Eine halbe Portion

München - Ohne die Superstars Franck Ribéry und Luca Toni lahmen die Bayern. Präsident Franz Beckenbauer hofft, dass sie sich nun am Anfang der Saison „davonschwindeln“.
Es werden immer weniger – gemeint sind Spieler und damit Alternativen für Trainer Jürgen Klinsmann. Der Kader der Bayern schrumpft und schrumpft, dabei hat die Saison noch gar nicht begonnen. Die Vorbereitungsphase ist nun mit dem letzten Testspiel, dem müden 0:1 gegen Inter Mailand, abgeschlossen, am Sonntag beginnt der Ernst des Fußballs mit der Erstrundenpartie im DFB-Pokal bei RW Erfurt. Auch die Tage bis zum Bundesliga-Auftakt gegen den HSV am 15.August kann man runterzählen, wie eben auch die derzeit im Training Mitwirkenden.
Eine Bestandsaufnahme vom gestrigen Vormittagstraining: Franck Ribéry (Syndesmosesbandriss), Tim Borowski (Innenbanddehnung im Knie), Willy Sagnol (Achillessehnenteilabriss) und Jörg Butt (Muskelprobleme) werden die Reise zu Klinsmanns Pflichtspieldebüt nach Thüringen nicht mitmachen können. Die nächste „Schreckensmeldung“ (Klinsmann) kam gestern von der medizinischen Abteilung: Martin Demichelis fällt wegen einer Unterschenkelverletzung zwei bis vier Wochen aus. Womöglich fehlt auch Luca Toni, er konnte in Folge seines Muskelfaserrisses – anders als angekündigt – auch gestern nicht am Training teilnehmen. Und zwei Spieler, die fit und einsatzfähig wären, sind bei Olympia in Peking: Breno und Sosa.
Wirklich schmerzhaft – das zeigte die Partie gegen Inter – ist das Fehlen von Ribéry und Toni, den Protagonisten der vergangenen Saison. Ohne das italo-französische Duo lahmt das Spiel der Bayern. Aus dem Mittelfeld fehlen die überraschenden Momente, die verrückten Tricks von Ribéry. Im Sturmzentrum wird der Bulle Luca Toni (94 kg bei 1,96m) als Anspielstation und Torjäger vermisst. Die Bayern ohne Toniribéry – nur eine halbe Portion.
„Ohne die beiden wird es Monate dauern“, befürchtet Bayern-Präsident Franz Beckenbauer, der jedoch hofft: „Die Mannschaft ist so stabil, dass Rückschläge verkraftet werden können. Man muss sich halt in dieser Zeit über Ergebnisse davonschwindeln.“
Durchwursteln nannte es Manager Uli Hoeneß stets, nun heißt das Codewort: davonschwindeln. Ohne die Tor- und Erfolgsgaranten. Zwar gab es in der vergangenen Saison nur zwei Pflichtspiele, bei denen Toni & Ribéry gemeinsam fehlten: In der Bundesliga beim 3:2 in Duisburg, im Uefa-Cup beim 3:2 in Belgrad. Zwei Siege, okay. Doch die Sprache der Zahlen ist eindeutig. In 46 Spielen in allen Wettbewerben traf Toni unglaubliche 39 Mal, lieferte zudem als Strafraumstürmer immerhin noch elf Torvorlagen. Ribéry erzielte in 46 Pflichtspielen 19 Tore, lieferte 20 Torvorlagen. Sind Sie schon nach einem Jahr unersetzlich?
Für Hoeneß ja, er verweist auf Torjäger-Legende Gerd Müller. „Es ist wie früher: Wenn Franck fehlt, läuft es nicht so. Einen wie Ribéry kann man nicht ersetzen. Wenn dem so wäre, hätten wir zu viel Geld für ihn ausgegeben.“ Das ist die Crux: Weltstars sind willkommen, schaffen aber Abhängigkeiten. P. Strasser, R. Franke