Elfmeter-Held Schweinsteiger: Tot, aber glücklich
Schweinsteiger traf nicht nur beim entscheidenden Elfmeter – er war es auch, der vorher im Kreis das ganze Team heiß gemacht hat. „Von diesem Spiel wird man noch lange sprechen – vor allem in Madrid”
MADRID Es war sein Abend. Wurde vorher noch über Bastian Schweinsteigers womöglich nicht hinreichende Fitness debattiert, war er hinterher der Held. Nach 120 Minuten hatte er Kraft und Nerven für den finalen Elfmeter – und die richtigen Worte. Denn da rutschte ihm – neben all den abgehangenen Kicker-Floskeln – das ein oder andere saftige Bonmot raus. Nach diesem Sieg in Madrid war er verbal besonders gut in Form.
„Tot, aber überglücklich“ stellte sich der Schütze des entscheidenden Elfmeters vor die Fernsehkameras und ordnete die soeben beendete Partie erstmal historisch ein: „Der Tag heute ist unvergesslich. Von dem Spiel wird man noch Jahre sprechen – speziell hier in Madrid.“ Zack: voll auf die Zwölf! Schadenfreude ist halt doch die schönste Freude. Doch damit hielt sich der Matchwinner gar nicht lange auf und legte verbal nochmal nach: „Beim Elfmeterschießen gehört immer ein bisschen Glück dazu –meistens haben’s wir Deutsche.“ Bing! Noch ein Schwinger in Reals Magengrube. So sprechen Sieger.
Und so sprechen Sieger, die lange Zeit mehr keinen großen Sieg feiern konnten - als Aktiver auf dem Spielfeld. Das letzte halbe Jahr war schwierig für Schweinsteiger. Erst der sensationelle Saisonstart, dann der Schock: Schlüsselbeinbruch. Lange Pause, dann Probleme im Sprunggelenk, wieder Pause - und viel zu wenig Zeit, um rechtzeitig die Top-Form für die ganz großen Spiele in der letzten Saisonphase zu erreichen. Bitter auch: die Auswechslung vor heimischem Publikum im Hinspiel gegen Real, die ihm ganz offensichtlich gar nicht gefiel. Allein: Der Wechsel war völlig berechtigt, Schweinsteiger weit entfernt von der Form für ein Champions-League-Halbfinale und war auch noch derjenige, der vor Reals Treffer unglücklich den Ball verloren hatte.
Und auch noch vor der entscheidenden Partie im Bernabeu-Stadion von Madrid gab es Zweifel: Steht Schweinsteiger in der Start-Elf? Ist er schon wieder so weit? Mit seiner Aufstellung sagte Bayern-Coach Jupp Heynckes: Ja! TV-Experte und Schweinsteiger-Fan Ottmar Hitzfeld taxierte seinen Liebling bei „80 bis 85 Prozent“ - genug für Real?
Die Antwort gab Schweinsteiger selbst - ganz zum Schluss. In den Minuten zuvor konnte man ein bisschen Angst um ihn bekommen: So sehr pumpte der Mittelfeldrackerer schon gegen Ende der regulären Spielzeit. Als Heynckes schließlich Thomas Müller ins Spiel schickte, rechneten viele damit, dass die Partie für Schweinsteiger nun vorzeitig zu Ende sei. Doch dann schleppte sich stattdessen Franck Ribéry mit letzter Kraft vom Feld - und Schweinsteiger kämpfte weiter gegen die Müdigkeit in den Beinen. Später lobte Heynckes: „Er hat heute ein überragendes Spiel gemacht: genau das, was wir gebraucht haben.“ Der Coach brauchte ihn aber auch als Leitfigur: „Als Schweini vor dem Elferschießen im Kreis gesprochen hat, waren alle wie gefesselt und wie verrückt auf den Sieg." Big Boss Basti.
Nur Schweinsteiger selbst hatte kurzzeitig so seine Zweifel, wie er zugab: „Auf dem Weg zum Elfmeterpunkt hab’ ich kurz meine Eier verloren. Aber dann hab’ ich sie rechtzeitig wieder gefunden. Länger hätte der Weg aber nicht sein dürfen.“ So spricht ein wahrer Nachfolger des Leaders schlechthin: Oliver Kahn. Dessen unmissverständliche Ansage lautete damals: „Eier! Wir brauchen Eier!“
Und einen weiteren Leader vergaß Schweinsteiger nicht: Uli Hoeneß. „Wir haben’s für ihn geschafft! Er ist schon so lange dabei. Dieses Finale ist seine Herzensangelegenheit, und dieses Finale wollen wir jetzt auch gewinnen.“
