„Er meint das nicht so mit der Arroganz“

Bayern-Manager Uli Hoeneß setzt in Sachen Louis van Gaal auf „eine Strategie der ruhigen Hand“. Ein Lob für den Versuch des Niederländers, sein Image als Besserwisser zu korrigieren, gibt es aber dennoch.
MÜNCHEN Ein Hauch von Demut wehte durch den großen Pressesaal der Allianz Arena. Was denn diese Handbewegung nach dem 2:1 bedeutet habe, wurde Louis van Gaal in der Pressekonferenz gefragt. Nach dem Last-Minute-Treffer von Daniel van Buyten war der Körper des Bayern-Trainers zunächst von wildem Jubel geschüttelt worden, ehe er sich mit dem Zeigefinger der rechten Hand an die Schläfe tippte: Hier muss man’s eben haben! Den glücklosen Mittelstürmer rausnehmen und den kopfballstarken Innenverteidiger kurzfristig zum Mittelstürmer machen. Doch van Gaal erklärte die Geste ganz anders: „Da war ein Haar. Ich wollte nur meine Frisur richten.“
Ein Scherz, klar. Doch das Späßchen illustriert den Bewusstseinswandel bei van Gaal. Schon am Tag vor der Frankfurt-Partie hatte er sich bemüht, das Bild, das zuweilen von ihm gezeichnet wird, zu korrigieren: weg vom arroganten Besserwisser, hin zum hart arbeitenden Trainer. „Er hat das sehr klug gemacht“, lobte Manager Uli Hoeneß, „das glaubhaft rübergebracht, nach den Missverständnissen der letzten Wochen.“
Ob jemand van Gaal auf seine zuweilen überhebliche Außenwirkung aufmerksam gemacht hat oder ob ihm das Missverhältnis zum bislang bei Bayern Erreichten selbst bewusst geworden ist, bleibt offen. Nur dass eine Relativierung wohl nötig war, darüber ist man sich einig. Uli Hoeneß sagt: „Ich habe ihm schon damals nach der ersten Pressekonferenz gesagt, dass er das Wort arrogant noch um die Ohren gehauen bekommt. Die Tragweite ist ihm erst jetzt klar geworden. Dabei meint er das gar nicht so. Zwischen Arroganz und Selbstbewusstsein ist eben nur ein schmaler Grat.“
Der Bayern-Manager weiß, wie schnell Stimmungen kippen können, wenn die Ergebnisse nicht stimmen, und restlose Begeisterung ist dem Niederländer aus der Fan-Kurve bislang noch nicht entgegen geschlagen. Bis auf den wie immer freischwebenden Präsidenten Franz Beckenbauer hält sich die Bayern-Chefetage mit Stellungnahmen zu van Gaal bislang mehr oder weniger zurück – was nach Ansicht von Hoeneß der richtige Weg ist: „Eine Strategie der ruhigen Hand – die beste Unterstützung für einen Trainer ist, wenn wir nichts sagen.“ Was im Umkehrschluss heißt: Es gäbe wohl so einiges zu sagen.
Nach der Bordeaux-Pleite waren es die Spieler, die von Karl-Heinz Rummenigge gerüffelt wurden. Auch Christian Nerlingers „Wir-brauchen-drei-Punkte“-Parolen kratzen nicht an van Gaals Panzer. Und solange er nicht den Unterschied zwischen Demut und Demütigung erfahren muss, wird er weiter Späßchen machen.
Thomas Becker