Elfmeter: Müller lässt Lewy ran

Der Weltmeister will vorerst keine Elfmeter mehr schießen, Lewandowski ist die neue Nummer eins. „Ich bin immer bereit“, sagt der Pole – und lobt Müller: „Wir verstehen uns noch besser“.
von  Maximilian Koch
Thomas Müller ärgert sich über seinen verschossenen Elfmeter gegen Atlético Madrid, Robert Lewandowski (rechts) legt sich den Ball für einen Strafstoß im Erstrunden-Pokalspiel 2014 bei Preußen Münster (4:1) zurecht.
Thomas Müller ärgert sich über seinen verschossenen Elfmeter gegen Atlético Madrid, Robert Lewandowski (rechts) legt sich den Ball für einen Strafstoß im Erstrunden-Pokalspiel 2014 bei Preußen Münster (4:1) zurecht. © GES, firo/Augenklick

Es war fast so, als hätte Thomas Müller an der Tür gelauscht bei Robert Lewandowskis Bewerbung für den nächsten Elfmeter. „Ich bin immer bereit“, sagte der Bundesliga-Torschützenkönig auf AZ-Nachfrage mit einem frechen Grinsen, „aber Thomas und ich entscheiden das spontan auf dem Platz.“ Wenige Minuten später war dieser Satz überholt.

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Denn Müller, der nach Lewandowski den Pressekonferenzraum betrat, präsentierte tatsächlich die neue Elfmeter-Hierarchie beim FC Bayern. „Jetzt ist der Lewy dran, ich muss erstmal trainieren“, sagte Müller trocken. Und weil man bei ihm ja nie ganz sicher ist, ob nicht vielleicht doch ein bisschen Ironie dahintersteckt, musste er seine Aussage auf Wunsch nochmal wiederholen: „Wenn es Elfmeter gibt und Lewy auf dem Platz steht, wird er ihn schießen.“ Es war vollkommen ernst gemeint.

Müller lässt Lewy ran – vor dem Pokalfinale am Samstag gegen Borussia Dortmund vielleicht das interessanteste Thema der Woche. Sieht man mal von den durchaus überraschenden EM-Nominierungen der Youngster Joshua Kimmich und Julian Weigl (siehe Story unten) ab. Vor dem Spiel zweier Mannschaften „mit exzellenter Qualität“ (Müller), die sich in- und auswendig kennen, sich sehr schätzen (Lewandowski: „Der Unterschied zwischen dem BVB und Bayern ist sehr klein“) und bereit sind für ein großes Finale (Müller: „Es wird ein bisschen ein Abnutzungskampf werden), gibt es keine Geheimnisse mehr.

Es geht um Details, um Kleinigkeiten, um Standardsituationen, um Elfmeter. Müller weiß das, und ist schlau genug, in einer Phase, in der ihm einige Strafstöße misslungen sind (vier von elf in dieser Saison), einen anderen schießen zu lassen. „Es ist nicht das Wichtigste, ob die persönlichen Zahlen besser waren als im Vorjahr. Das Wichtigste für mich ist, dass die Mitspieler um mich herum – eventuell auch durch mich – ihre beste Leistung abrufen können und wir als Team gewinnen.“

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In dieser Saison, in der Müller 32 Pflichtspieltore erzielte und zwölf Treffer vorlegte, ist ihm das hervorragend gelungen. Auch Lewandowski, der 30-Tore-Mann der Bundesliga, hat enorm von Müllers Unberechenbarkeit und dessen manchmal verrückten Laufwegen profitiert. „Wir verstehen uns noch besser als im ersten Jahr“, sagte der Pole: „Ich kann fast die Augen zumachen und zu ihm spielen.“ Es sei „viel, viel besser“ für ihn, wenn er gemeinsam mit Müller stürmen dürfe, erklärte Lewandowski weiter. Pep Guardiola hatte das Angriffsduo in einigen wichtigen Champions-League-Spielen auseinandergerissen.

Zuletzt in Ingolstadt war das neue Elfmeter-Ranking bei den Bayern bereits zu beobachten. Müller überließ Lewandowski, der sicher zum 1:0 traf. Von neun Strafstößen in der Bundesliga hat Lewandowski nur einen verschossen – 2013 war das, damals noch im BVB-Trikot gegen Bayern-Keeper Manuel Neuer. Starke Bilanz. Müller traf insgesamt 26 von 32 Elfmetern. Auch gut, aber aktuell fehlt ihm die Sicherheit. Zu beobachten beim Champions-League-Aus gegen Atlético Madrid, als er beim Stand von 1:0 scheiterte.

Müller muss sich nun erst wieder beweisen, trainieren – und auf die Milde seines Mitspielers hoffen. In der Hinrunde war es ja ausgerechnet Müller gewesen, der das Elfmeter-Machtspiel bei den Bayern auf besonders treffende Weise beschrieben hatte. Als es beim Stand von 3:0 gegen Leverkusen einen Elfmeter gab, überließ Müller, der schon zweimal getroffen hatte, Arjen Robben. Hinterher erklärte er: „Ich bin Teamplayer. Der FC Bayern ist ein Haifischbecken. Da muss man den Haien eben auch ab und zu einen Fisch hinwerfen.“

Damals hatte das noch keinerlei Auswirkungen auf die Strafstoß-Hierarchie. Jetzt schon, jetzt ist Müller selbst ein Hai. Als er Lewandowski gerade die Elfer-Macht übertragen hatte, sagte er noch: „Das heißt aber nicht, dass ich nie wieder einen Elfmeter schießen werde.“

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