Entfesslungskünstler: Robben reißt alle mit
Jubelarien für Arjen: Wie schon gegen Florenz, so rettet der Holländer die Bayern auch gegen Freiburg. Und Rummenigge verspricht: „Er kann es noch besser.“
MÜNCHEN Eine Viertelstunde genügte Arjen Robben, um den Hattrick gegen den SC Freiburg komplett zu machen. Ein Freistoß mit 112 km/h in die Torwartecke zum 1:1, ein knüppelharter Elfmeter zum 2:1. Das Spiel war gewonnen, er hatte es gedreht. Und zwischendrin etwas gar noch Sensationelleres geschafft, mehr wert als jedes Tor.
Robben traf den Nerv des Publikums. Auf dem Weg zu einer Ecke ruderte er wild mit den Armen, suchte nach Unterstützung. Und siehe da: Die Leute riss es aus den Sitzen, es wurde beinahe unheimlich laut. Herrje, das ist ja gar kein Kino hier, da darf man sogar Lärm machen, mögen plötzlich einige der Tribünenbesucher – freilich nicht die stimmungsvollen Südkurvenanhänger – gedacht haben. Es wurde laut in der Allianz Arena. Und so fegte das Naturereignis in den hässlichen roten Unterhosen samt Fangebrüll den SC Freiburg hinweg.
Der Mann ist mitreißend – im doppelten Sinne. Seine Teamkollegen und die Zuschauer. Arjen Robben: der Entfesselungskünstler mit dem lichten Haar. Gegen den Tabellenvorletzten rettete er die Bayern wie schon letzten Mittwoch beim 2:3 in Florenz nach mauem Spiel und erneutem Rückstand. Die Jubelarien für Arjen, der weder in den Jahren 2004 bis 2007 beim FC Chelsea noch in den anschließenden zwei Spielzeiten bei Real Madrid über sieben Liga-Saisontore hinauskam, wollten nicht enden.
Die Mitspieler huldigten ihm, etwa Kapitän Mark van Bommel: „Wenn man einen Freistoß so hart schießt, ist er unhaltbar.“ Sportdirektor Christian Nerlinger: „Er hat diese absolute Siegermentalität, ist ein Könner, strebt immer mit aller Macht in den Strafraum.“ Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge meinte schlicht: „Das war ein Volltreffer, der uns da gelungen ist, ein ganz wichtiger Transfer. Und: Er kann es noch besser.“
Einzig Louis van Gaal, der Trainer, wollte Robben nicht mitfeiern. „Dafür wird er bezahlt, Tore zu schießen. Ich bin sehr froh, aber dafür muss sich ein Trainer nicht bedanken. In der zweiten Halbzeit war Arjen ziemlich gut, in der ersten Halbzeit überhaupt nicht. Da ist er ein bisschen Spazieren gegangen.“ Womöglich aber hat der 26-Jährige sich nur die Kräfte eingeteilt für den Schlussspurt, bei man Angst um die Freiburger Gegenspieler haben musste, dass sie keinen Stromschlag bei Berührung Robbens bekommen. Ein Holländer elektrisiert München – und ist hungrig. „Ich will gerne Meister werden. Alles, was noch dazukommt, wäre schön. Wir müssen auf alle drei Titel gehen.“
Doch dazu müssen die Bayern schleunigst wieder ihre alte Dominanz wiederfinden. Sie tun sich schwer, bezwangen den HSV nur durch eine Einzelleistung von Ribéry, verloren zuletzt in Nürnberg und Köln (jeweils 1:1) Punkte. Gegen war es Einzelkönner Robben, unterstützt von Schiedsrichter Schmidt, so glaubte Gäste-Trainer Robin Dutt: „Er ist dem Druck des Publikums erlegen. Es waren zuvor Situationen da, wo das Publikum Elfmeter gefordert hat - was aber kein Elfmeter war, wie die TV-Bilder gezeigt haben. Herr Schmidt hat dann Freistoß gegeben, da Schiedsrichter Freistöße vor dem Strafraum nicht ernst nehmen.“ Für Robben ist so ein Freistoß beinahe ein Elfmeter.
„Es ist wichtig, solche Spiele in Zukunft zu vermeiden“, forderte Rummenigge, „es ist jetzt nicht die Zeit zu träumen, sondern hart zu arbeiten.“ Doch wer Robben hat, darf träumen.
Patrick Strasser