas freudlose Menschen: immer am Arbeiten, immer etwas negativ eingestellt. Wenn auch noch der Klub pleite gegangen wäre, hätten sie noch weniger zu lachen gehabt.

Sie haben in Ihrem Buch geschrieben, dass Sie als Kind Fan von Borussia Mönchengladbach wurden, weil Sie den Namen nicht aussprechen konnten. Wie sieht es jetzt aus damit?

Etwas besser (lacht). Dadurch, dass sie jetzt wieder international gespielt haben, habe ich den Namen wieder ein paar Mal gehört – und eingeprägt.

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.