Elber: "Die Bayern können monatelang feiern"
Er holte mit dem VfB Stuttgart und dem FC Bayern den DFB-Pokal: Giovane Elber über die Partie in Berlin, die Chancen des VfB, die Lobeshymnen auf Bayern – und den Zoff um die Brasilianer Dante und Luiz Gustavo.
AZ: Herr Elber, was sagen Sie zur Posse um Dante und Luiz Gustavo, die das DFB-Pokalfinale verpassen, weil sie nach Brasilien mussten?
GIOVANE ELBER: Das kann doch nicht sein! Der Verband hat sich total falsch verhalten. Für alle wäre besser gewesen, die beiden holen das Triple – und fliegen dann glücklich nach Brasilien.
Sie haben mit Dante gesprochen – was sagt er?
Ich habe an seiner Stimme gemerkt, dass er sehr traurig ist. Es ist unmenschlich, die Enttäuschung ist groß.
Sie haben einst ähnliche Erfahrungen gemacht.
2002 hat mich Bayern für zwei Quali-Spiele nicht freigestellt. Luiz Felipe Scolari, damals wie heute Trainer, sagte zu mir: 'Wenn Du nicht kommst, bist Du raus.' Und auf einmal war ich weg vom Fenster, meine Länderspielkarriere vorbei. Das wäre jetzt auf dasselbe rausgelaufen.
Bayern muss ohne die beiden gegen Stuttgart ran. Gibt’s das Triple oder einen Kater?
Beides! (lacht) Die Bayern können ja nach dem Finale monatelang feiern, wenn sie wollen. Meinem Freund Fredi Bobic würde ich allerdings einen VfB-Sieg gönnen, auch wenn er dafür tonnenweise Glück braucht.
Was war Ihr schönster Pokaltriumph: Der erste mit Stuttgart 1997 oder einer der drei folgenden mit Bayern?
Der erste mit Stuttgart, den werde ich nie vergessen! Es stand damals schon fest, dass ich zu Bayern gehe. In meinem letzten Spiel schieße ich dann gegen Cottbus beide Tore und wir gewinnen den Pokal. Das war sehr emotional.
Inwiefern?
Es hat unglaublich wehgetan, weil ich wusste, dass ich am nächsten Tag nicht mehr dazugehören werde. Nach dem Spiel saß ich weinend auf dem Hotelzimmer, bis Fredi Bobic kam: 'Nein Giovane, so nicht! Ja, es war dein letztes Spiel – aber lass uns jetzt bitte feiern gehen. Morgen kannst Du Dich dann verpissen...'
Bayern hat endlich die Champions League gewonnen. Bricht nun eine neue Ära an?
Für mich ist jetzt die Zeit des deutschen Fußballs gekommen. Aber an die Spitze zu kommen ist immer leichter, als dort zu bleiben.
Wie meinen Sie das?
Alle Augen sind jetzt auf den deutschen Fußball gerichtet. Das macht es nicht einfacher. Selbst in Brasilien fragt man mich ständig, was in Deutschland los sei. Es ist verrückt!
Das Ausland überschlägt sich mit Lobeshymnen über das Champions-League-Endspiel. Was sagen Sie?
Ich habe schon lange kein so gutes Spiel mehr gesehen! Ich habe immer noch Gänsehaut.
Im Internet gibt’s ein Video, das Ihren Ex-Kollegen Sammy Kuffour in einem TV-Studio beim ekstatischen Torjubel zeigt. Wie war's bei Ihnen?
Ich bin bei den Toren genau so ausgerastet wie Sammy, es war so befreiend! Gott sei Dank war der Fußballgott diesmal ein Roter.
Wieso?
Franck Ribéry hat riesiges Glück gehabt, dass er für seinen Ellenbogenschlag gegen Robert Lewandowski nicht vom Platz geflogen ist.
So durfte Ribéry mit dem Pokal aufs Zimmer.
Gott sei Dank hat ihn einer mitgenommen! 2001 hätten wir den Pokal nämlich beinahe vergessen...
Wie bitte?
Stefan Effenberg kam damals in der Diskothek auf mich zu und sagte: 'Giovane, Du bringst das Ding ins Hotel.' Ich war dann auch der Letzte, der um 4 Uhr heimgegangen ist. Als wir vor dem Club auf der Straße standen, sagte meine Frau: 'Giovane! Wo ist der Pokal?' Der stand natürlich immer noch drinnen, ganz alleine. Was für ein Schreck!
Wie ging's weiter?
Ich bin schnell rein und habe den Pokal geholt. Dann schien es aber in ganz Mailand keine Taxis mehr zu geben. Gott sei Dank war mein italienischer Versicherungsmakler, der mit auf der Party war, mit dem Auto unterwegs. Sonst stünde ich heute noch in Mailand mit dem Pokal auf der Straße!
Ist Bayern für die nächsten Jahre jetzt der Top-Favorit?
Ich denke schon. Pep Guardiola muss die Uhr aber nun wieder zurückdrehen. Die Spieler müssen sich den Hunger bewahren. Genießen kann man erst, wenn die Karriere vorbei ist...
Sie betonten zuletzt immer, dass Bayern Robert Lewandowski nicht braucht. Wieso?
Bayern ist vorne super besetzt. Aber wenn er auf dem Markt ist und unbedingt zu Bayern will – bitte, soll er kommen.